Neu-Ulmer Zeitung

Ticketskan­dal: Geld ist wohl futsch

Verbrauche­rzentrale macht nach dem abgesagten Auftritt von Nicky Jam den wohl Tausenden Käufern wenig Hoffnung. Eine weitere Veranstalt­ung in der Arena ist auch betroffen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Die Absage des Konzerts des Sängers des offizielle­n Lieds der Fußball-WM, Nicky Jam, am vergangene­n Samstag in der Ratiopharm-Arena zieht weiter Kreise: Wie allein das Polizeiprä­sidium in Kempten auf Anfrage bestätigt, sind bis Mittwochvo­rmittag zehn Anzeigen eingegange­n. Der Vorwurf an den Konzertver­anstalter Starshine: Betrug. Nun entscheide­t die Staatsanwa­ltschaft in Memmingen, ob ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t wird.

Was auch immer dabei rauskommt: Käufer der Tickets müssen sich im Falle einer Insolvenz des Veranstalt­ers wohl mit einem dicken Verlust anfreunden: „Maximal gibt es üblicherwe­ise zwei bis drei Prozent für Kleingläub­iger“, sagt Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Kartenkäuf­er könnten sich im Falle eines Insolvenzv­erfahrens zwar auf eine Liste eintragen lassen. Doch in solchen Fällen würden zuvorderst Großgläubi­ger wie beteiligte Firmen bedient oder Steuerschu­lden sowie ausstehend­e Löhne abgezahlt. Bisher ist aber offenbar – zumindest beim zuständige­n Gericht in Stuttgart – noch keine Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens beantragt worden. Wie berichtet, spricht Michel Sprick (36), Chef von Starshine, in inzwischen wieder gelöschten Video unter Tränen von einer „halben Million Schulden“. In einer geschlosse­nen Facebook-Gruppe von „Betroffene­n des Ticketbetr­ugs“mit fast 700 Mitglieder­n ist es jedoch noch abrufbar. „Jetzt habe ich alles verloren, was ich hab’“, sagt Sprick. Er habe den „falschen Leuten“vertraut und sei allein für Nicky Jam mit 150 000 Euro in Vorleistun­g gegangen.

Die üblicherwe­ise mit Konzerten von Nicky Jam betraute Agentur meldete sich ebenfalls zu Wort. Mit den abgesagten Konzerten habe sie „nichts zu tun“. Die Situation sei aber „nicht leicht“. In einer geschlosse­nen Facebook-Gruppe ist eine angeblich echte Chat-Kommunikat­ion nachzulese­n, in der ein „Michel Starshine“, so das Pseudonym von Konzertver­anstalter Brick, einem Mitarbeite­r der Jam-Agentur droht: „Du wirst dir bald wünschen, dass das nie passiert wäre ihr verlogenen Hunde.“

„Was da privat noch für Kriege herrschen interessie­rt auch niemanden, mir geht es darum, dass wir alle unser Geld bekommen“, chattet Jessica. Und die Gruppe der möglicherw­eise geprellten Menschen wird immer größer: Am gestrigen Dienstag vermeldete die Ratiopharm-Arena via Facebook, dass auch das für 29. Juli in der Neu-Ulmer Arena geplante Konzert von Daddy Yankee aus organisato­rischen Gründen abgesagt wurde. Wie Hohn in der Ohren der Ticketkäuf­er klingt der nachfolgen­de Satz: Die Rückerstat­tung der Tickets läuft über den Veranstalt­er. Denn der heißt ebenfalls Starshine.

Die Absage kündige sich vor Woeinem chen an: Bereits am 21. April veröffentl­ichte Starshine auf Facebook dazu ein anwaltlich­es Schreiben an die Agentur von Daddy Yankee: Demnach habe Michel Sprick aus zuverlässi­gen Quellen erfahren, dass der gebuchte Künstler wegen Terminkoll­isionen den Auftritt in NeuUlm nicht wahrnehmen könne. Deswegen forderte der Anwalt von Starshine eine eidesstatt­liche Erklärung, dass Daddy Yankee seinen Auftritt in Neu-Ulm wahrnehmen könne und kein „Doppelbook­ing“vorliege. Auf die Erklärung wartete Starshine wohl bis heute.

Wie viele Menschen bereits Tickets für Nicky Jam oder Daddy Yankee kauften, ist unklar. Der Verkauf lief, wie berichtet, ausschließ­lich über Starshine und nicht über die gängigen Ticketport­ale. Vermutlich lief der Vorverkauf gut, Nicky Jam plante nur zwei Konzerte in Deutschlan­d. „Der Ansturm ist unglaublic­h“, verkündete Starshine bereits im März.

Der Veranstalt­er sorgte mit Maluma, einem kolumbiani­schen Reggaeton-Sänger, im vergangene­n Jahr für ein ausverkauf­tes Haus in Neu-Ulm. Über 10000 Menschen strömten in die Arena. In Anbetracht der jüngst erlangten Prominenz von Nicky Jam als Interpret des offizielle­n Songs der Fifa-Fußballwel­tmeistersc­haft ist eine ähnliche Zahl denkbar. Schwere Verletzung­en hat sich Berichten der Polizei zufolge eine 36-Jährige bei einem Unfall am Dienstag in Ulm zugezogen. Kurz nach sechs Uhr war die Frau mit ihrem Opel auf der Alten Straße in Mähringen unterwegs. Von dort bog sie nach links in die Talstraße ein, ohne auf die Vorfahrt eines von links kommenden Sattelzuge­s zu achten. Die Fahrzeuge stießen zusammen. Dabei wurde die Fahrerein des Opel schwer verletzt, der Rettungsdi­enst brachte sie ins Krankenhau­s. Der Fahrer des Lastwagens blieb unverletzt. Der Opel musste abgeschlep­pt werden, den Gesamtscha­den schätzt die Polizei auf ungefähr 10000 Euro. (az) Einen pinken Gartentisc­h und zwei graue Gartenstüh­le haben Unbekannte in Ulm gestohlen. Die Polizei meldet, dass ein Zeuge das Fehlen der Möbel am Dienstagmo­rgen bemerkte. Am Montagmitt­ag standen Tisch und Stühle noch an ihrem Platz vor einem Gemeindeha­us im Hermann-Stehr-Weg, wo sie mit einer Kette gesichert waren. Der Dieb durchtrenn­te die Kette und flüchtete. (az)

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Repro: Helmstädte­r Insgesamt plante Nicky Jam auf seiner Tour durch Europa elf Konzerte. Die zwei in Deutschlan­d – darunter Neu Ulm – fielen aus.

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