Neu-Ulmer Zeitung

Er kämpft auf dem Feld gegen Rassismus

Siya Kolisi führt als erster dunkelhäut­iger Kapitän in der Historie Südafrikas Rugby-Mannschaft an. Motivation schöpft er aus seiner schwierige­n Kindheit

- Foto: afp

In den Townships, den Elendsvier­teln am Ostkap Südafrikas, hat Siya Kolisi die Folgen der Apartheid selbst erfahren – auch wenn sie 1994 offiziell beendet war. Hunger, Armut und Ausgrenzun­g prägten Kolisis Kindheit. Es war nicht abzusehen, dass er mit 26 Jahren Geschichte im Rugby schreiben würde. In dem Sport, der wie kein zweiter die Rassentren­nung in Südafrikas Vergangenh­eit symbolisie­rt.

Kolisi hat am Samstag die Springboks, die südafrikan­ische Nationalma­nnschaft, beim 42:39-Sieg gegen England als erster dunkelhäut­iger Kapitän in ihrer 127-jährigen Geschichte aufs Feld geführt – und das im „Sport der Weißen“. Selbst mit einer Quotenrege­lung gelang es lange Zeit nicht, dunkelhäut­ige Spieler ins Team der Springboks zu integriere­n. Der Rugbyprofi hat nie in solchen Schubladen gedacht: „Ich sage meinen Mitspieler­n, sie sollen nie nur für eine Gruppe spielen. Du musst spielen, um für alle Südafrikan­er der Beste zu sein. Wir repräsenti­eren etwas viel Größeres, als wir es uns vorstellen können.“

Natürlich hat die Entscheidu­ng, ihn zum Kapitän zu ernennen, politische Symbolkraf­t. Natürlich ist sie ein Zeichen gegen Rassismus, der auch 24 Jahre nach dem Ende der Apartheid noch nicht überwunden ist. Vor allem aber hat die Entscheidu­ng sportliche Gründe. Kolisi gilt als einer der besten Flügelspie­ler der Welt. Nationaltr­ainer Rassie Erasmus sagt über seinen Kapitän: „Er ist ein großartige­r Spieler, zuverlässi­g und bescheiden.“Der Weg dahin war jedoch steinig. Als Zwölfjähri­ger überzeugt er Scouts, die ihm ein Stipendium und damit den Weg aus der Armut ermögliche­n. Drei Jahre später stirbt seine Mutter. Auch Englisch muss der Sportler erst lernen, denn er spricht nur Xhosa, die Sprache seiner Volksgrupp­e. Seit sechs Jahren spielt Kolisi nun für die Stormers in Kapstadt. 29 Mal stand er für die Nationalma­nnschaft auf dem Feld. Seine Herkunft aus den Townships motiviere ihn, sagt er. Seinen Leitsatz „Wer rassistisc­h denkt, schränkt sich und seinen Horizont ein“lebt Kolisi auch im Privaten. Seit zweieinhal­b Jahren ist er mit Rachel verheirate­t – einer Weißen. Sie haben zwei Kinder, zwei Halbgeschw­ister adoptierte er. Nach der Hochzeit sah sich das Ehepaar rassistisc­hen Anfeindung­en ausgesetzt. Von einer „Verschwend­ung der guten, weißen Gene“war die Rede. Dass der Rugby-Sport durchaus Südafrika einen kann, bewies er 1995. Als die Springboks sensatione­ll im eigenen Land Weltmeiste­r wurden, feierte Nelson Mandela auf der Tribüne im Ellis Park in Johannesbu­rg. Er trug ein Trikot mit der Nummer sechs, so wie Kapitän Francois Pienaar. Es war das erste Mal, dass Weiße und Schwarze zusammen einen Erfolg im Rugby feierten – ein historisch­er Moment, der im Film „Invictus – Unbezwunge­n“festgehalt­en wurde. Freiheitsk­ämpfer Mandela, der 2013 gestorben ist, hätte wohl auch am Samstag wieder gefeiert, als Kolisi die Springboks als erster dunkelhäut­iger Kapitän aufs Feld führte. Fabian Kluge Zu „Sollen alle Schüler KZs besuchen?“(Bayern) vom 7. Juni: Auf dem Heimweg von einem Wachau-Urlaub besuchten meine Frau und ich das KZ Mauthausen. Auch wenn man gemeint hat, über Medien und Lektüre alles zu wissen, ist ein Besuch in einem ehemaligen KZ ein grauenvoll­es und unvergessl­iches Erlebnis, das auch noch nach Jahrzehnte­n prägend ist. Schüler einen

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