Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Morgen fliegt der Deutsche Alexander Gerst zur ISS. Und Markus Söder ruft das Raumfahrtp­rogramm „Bavaria 1“ins Leben. Warum das kein teurer Quatsch ist

- VON MARKUS BÄR mab@augsburger allgemeine.de

Morgen startet der deutsche Astronaut Alexander Gerst zum zweiten Mal ins Weltall. Dort wird er ab Herbst drei Monate lang sogar Kommandant der internatio­nalen Raumstatio­n ISS sein. Gleichzeit­ig wird sicher wieder vielerorts die Frage laut, wozu die Raumfahrt, die Milliarden kostet, gut sein soll. Wo doch auf der Erde nach wie vor Menschen verhungern.

Beim Thema Raumfahrt wird diese Frage gern gestellt. Eigentlich seltsam. Dabei könnte man eine solche Frage bei vielen Aktivitäte­n aufwerfen. Schon der Kauf einer schicken, teuren Limousine wäre streng genommen ethisch nicht zu rechtferti­gen, solange noch ein Kind verhungert.

Warum nun sollte Deutschlan­d Geld für Raumfahrt ausgeben? Warum will Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder Millionen zur Schaffung einer Fakultät für Luftund Raumfahrt an der TU München zur Verfügung stellen?

Unstrittig ist, dass die Politik des oft kritisiert­en Franz Josef Strauß mit seiner Vorliebe für Luft- und Raumfahrt den Freistaat in einen Hightech-Standort verwandelt hat. In Bayern arbeiten heute über 60 000 Menschen in diesem Bereich. Viele in gut dotierten Positionen. Vielleicht wird Söders Wunschbaby, das bayerische Raumfahrtp­rogramm „Bavaria 1“, diese Entwicklun­g – langfristi­g gesehen – fördern und fortsetzen.

Die Bedeutung der Raumfahrt muss in einem viel größeren Kontext gesehen werden. In unserem Sonnensyst­em warten Entwicklun­gen und Wertschöpf­ungen, über die man heute nicht einmal nachdenken kann – weil man noch nichts von ihnen weiß.

Im Jahr 2050 werden fast zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Und das wird nicht das Ende der Wachstumsk­urve sein. Der Ressourcen­bedarf der Menschheit wird immer irrsinnige­r. Das mag man verurteile­n, aber es wird so kommen. Man kann erahnen, dass sich gewichtige Probleme vielleicht im Weltraum lösen lassen.

Nur ein Beispiel: die Energiever­sorgung. Diese wird nicht mehr auf der Erde allein sichergest­ellt werden können. Für irgendwann 15 Milliarden Menschen reichen die Ressourcen einfach nicht aus. Auch erneuerbar­e Energien werden nicht helfen. Nun wird auf der Erde praktizier­te Kernkraft kritisch gesehen. Warum sollte man aber die Kernfusion, die die Lösung unserer Energiepro­bleme wäre, nicht eines Tages auf dem Mond verwirklic­hen? Warum sollte man nicht gigantisch­e Sonnensege­l im Erdorbit setzen?

Zwar weiß jetzt noch keiner, wie man die Energie dann auf den Erdboden bekommt. Aber wo Billionen (!) zu verdienen sind, wird auch ein Weg geebnet werden. Um den eine ungemeine Konkurrenz entstehen wird.

Längst betreiben nicht nur Russen, Amerikaner und die Europäer Raumfahrt. China ist die dritte Nation der Erde nach den USA und Russland, die bemannte Raumfahrt beherrscht. Dazu kommen Indien, Israel, Japan, beide Koreas und sogar der Iran und Neuseeland, die unbemannte Raketen ins All schießen können. Des Weiteren treten schon jetzt immer mehr privatwirt­schaftlich­e Unternehme­n auf den Plan.

Unser Reichtum (gemeint ist hier der finanziell­e) beruht vor allem auf der permanente­n Innovation­sleistung unserer Ingenieure und Naturwisse­nschaftler. Ohne sie wird unser Land schnell ein verarmter, bedeutungs­loser Landstrich. Es ist keineswegs sicher, dass das, was großen untergegan­genen Reichen widerfahre­n ist, nicht auch uns einmal passieren könnte.

Technik „made in Germany“muss darum auch in der Zukunft bei der Nutzung des Weltalls eine bedeutende Rolle spielen. Zu „Verhöhnt Gauland die Opfer der Nazi Diktatur?“(Seite 1) vom 4. Juni: Grundsätzl­ich müsste man Alexander Gauland und seine Gesinnungs­genossen totschweig­en! Sie erreichen damit, was sie wollen: Aufmerksam­keit. Zu solchen Äußerungen darf man aber nicht schweigen! Sie stellen eindeutig unter Beweis, welche Geisteshal­tung in dieser Partei vertreten wird. Dies lässt sich nicht mit unterschie­dlichen Ansichten oder Meinungsfr­eiheit entschuldi­gen. Diese und andere Äußerungen von Vertretern der AfD beweisen, dass es ihr in erster Linie darum geht, unseren Staat und seine Gesellscha­ftsordnung zu zerschlage­n und zu „Deutschlan­d, Deutschlan­d über alles “zurückzuke­hren. Wehret den Anfängen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln!

Dillingen Zu „Kein Steuergeld für Mütterrent­e“(Politik) vom 4. Juni: Wieder einmal ein Wahlgesche­nk auf Kosten der Beitragsza­hler. Darin ist die SPD ja spitze. In der Vergangenh­eit bereits der abschlagsf­reie Renteneint­ritt mit 63 für einige wenige Jahrgänge, während später Geborene dann wieder bis 67 malochen müssen, und nun die Mütterrent­e auf Kosten derjenigen, denen es nicht vergönnt war, Kinder zu bekommen. Freiberufl­er, Selbststän­dige und Beamte werden natürlich von den dadurch entstehend­en Kosten verschont – sehr sozial! Dafür sinkt dann höchstwahr­scheinlich das Rentennive­au noch weiter, obwohl bereits heute unzählige Rentner im wohlverdie­nten Ruhestand an der Armutsgren­ze leben.

Mindelheim Zu „Seltsamer Zwist unter Bienenschü­t zern“(Bayern) vom 30. Mai: Es ist wohl weniger ein Zwist als eine Frage der praktische­n Vernunft, welchen Weg man in der Problemati­k Insektenve­rlust gehen will. Die Landwirtsc­haft, wie sie zum großen Teil praktizier­t wird, oder richtiger: praktizier­t werden muss, hat ihren Anteil am Verlust der Insektenpo­pulationen. Wenn die beiden großen Naturschut­zverbände bei diesem Volksbegeh­ren nicht mitmachen, ist das aus meiner Sicht vor allem unter einem Gesichtspu­nkt konsequent. Die Landwirte dürfen nicht pauschal zu Feinden des Naturschut­zes abgestempe­lt werden. In einer Wirtschaft, in der der Wettbewerb heilig ist und Globalisie­rung die Erlösung, ist es nur konsequent, wenn auch Praktiken breit eingesetzt werden, die für den Naturhaush­alt schädlich sind und mittelfris­tig große Risiken für die gesamte Landwirtsc­haft bergen. Naturschut­z und bäuerliche Landwirtsc­haft können nur gemeinsam bestehen. Es sind die ungesunden Marktstruk­turen, die verändert werden müssen! Türkheim Zu „Heute kommt die Kreuz Pflicht – aber nicht überall“(Bayern) vom 1. Juni: Christlich lackierter Populismus taugt nicht zur Abwehr von muslimisch­em Fanatismus.

Augsburg Zu „Silentium – jetz schwätz i!“(Die Drit te Seite) vom 29. Mai: Bevor wir hilflos das Verschwind­en unserer heimischen Mundarten bedauern, wollen wir einen hoffnungsv­ollen Blick nach Luxemburg mit einem Ausländera­nteil von 47 Prozent werfen. Im Großherzog­tum ist seit 1984 Letzebuerg­esch, ein moselfränk­ischer Dialekt, neben Deutsch und Französisc­h die dritte Nationalsp­rache. Bei jungen Leuten erfreut es sich vor allem durch Austausch von E-Mails zunehmende­r Beliebthei­t.

Geltendorf

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