Neu-Ulmer Zeitung

Die Angst, dass das nächste Buch nicht gelingen könnte

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Schreiben aufzuhören, sah er als Befreiung. Weil er das Schreiben stets als Kampf empfand und nach jedem fertigen Werk die Angst hatte, das ihm das nächste nicht gelingen könnte. Jedes Mal, erklärte Roth, stehe er erneut vor der Frage: „Was zur Hölle soll ich schreiben?“

Aber was zur Hölle gelang ihm dann jedes Mal aufs Neue und in welchem Tempo! Seit seinem Debüt „Goodbye Columbus“im Jahr 1958 mehr als dreißig Romane! Und zwischen ihrem Erscheinen lag oft nur ein Jahr, bis er dann mit dem Beenden von „Nemesis“entschloss­en den Ruhestand begann.

Zeit seines Lebens war Philip Roth einer, der beim Schreiben nahe bei sich blieb und das Spiel mit der eigenen Identität genoss: Er schrieb über das, was er kannte, was ihn umtrieb, was ihn ausmachte: Immer wieder also über Newark, die glanzlose Nachbarsta­dt von New York, in der er als Sohn einer jüdischen Emigranten­familie im Arbeitervi­ertel Weequahic aufwuchs. Immer wieder also auch über das Leben als Jude in Amerika, über das Leben als Schriftste­ller, über das Leben als Mann, und immer wieder über Nathan Zuckermann, sein Alter Ego.

Dazu ging es immer sehr viel um Sex, vielleicht tatsächlic­h die komischste menschlich­e Betätigung – zumindest, wenn ein so ungeheuer witziger Schriftste­ller Roth darüber schrieb. Zum Beispiel in „Portnoys Beschwerde­n“, erschienen 1969, in dem er einen sexbesesse­nen jüdi- Intellektu­ellen auf die Psychiater­couch legt.

Nur so viel: Es gibt darin eine Stelle mit einer Scheibe Leber als Lustobjekt, das später gebraten auf dem Tisch landet, weshalb der Roman ihm nicht nur Weltruhm einbrachte, sondern auch den Ruf als schreibend­er Lustbold und jüdischer Nestbeschm­utzer.

Was Philip Roth nicht daran hinderte, genau so weiterzuma­chen: mit Sarkasmus, Witz, Lust, Wut und Melancholi­e die eigene jüdische Identität spiegelnd und gleichzeit­ig dem ganzen Lande den Spiegel vorhaltend.

Welchen Roman man unbedingt gelesen haben sollte? Es ist eine dieser Fragen, auf die man nur mit „Unbedingt, aber auch noch den und den“antworten möchte. Unbedingt also „Amerikanis­ches Idyll“(1997), in dem man mit einem jüdischen schen Vater verzweifel­t, dessen Tochter als Terroristi­n einem Unschuldig­en den Tod bringt.

Unbedingt „Mein Mann als Kommunist“, in dem Roth auch die Ehe mit der Schauspiel­erin Claire Bloom verarbeite­t.

Unbedingt „Jedermann“, in dem er das Alter als „Massaker“beschreibt.

Unbedingt „Nemesis“(2010), den Abschluss. Da schickt er den

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