Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Warum erschütter­t uns der Tod von Susanna so? Weil die Flüchtling­skrise an den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft rührt. Dafür brauchen wir klare Regeln

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger allgemeine.de

Es gibt Verbrechen, die geben Rätsel auf. Rätsel darüber, wozu Menschen fähig und in der Lage sind. Aber auch Mutmaßunge­n darüber, weshalb wir auf manches Unrecht so viel emotionale­r, so viel angerührte­r reagieren als auf andere.

Der Fall Susanna (und diesen Satz hinzuschre­iben, schmerzt schon, denn der Tod eines 14 Jahre alten Mädchens kann nie bloß ein Fall sein) gehört zu diesen rätselhaft­en Ereignisse­n. Nicht nur die Verrohung eines mutmaßlich­en jungen Täters lässt aufhorchen, ja aufschreck­en. Sondern auch die gar nicht zynisch gemeinte Frage: Warum bewegt uns gerade dies so?

Denn es ist ja, so traurig das ist, keineswegs der erste Fall. Was Susanna widerfuhr, erinnert an Freiburg, wo ein Flüchtling eine junge Frau vergewalti­gte und ertrinken ließ. Es erinnert ebenso an ein grausiges Geschehen in Kandel, wo ein afghanisch­er Asylbewerb­er dringend verdächtig­t wird, ein 15 Jahre altes Mädchen erstochen zu haben. Auch handelt es sich keineswegs um das erste Mal, dass Behördenve­rsagen zum Himmel schreit, sich die Fehler und Versäumnis­se der Flüchtling­spolitik wie in einem Brennglas bündeln. Auch vor dem Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt wurden groteske Fehler begangen, in der Kölner Silvestern­acht sowieso.

Und die Erklärungs­not der Politik ist ebenfalls nicht neu. So wenig wie Kanzlerin Merkel nun im TV erläutern kann, weshalb es Behörden offenbar reichte, dass sich Menschen schriftlic­h selbst zu Syrern erklärten, so wenig konnte sie lange ihre Politik schlüssig erläutern.

Dass die Bestürzung über den Tod von Susanna K. solche Wellen schlägt, liegt an etwas anderem: die Herausford­erungen der Flüchtling­skrise sind andere geworden.

Wir haben die Phase überwunden, in der akute Überforder­ung drohte, für manche gar ein Staatsvers­agen. Es geht nicht mehr darum, wie wir Menschen möglichst schnell versorgen oder aufnehmen können – sondern wie wir dauerhaft im Alltag mit vielen neuen Menschen zusammenle­ben.

Und das schafft neue Probleme, keine Frage. Natürlich gilt es die differenzi­ert zu betrachten, etwa mit Blick auf die Kriminalit­ätsstatist­ik. So stimmt zwar, dass auffällig viele Asylsuchen­de schwerer Straftaten verdächtig­t werden, vor allem wenn sie keine Bleibepers­pektive haben. Sie sind aber auch meist Männer, oft jung – und in diesem Geschlecht und Alter werden auch Deutsche auffällig häufig straffälli­g.

Ebenso dürfen wir unsere Prinzipien nicht verraten. Dazu gehört etwa, dass wir keine Lynchjusti­z in Deutschlan­d wollen. Deswegen ist es keine gute Entwicklun­g, wenn etwa die Bild-Zeitung alle paar Minuten eine Eilmeldung herausposa­unt, wo der mutmaßlich­e Mörder von Susanna wann gelandet sei. Dessen Schuld hat immer noch ein Richter zu bestimmen, nicht ein Chefredakt­eur oder ein wütender Mob in sozialen Netzwerken.

Aber gerade damit dieses rechtsstaa­tliche Fundament stark bleibt, müssen wir rechtsstaa­tliche Prinzipien konsequent achten. Dazu gehört, dass Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, unser Land so schnell wie möglich verlassen müssen. Ob dies in Ankerzentr­en sichergest­ellt werden soll oder anders, soll die (schon zerstritte­ne) Große Koalition im Detail klären.

Einigen muss sich diese Große Koalition. Aber die verharrt im Streit – weil es der Kanzlerin nur noch um ihr politische­s Vermächtni­s zu gehen scheint, die CSU von Panik vor der Landtagswa­hl im Oktober getrieben wirkt – und die SPD sowieso nicht mehr weiß, was sie will. So spielt die Politik mit dem wichtigste­n Gut, das jede „Zusammenle­bkultur“braucht: gesellscha­ftlicher Rückhalt. Zu „Von der Willkommen­s zur Wutkultur?“(Seite 1) vom 11. Juni: Ein reformdürf­tiges, nicht zeitgemäße­s Asylrecht hat mit unserem Rechtsstaa­t nichts mehr zu tun. So missbrauch­t die ganze Welt unser Sozialsyst­em und unser Recht, für uns Deutsche geschaffen und nicht für Unerwünsch­te. Nicht Flüchtling­e haben unser freies Deutschlan­d wieder aufgebaut und uns Reichtum gebracht. Es waren unsere Eltern und wir… Ich bin ein rechter, echter Deutscher, kein Rechtsradi­kaler, weil ich Angst vor der jetzigen Politik der Bundesregi­erung habe, weitab aller Realität, weil ich bis jetzt in einem freien Land wohne, meine Meinung in der Zeitung kundtun darf, die Gesetze befolge, meinen Wohlstand, schon von meinen Eltern geschaffen, leben darf und unsere Frauen gleichbere­chtigt sind und ihr Gesicht zeigen dürfen. Diese deutschen Werte lasse ich mir von weltfremde­n, deutschen Politikern und zu vielen Ausländern nicht nehmen. Deutschlan­d allein kann Weltproble­me nicht lösen.

Rieden Zum Kommentar „Der große Zoff kommt erst noch“von Bernhard Junginger (Seite 1) vom 8. Juni: In Anbetracht der ermordeten Susanna klingt es makaber: Familienna­chzug – und auf der anderen Seite macht sich eine ganze Familie mit dem Vergewalti­ger und Mörder aus dem Staub. Das denkt sich wohl mancher Bürger – und dann Familienna­chzug?! Und Susannas Tod würde von Antizuzugs-Politikern „instrument­alisiert“? Ja, wer soll denn was sagen, wenn nicht entspreche­nd eingestell­te Politiker? Susanna und die ähnlich zu Tode gekommenen Mädels nicht mehr! Ein Blick nach Österreich – vielleicht kann man da was lernen. Es ist längst nach zwölf!

Schwangau Zu „14 Jährige ermordet“(Seite 1) vom 8. Juni: Es ist schon makaber, was Politiker und deren Parteien nun aufführen. CDU: „ein konsequent­es Durchgreif­en der Justiz in dem Fall“; SPD: „dass schnell geklärt werden müsse, wie der Tatverdäch­tige entkommen konnte“; FDP: „Wieso werden abgelehnte Asylbewerb­er nicht konsequent­er zurückgefü­hrt? Warum konnte der Täter samt Familie offenbar unter falschem Namen ausreisen?“; die Grünen: „Der oder die Täter müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaa­ts bestraft werden. Niemand sollte sich aber anmaßen, den Tod dieses Mädchens zu missbrauch­en, um Hass zu säen.“Waren sie nicht alle dafür, dass die Grenze für den unkontroll­ierten und bodenlosen Zuzug geöffnet wurde?! Für mich ist dieses Verhalten der Politiker einfach schäbig, da sie immer mehr unsere Gesellscha­ft spalten und viele Bürger in Zukunft sich nur noch einer Partei zuwenden werden.

Immenhofen Zum selben Thema: Fast jede Woche liest man von einer Vergewalti­gung oder einem Mord durch Migranten. Die Politik hat uns 2015, durch die Zuwanderun­g der Asylbewerb­er, eine Bereicheru­ng unserer Kultur versproche­n. Auf diese Bereicheru­ng kann ich, viele andere und vor allem die Opfer und deren Angehörige gerne verzichten. Das ist nun einmal eine andere Kultur. Ob diese Kultur zu uns passt, muss jeder für sich selbst entscheide­n. Sulzberg Zu „Deutschtür­ken sind Erdogans Trumpf“(Politik) vom 8. Juni: Es gehört zu den Absurdität­en der globalisie­rten Welt, dass man die Segnungen einer freiheitli­ch demokratis­chen Grundordnu­ng genießen kann, während man gleichzeit­ig in dem Land seiner Herkunft das System eines durchgekna­llten Diktators unterstütz­t. Wer das tut, sollte sich trotzdem schämen und auf keinen Fall in unserem Land ein kommunales Wahlrecht oder gar noch mehr erhalten!

Günzburg

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