Wann ist ein Schatz ein Schatz?
Bei der Aufzeichnung von „Kunst & Krempel“im Kloster Roggenburg bekommen die Experten interessante Gemälde zu sehen – darunter ein echtes Flohmarkt-Schnäppchen
Graue Berge, weißer Schnee, ein kleines Bergdorf, auf das sich ein Trauerzug zubewegt. Ruth Thoma aus Ludwigsfeld hat nicht ihr Lieblingsbild von zu Hause mitgebracht, sondern eines, das sie neugierig macht. Denn das Alpengemälde ist signiert, „Harrison Compton“steht am unteren Rand. Natürlich hat die Besitzerin im Internet recherchiert: „Seine Bilder werden für 1000 bis 3000 Euro verkauft“, sagt sie, ein bisschen aufgeregt. Ruth Thoma hat das Gemälde auf einem Flohmarkt in Senden erstanden – für zehn Euro.
Solche Geschichten haben „Kunst & Krempel“zu einem Publikumsliebling im BR Fernsehen gemacht. Genau diese Sendung gastiert nun im Kloster Roggenburg und das Gewusel ist groß: rund 40 Mitarbeiter des Senders, Journalisten, Kameraleute, Toningenieure und natürlich die Experten, dazu pro Gebiet jeweils an die 50 Besucher, die sich mit ihren Schätzen erfolgreich beworben haben. Es ist Tag drei, es steht die Königsdisziplin an: Gemälde, betreut von dem eingespielten Kunsthistoriker-Duo Herbert Giese und Hans Ottomeyer, der eine wienerisch-charmant, der andere eher preußisch-streng. Im Publikum wartet nicht nur Ruth Thoma im Refektorium darauf, dass die Fachleute einen Blick auf ihr Bild werfen. Und dann ein „K“auf die Teilnehmerkarte kritzeln: K wie Kamera – wer das bekommt, kommt in die Aufzeichnung. Der Rest, etwa zwei Drittel der Anwesenden, bekommt zumindest eine Beurteilung.
Die Bandbreite der Werke ist groß. Auf den Tischen liegen Stillleben, Idyllen, Heiligenbilder, sogar eine abstrakte Komposition. Charlotte Mügge aus Illertissen hat zwei kleine Bilder mit mythologischen Szenen mitgebracht, die sie vor etwa 40 Jahren zusammen mit ihrem Mann gekauft hat. Sie wolle einfach etwas über die Bilder erfahren, sagt sie. Genau wie Stephan Einfalt, frisch pensionierter Rektor der Roggenburger Grundschule. Sein Mitbringsel ist ungleich größer, ein Altarbild mit einer Mariendarstellung. „Das hing jahrzehntelang bei uns im Wohnzimmer“, erzählt er.
Doch für Einfalt gibt es, anders als für Mügge, kein „K“. Die Vorauswahl ist beendet, die Auserwählten ziehen mit ihren Schätzen in die Bibliothek um, die für die Aufzeichnung etwas abgedunkelt wurde. In vier Blöcken dürfen die Besucher zur Beurteilung vorne Platz nehmen, von den Technikern verkabelt und von der Maske gepudert, von Lampen angeleuchtet und von mehreren Kameras gefilmt. Dann kommen jeweils Giese und Ottomeyer zu ihnen – und zeigen gleich ihre ganze Routine. Auf dem Bild eines Münchner Landschaftsmalers erkennt Ottomeyer das Westufer des Starnberger Sees, die Signatur auf einem im Internet erworbenen Bild erweist sich im blauen Licht als nachträglich hineingepinselt. Echte Schätze sind auch unter den eingereichten Werken: Ein japanisch inspiriertes Blumenstillleben der Karlsruher Malerin Helene Stromeyer (1834-1924) taxiert Giese auf 8000 bis 12 000 Euro, eine italienische Landschaft mit römischer Brücke, gemalt von einem Niederländer im 17. Jahrhundert, könnte, sollte man den Meister bestimmen können, bis zu 30000 Euro wert sein. Und auch Ruth Thoma ist zufrieden: Ihre Einschätzung des Alpengemäldes vom Flohmarkt stellt sich als korrekt heraus: 2500 bis 3000 Euro, urteilt Giese.
Mehr als drei Stunden dauert die Aufzeichnung für die Gemälde, mehrere Tonaufnahmen müssen wiederholt werden, einmal müssen die Fachleute eine Beratung sogar neu beginnen. Anstrengend, aber „es macht großen Spaß“, sagt Giese, seit 28 Jahren im Team. Sein Lieblingsbild des Tages? „Wenn man die Kunst liebt, ist das schwierig“, sagt er. Einen Vater frage man ja auch nicht nach seinem Lieblingskind. Dann muss er zurück nach Wien. Seine Kollegen legen derweil unten los. Kategorie: religiöse Volkskunst. O
Die ersten Beratungen aus Roggenburg werden am 21. Juni im BR Fernsehen gezeigt. Insgesamt wer den voraussichtlich zehn Episoden mit den Aufzeichnungen bestritten. In der Offenbachstraße in Neu-Ulm hat ein Unbekannter am Freitagmorgen zwischen kurz vor 9 Uhr und kurz nach 10 Uhr ein Fahrrad gestohlen. Das meldet die Polizei. Das schwarze Damenrad der Marke Raleigh war mit einem Zahlenschloss versperrt. Den Wert des Gefährts schätzt die Polizei auf etwa 300 Euro. (az)