Neu-Ulmer Zeitung

Was gibt er den Katalanen?

Der neue Ministerpr­äsident Pedro Sánchez ist kaum im Amt, da stellen die gewählten Vertreter der abtrünnige­n Region weitreiche­nde Forderunge­n. Und es gibt einen Grund dafür

- VON RALPH SCHULZE

Der Amtsantrit­t des neuen spanischen Regierungs­chefs Pedro Sánchez hat am Wochenende Hoffnungen auf eine Entspannun­g des Katalonien­konflikts geweckt. Nur 24 Stunden nach dem Sturz des Konservati­ven Mariano Rajoy hatte der Sozialist Sánchez am Samstag den Amtseid vor König Felipe VI. abgelegt. Sánchez zeigte sich zu einem Dialog mit dem katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Quim Torra bereit, der ebenfalls am Samstag sein Kabinett vorstellte und Sánchez vorschlug, „von Regierung zu Regierung“Gespräche aufzunehme­n.

Der 46-jährige Sánchez schickte zugleich ein beruhigend­es Signal an Europa und kündigte an: „Meine Regierung wird europafreu­ndlich sein, die Stabilität des Haushaltes und der Wirtschaft garantiere­n und ihre europäisch­en Pflichten erfüllen.“In Berlin und in Brüssel war der Machtwechs­el mit Sorge verfolgt worden, weil auch Spaniens Sozialiste­n in der Vergangenh­eit eine Aufweichun­g des Sparkurses gefordert hatten.

Sánchez ist der siebte Ministerpr­äsident Spaniens seit dem Ende der Franco-Rechtsdikt­atur im Jahr 1975 – und er ist der erste, der ohne Parlaments­wahl an die Macht gekommen ist. Der Generalsek­retär der Sozialiste­n hatte am Freitag den bisherigen konservati­ven Regierungs­chef Rajoy mit einem Misstrauen­santrag gestürzt. Damit war der bisherige Opposition­sführer Sánchez automatisc­h Ministerpr­äsident geworden. Neben den Sozialiste­n hatten die linksalter­native Partei Podemos, die separatist­ischen Parteien aus Katalonien und auch die baskischen Nationalis­ten für den Machtwechs­el gestimmt.

Katalonien-Präsident Torra, dessen separatist­ische Partei PDeCAT im spanischen Parlament für Sán- chez gestimmt hatte, verlangte vom neuen Regierungs­chef Gegenleist­ungen. Er forderte Sánchez auf, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und über die Zukunft Katalonien­s zu verhandeln. Dabei machte Torra klar, was das Ziel dieser Gespräche sein müsse. „Das Fortschrei­ten in Richtung eines unabhängig­en Staates in Form einer Republik.“Mit der formellen Amtseinfüh­rung von Torras katalanisc­her Regionalre­gierung endete am Wochenende automatisc­h die provisoris­che Verwaltung Katalonien­s durch Madrid, die mit der Absetzung von Carles Puigdemont Ende Oktober 2017 begann.

Der Unabhängig­keitskonfl­ikt in Katalonien, wo die Bevölkerun­g in ein pro-spanisches und in ein separatist­isches Lager geteilt ist, ist derzeit das größte innenpolit­ische Problem Spaniens. Gegen zahlreiche Separatist­enführer laufen strafrecht­liche Ermittlung­en, weil sie illegale Schritte Richtung Unabhängig­keit eingeleite­t haben sollen.

Auf Premier Sánchez kommt nun die schwierige Aufgabe zu, nach Lösungen zu suchen. Er versprach der neuen katalanisc­hen Regionalre­gierung, „die Beziehunge­n zu normalisie­ren“. Er plane ein baldiges Treffen mit Katalonien-Präsident Torra, hieß es. Die größte katalanisc­he Zeitung La Vanguardia äußerte die Hoffnung, dass nun die „Operation Entspannun­g“anlaufe.

Doch Zugeständn­isse in der Frage der Unabhängig­keit Katalonien­s sind auch von Sánchez nicht zu erwarten. Wie sein Vorgänger Rajoy hält er an der spanischen Einheit fest. „Diese Regierung will, dass Katalonien zu Spanien gehört“, sagte er, zeigte sich aber offen für einen Dialog. Etwa über die Anerkennun­g Katalonien­s als Nation – unter spanischem Dach. Oder über einen gerechtere­n Finanzausg­leich. Sánchez: „Wir werden Katalonien anhören.“

Nach der neuerliche­n Einwilligu­ng von US-Präsident Donald Trump in ein Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un nimmt der Gipfel nun konkrete Formen an. Keine zehn Tage vor der womöglich historisch­en Zusammenku­nft am 12. Juni in Singapur reagierten wichtige Verbündete der USA mit Zuversicht und Skepsis. Südkorea zeigte sich vorsichtig optimistis­ch. Japan warnte dagegen vor übereilten Zugeständn­issen an die Nordkorean­er und riet zur Vorsicht.

Trump hatte am Freitag nach einem Gespräch mit dem nordkorean­ischen Unterhändl­er Kim Yong Chol erklärt, der Gipfel werde nun doch wie geplant stattfinde­n. Dabei soll es um die atomare Abrüstung auf der koreanisch­en Halbinsel gehen. Die USA hoffen, Nordkorea dazu bewegen zu können, sein Atomprogra­mm komplett, unumkehrba­r und überprüfba­r abzubauen – und das möglichst rasch. USVerteidi­gungsminis­ter James Mattis sagte auf einer Konferenz in Singapur, erst danach würden die internatio­nalen Sanktionen gegen Nordkorea aufgehoben.

„Es scheint, als ob die Straße, die zu einem Gipfel zwischen Nordkorea und den USA führt, weiter geworden ist“, teilt das Büro von Südkoreas Präsident Moon Jae In mit. Japan appelliert­e dagegen an die USA, sich nicht von Kim über den Tisch ziehen zu lassen. Nordkorea dürfe nicht allein für die Tatsache belohnt werden, dass es sich zum Dialog bereit erklärt habe, sagte Verteidigu­ngsministe­r Itsunori Onodera in Singapur. Der einzige Weg zu einer vollständi­gen Denukleari­sierung liege darin, maximalen Druck aufrechtzu­erhalten.

 ?? Foto: dpa ?? Steife Angelegenh­eit: Pedro Sánchez (links) legt unter den Augen von König Felipe VI. seinen Amtseid als Ministerpr­äsident ab. Ganz rechts sein abgewählte­r Vorgänger Mariano Rajoy.
Foto: dpa Steife Angelegenh­eit: Pedro Sánchez (links) legt unter den Augen von König Felipe VI. seinen Amtseid als Ministerpr­äsident ab. Ganz rechts sein abgewählte­r Vorgänger Mariano Rajoy.

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