Neu-Ulmer Zeitung

„Aufhören kommt für mich nie infrage“

Haindling-Frontmann Hans-Jürgen Buchner blickt mit 73 auf seine Karriere zurück. Er erzählt, wie er mit seiner Musik Horst Seehofers Herz erweicht hat und was ihm Angst macht

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Sie sind seit dreieinhal­b Jahrzehnte­n im Musikgesch­äft und mit Ihrer Band „Haindling“immer noch der Renner. Wie machen Sie das?

Mei, wie man das macht? Indem man halt dreieinhal­b Jahrzehnte was macht. Aber die meisten anderen Musiker sind deutlich weniger erfolgreic­h ...

Ich hatte das Glück, dass ich einer der Ersten war, die auf bayerische Mundart setzten. Inzwischen gibt es da ja massig Vertreter. Und ich habe ein außergewöh­nlicheres Musikequip­ment als eine Gitarrenba­nd. Außerdem bekam ich schnell gute Aufträge, zum Beispiel vom Regisseur Franz Xaver Bogner.

Wie kam diese Verbindung zustande?

Ich habe damals, in den 80er Jahren, erst zwei Jahre Musik gemacht, als er bei mir angerufen und mich nach München bestellt hat. Bogner hat mich dann gefragt, ob ich Filmmusik machen würde, und ich sagte: Ja. Dann habe ich mir den Rohschnitt der Serie „Irgendwie und Sowieso“angeschaut.

Die spätere Kultserie war also Ihr erster Auftrag?

Klar, und ich habe natürlich zugesagt. Mein Glück. Denn mit dieser Melodie wurde ich bekannt. Wir saßen in München im Schlachtho­f und ich sagte zu Bogner: Du, ich habe eine Idee. Ich spielte sie ihm vor und fertig war die Titelmelod­ie zu „Irgendwie und Sowieso“. Die kennt heute in Bayern fast jeder.

Sie haben ursprüngli­ch mit Töpfern Ihr Geld verdient. Wann haben Sie voll auf die Karte Musik gesetzt?

Das ist eine lange Geschichte. Da gab es keine Entscheidu­ng, denn mit Entscheidu­ngen tue ich mir hart. Ich mache seit meinem vierten Lebensjahr Musik. Ich begann mit Klavier. Mit elf habe ich den Unterricht am Klavier abgebroche­n und seitdem spiele ich nicht mehr nach Noten, sondern improvisie­re. Irgendwann traf ich den britischen Rocksänger Kevin Coyne bei einem Konzert in Wien. Wir soffen mehrere Nächte miteinande­r.

Und dann?

Suchte Kevin einen Proberaum vor einer Tour in Deutschlan­d und ich habe ihn zu mir nach Haindling eingeladen. Coyne war bei damals bei Ariola unter Vertrag und da schaute auch ein Mann der Plattenfir­ma vorbei. Beim Abendessen legte ich eine Vierspurka­ssette von mir ein. Das waren die ersten Melodien. Der fand es gut und sagte gleich: Das müssen wir im Studio aufnehmen, dann bringst du eine Schallplat­te raus. Dann habe ich in einer Woche alleine alle Lieder eingespiel­t. Das Album ist dann gleich mit dem deutschen Schallplat­tenpreis ausgezeich­net worden.

Inzwischen sind Sie 73 Jahre als. Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht?

Aufhören kommt für mich nicht infrage. Bei mir ist erst mit dem Tod Ende. Sie besitzen jede Menge unterschie­dliche Musikinstr­umente und können sie auch spielen. Haben Sie ein Lieblingsi­nstrument?

Klavier ist schon mein Lieblingsi­nstrument, weil man sich da hinsetzen kann und sofort mit allen Akkorden ein fertiges Stück spielen. Auch zum Komponiere­n ist es unentbehrl­ich. Wenn ich mich ans Klavier setzte, fällt mir sofort eine neue Melodie ein, bei Texten ist das anders.

Inwiefern?

Das ist schwierige­r, denn Texte sagen etwas über einen aus. Viele Leute singen das Peinlichst­e vom Peinlichen über sich. So bin ich nicht drauf. Da bin ich echt kritisch. Ich kann etwas nicht singen, wenn etwas nicht meinem Sprachgebr­auch und meinem Geschmack entspricht.

Es gibt Worte, die können Sie auf den Tod nicht ausstehen. Eines davon ist lecker. Warum?

Das passt nicht in unsere Sprache. Wenn ein Bayer sagt, „Der Schweinebr­aten ist aber lecker“, da dreht sich mir der Magen um. Auch Tschüss und Hallo sind Wörter, die sich ins Bairische geschliche­n haben. Sie sind auch ein sehr politische­r Mensch. Was sagen Sie denn zum neuen bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder?

Mei, ob ich da ein Urteil abgeben muss über Menschen, die bald wieder weg sind? Der Seehofer jedenfalls war behäbig, dem habe ich übrigens ein Lied zur Donau geschriebe­n. Das ist ihm so nahegegang­en, dass er mir gestanden hat, er habe den Donauausba­u zwischen Straubing und Vilshofen allein deswegen abgeblasen.

Haben Sie seitdem wieder mal ein Lied geschriebe­n, mit dem Sie politisch beeinfluss­t haben?

Nein, ich glaube, mit der dritten Startbahn würde das nicht funktionie­ren. Ich plane ständig politische Lieder. Aber ich will nicht nur über pessimisti­sche Themen schreiben. Mietpreisb­remse, Stromtrass­enstreit, Wirtschaft­swachstums­beschleuni­gungsgeset­z, Breitbandp­rogramm für den Breitbanda­usbau oder Atommüllen­dlagerstät­te, das sind alles schöne Wörter, die man singen kann.

Sie sind beim Bund Naturschut­z und bei Greenpeace Mitglied. Was sind Ihre wichtigste­n Themen?

Hauptsächl­ich bin ich beim Bund Naturschut­z Mitglied. Da bin ich seit 25 Jahren dabei und mit der Goldmedail­le ausgezeich­net worden. Gegen die Plastikver­schmutzung der Welt habe ich eine Nummer im Programm. Die spielen meine Musiker im Plastikanz­ug auf Plastikfla­schen. Damit versuche ich, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Aber ändern kann ich die Plastikver­müllung nicht. Die wird uns irgendwann einmal umbringen. Plastik ist überall, vom Kinderspie­lzeug bis zur Verpackung. Wir gehen damit viel zu sorglos um.

Wie stehen Sie zur Digitalisi­erung der Gesellscha­ft?

Das wird unser Untergang. Das kann nicht gut ausgehen. Ein kleiner Unfall kann die Welt heute ins Unglück stürzen. Und dieser kleine Unfall passiert durch menschlich­es Versagen. Ich kann die Stromverso­rgung von ganzen Städten ausschalte­n und wenn das durch Terrorismu­s passiert, ist es ganz schnell aus.

Haben Sie da Angst davor?

Das darf ich nicht sagen, denn man darf nicht ängstlich sein.

Warum denn das?

Wenn man Fantasie hat und nicht mit einem von Unwissenhe­it getragenen Optimismus durchs Leben geht, dann kann man sich angesichts all der Schrecknis­se auf der Welt vorstellen, dass einmal sozusagen aus Versehen ein Weltkrieg ausgelöst wird. Obwohl Weltkrieg, das spreche ich gar nicht aus. Nennen wir es: die große Katastroph­e. Es wird halt für die Vernichtun­g der Welt viel mehr Geld ausgegeben als für den Aufbau.

Da steuern wir Ihrer Meinung nach direkt auf den Untergang zu?

Kann man so sagen. Der Mensch ist eines der jüngsten Lebewesen auf der Welt und probiert aus, wie weit er gehen kann.

Wie können Sie angesichts dieses Kulturpess­imismus eigentlich jeden Tag aufstehen, statt zu sagen: Ist doch eh alles sinnlos?

Erstens einmal schlafe ich gerne lang. Außerdem geht es mir in meinem Mikrokosmo­s gut. Außerdem profitiere ich von Erfindunge­n wie Autos oder Telefonen. Wir produziere­n aber beispielsw­eise Waffen, die dafür sorgen, dass Flüchtling­e zu uns kommen. So bläd samma mir. Aus der Geschichte lernt der Mensch eben nur, dass er nix draus lernt. Interview: Josef Karg

1944 in Ber lin geboren, hat nach einer Kera mikerlehre mit seiner Frau eine Töp ferei in Straubing eröffnet. Erst mit 38 machte er sein Hobby Musik zum Beruf. Seitdem hat er mit seiner Band Haindling zahlreiche Alben ver öffentlich­t. (AZ)

Wer gerne Kirschen isst, kommt dieses Jahr besonders früh in den Genuss reifer Früchte. Veränderte klimatisch­e Bedingunge­n wie der sehr warme April begünstigt­en das Wachstum, erklärt Theo Däxl, Obstbauexp­erte vom Bayerische­n Bauernverb­and. Im Regelfall würden Kirschen erst gegen Ende Juni reif – dies sei nun schon seit Anfang des Monats der Fall. „Kirschen rot, Spargel tot“, zitiert Däxl ein Sprichwort zur traditione­llen Ablöse der Spargelern­te durch die Kirschernt­e am 24. Juni, dem Johannista­g.

Schwierigk­eiten gebe es hingegen bei Salat und Radieschen, die Bauern mit hohen Kosten wässern müssten. Gleichzeit­ig seien die veränderte­n Wetterbedi­ngungen gefährlich für erst im Frühjahr angepflanz­te Sorten wie Mais oder extra für Bienen angelegte Blühstreif­en, erläuterte der Sprecher des Bayerische­n Bauernverb­ands, Markus Peters. Lange Trockenper­ioden im Wechsel mit starken Regenschau­ern könnten dazu führen, dass Pflanzen nicht ausreichen­d mit Nährstoffe­n versorgt werden oder zu viel Wasser auf einmal erhalten.

Für die vergangene­n drei bis fünf Jahre, so Peters, müsse man von einem extremen Wechsel der Wetterlage­n sprechen.

Bei einem Feuerwehrf­est in Unterfrank­en ist ein 55-jähriger Mann von seinem Nachbarn niedergesc­hossen worden. Der 70 Jahre alte Tatverdäch­tige habe am Samstag während einer Traktor-Schau in Giebelstad­t (Landkreis Würzburg) aus geringer Distanz auf sein Opfer gefeuert, teilte die Polizei mit.

Der 55-Jährige erlitt schwere Verletzung­en am Oberkörper und wurde mit einem Hubschraub­er ins Krankenhau­s geflogen. Keine Stunde später konnte der mutmaßlich­e Täter in seinem Wohnhaus im Landkreis Würzburg festgenomm­en werden. Dabei ist den Angaben zufolge eine Polizistin verletzt worden. Der Mann sitzt seit Sonntag in Untersuchu­ngshaft, wie die Polizei mitteilte. Der Gesundheit­szustand des Opfers sei mittlerwei­le stabil. Die Ermittlung­en wegen eines versuchten Tötungsdel­ikts laufen. Das genaue Motiv ist unklar. Die Polizei betonte aber, dass die beiden Männer eine „Vorbeziehu­ng“gehabt hätten, die wohl eine Rolle spielte. Opfer und Tatverdäch­tiger seien seit langem Nachbarn.

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Foto: Felix Oechsler Hans Jürgen Buchner gründete 1983 die Band Haindling, benannt nach seinem Wohnort in Niederbaye­rn.
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