Neu-Ulmer Zeitung

„Können wir irgendwann wieder lachen?“

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sagt Jutta. Machen. Mit kleinen Gesten helfen, kochen, einkaufen, notfalls zeigen, wie unsicher man dabei ist. Aber nicht vor der Trauer zurückzuck­en. Und keine Angst vor Offenheit haben.

„Jeder darf es sagen, wenn er einen Arm gebrochen, wenn er Schnupfen oder Krebs hat – aber wenn man seelenkran­k ist, das ist ein absolutes Tabuthema“, sagt Jutta. Eines, das ihr den Mann genommen hat – und über das sie seitdem spricht. „Wir wollen uns mit unserer Geschichte nicht in den Mittelpunk­t stellen“, erklärt die 42-Jährige. Ihrer Familie geht es nicht um Aufmerksam­keit und schon gar nicht um Mitleid. Sondern darum, offen mit Sorgen umzugehen und sie auszusprec­hen. Sich Menschen zum Reden zu suchen. Und Hilfe anzunehmen, so wie sie und ihre Kinder es gelernt haben. Nach und nach.

„Anfangs waren wir täglich am Grab. Der Esstisch wurde immer für vier gedeckt. Ich saß oft hier und habe Marios Bild angeschaut“, sagt Jutta. „Aber die Trauer wandelt sich und das ist auch gut so.“Bald will sie das Wohnzimmer neu gestalten, die Fotowand verkleiner­n. „Die Trauerarbe­it hat ihren Sinn gehabt und es geht aufwärts.“An diesem Nachmittag sind Anna und Julian mit ihrem Opa in einem Freizeitpa­rk. Ohne die Mama. Ohne Furcht, verlassen zu werden. Und ja, bestätigt Jutta, sie können sich jetzt wieder auf solch einen Ausflug freuen. Wieder lachen. Aber nicht vergessen.

„Mario war ein ganz besonderer Mensch. Würde ich ihn heute noch einmal kennenlern­en und würde ich das Ende wissen, ich würde ihn wieder nehmen“, sagt Jutta. Zum ersten Mal erreicht das Lächeln ihre Augen. „Wir haben so viele schöne Sachen zusammen erlebt, die Liebe ist stärker.“Stärker als die Trauer. Marios Tod hat die Familie nicht zerstört. „Du bist der Beste Papa der gansen grosen weiten Welt“, hat Anna in ihrem Brief geschriebe­n. Die vier bunten Herzen sind kaum verblasst. Darunter, in schwachen Buchstaben, die Frage, die bleibt: „Warum mustest du Schderben?“

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