So umwirbt die Große Koalition den kleinen Mann
Krankenkassen-Beiträge sinken, das Kindergeld steigt. Auch die Rentner profitieren
Die Beiträge zur Krankenkasse sollen künftig wieder je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt werden. Das hat die Bundesregierung beschlossen und setzt damit einen zentralen Punkt des Koalitionsvertrags von Union und SPD um. Für die 56 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bedeutet das ab dem 1. Januar 2019 nach Angaben des Gesundheitsministeriums jährlich zusammen 6,9 Milliarden Euro geringere Ausgaben. Weitere Entlastungen für Familien will die Regierung Ende Juni beschließen.
Seit 2005 gibt es einen allgemeinen Beitrag (derzeit 14,6 Prozent), der je zur Hälfte von Arbeitnehmer/ Rentner und Arbeitgeber/Rentenversicherung bezahlt wird. Der darüber hinaus eingeführte Zusatzbeitrag, den die einzelnen Kassen individuell festlegen, wird bisher allein von Arbeitnehmern bzw. Rentnern getragen. Künftig wird auch dieser geteilt. Für den einzelnen Arbeitnehmer oder Rentner bedeutet dies, dass er monatlich bis zu 38 Euro spart. Bei einem Einkommen von 3000 Euro brutto sind es 15 Euro.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einem „guten Tag für die gesetzlich Krankenversicherten“. SPD-Chefin Andrea Nahles nannte es ein Riesen-Entlastungspaket: „Halbe-halbe ist gerecht.“Die Wirtschaft hingegen schlug Alarm. Die Arbeitgeber würden bereits jetzt einen deutlich höheren Finanzierungsanteil an den Krankheitskosten tragen als die Arbeitnehmer, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt. Er verwies auf die Lohnfortzahlung und die Beiträge zur Unfallversicherung.
Obwohl es „GKV-Versichertenentlastungsgesetz“heißt, profitieren von der Reform auch die privat versicherten Arbeitnehmer. Im Entwurf steht, dass der Arbeitgeber ihnen auch einen Zuschuss zum Beitrag in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitrages zahlen muss. Bisher beschränkte sich dieser auf maximal die Hälfte des allgemeinen Beitrags, also 7,3 Prozent. Wer profitiert noch? Für kleine Selbstständige wie Taxifahrer soll der Mindestbeitrag auf 171 Euro halbiert werden. Privat versicherten Zeitsoldaten wird nach ihrer Dienstzeit der Zugang zur gesetzlichen Kasse erleichtert.
Die Krankenkassen müssen darüber hinaus ab 2020 ihre Finanzreserven auf den Umfang einer Monatsausgabe beschränken. Wer darüber liegt, darf den Zusatzbeitrag nicht erhöhen. Das soll ebenfalls zur Entlastung der Mitglieder beitragen.
Die versprochene Entlastung der Familien, die am 27. Juni auf der Tagesordnung des Kabinetts steht,