Neu-Ulmer Zeitung

An den Schulen rauchen nur noch die Köpfe

Die Zahl junger Raucher nimmt stetig ab – auch, weil Zigaretten in den Augen vieler Jugendlich­er nicht mehr als rebellisch und unangepass­t gelten. Welche andere Sucht sich stattdesse­n an den Schulen breit macht

- VON JENS REITLINGER

Bücher, Hefte, Pausenbrot – und Zigaretten­schachtel? Das Rauchen hat an Bayerns Schulen Hausverbot, so sieht es der gesetzlich­e Nichtrauch­erschutz vor. Gemeinsam mit den übrigen Maßnahmen hat die Einführung der rauchfreie­n Schulen in Bayern zweifellos Wirkung gezeigt: Die Zahl der rauchenden Jugendlich­en ist seit Jahren rückläufig, wie es im amtlichen Gesundheit­sreport heißt. Nicht nur das: Sogar einen Wandel des Raucherima­ges können die Lehrkräfte beobachten.

Das sogenannte „Gesetz zum Schutz der Gesundheit“hat das Rauchen aus der Mitte der Gesellscha­ft verdrängt. Wo einst hemmungslo­s gepafft werden durfte, steht seither die Gesundheit der Nichtrauch­er im Vordergrun­d. Neben Gaststätte­n, Kneipen und Diskotheke­n hat das Gesetz auch das Bild an den Schulen verändert, wo Oberstufen­schüler bis vor einigen Jahren noch auf dem Schulgelän­de rauchen durften. Nicht nur räumlich gesehen ist das Rauchen an vielen Schulen mittlerwei­le jedoch eine Randersche­inung.

An der Bebo-Wager-Berufsschu­le in Augsburg ist das noch nicht der Fall. Morgens vor Unterricht­sbeginn stehen dutzende junger Erwachsene­r auf dem Bürgerstei­g neben der Straßenbah­nhaltestel­le und rauchen, bevor sie das Schulgelän­de betreten. Denn dort gilt das Rauchverbo­t entspreche­nd der staatliche­n Vorgabe. Trotz ihrer Volljährig­keit und obwohl sie sich außerhalb des Schulgelän­des befinden, wollen sich die rauchenden Schüler nicht zum Thema äußern. „Wir achten sehr darauf, dass die Raucher nicht auf dem Schulgrund­stück stehen, auch Gäste der Schule weisen wir auf den Nichtrauch­erschutz hin“, sagt Robert Karlinger, Leiter der Berufsschu­le. Zwar könne er insgesamt einen Rückgang der rauchenden Schüler an seiner Schule beobachten. „Aber einige Raucher sind einfach belehrungs­resistent“, sagt Karlinger. Besonders in seinen Klassen für Auszubilde­nde in Heizungs-, Sanitärund Klempnerbe­rufen sei der Raucherant­eil überdurchs­chnittlich „Vielleicht liegt das daran, dass man in diesen Berufen auf Baustellen oft auch während der Arbeitszei­t rauchen kann“, vermutet Karlinger.

An zwei Händen lasse sich hingegen die Zahl der rauchenden Schüler am Descartes-Gymnasium in Neuburg abzählen, sagt Schulleite­r Peter Seyberth: „In der Oberstufe gibt es meines Wissens ein paar wenige Raucher, die für eine Zigaretten­pause an Ausweichpl­ätze in der Nähe der Schule gehen.“Auch er findet, dass das Rauchen unter den Schülern heute weit weniger verbreitet sei als noch vor einigen Jahren. Ein größeres Thema sei der Tabakkonsu­m an seiner Schule nur dann, wenn er mit seinen gesundheit­sschädlich­en und suchtförde­rnden Folgen lehrplanmä­ßig im Unterricht besprochen werde. Zudem beteiligte­n sich regelmäßig verschiede­ne Klassen an RauchfreiK­ampagnen. „Be smart – don’t start“lautet das namensgebe­nde Motto einer dieser Kampagnen, die als Wettbewerb organisier­t ist. Schulklass­en können sich dafür anmelden und durch konsequent­es Nichtrauch­en auf Preise hoffen. Vier siebte Klassen der Realschule in Mering haben neben dutzenden weiteren Klassen aus Schwaben am jüngsten Wettbewerb­sturnus teilgenomm­en. Um vor den Folgen legaler und illegaler Drogen zu warnen, lädt die Schulleitu­ng jedes Jahr Mitarbeite­r des Kreisjugen­damtes AichachFri­edberg ein, die mit den Schülerinn­en und Schülern der achten Klassen über Themen wie Sucht und Selbsthoch. kontrolle sprechen. Unter dem Motto „Klik – Klar im Kopf“geht es dabei auch um das Rauchen. „Die Workshops werden gut angenommen“, sagt Graf.

Im Laufe des vergangene­n Jahrzehnts hat sich unter Jugendlich­en eine Trendwende bemerkbar gemacht, wie Ute Maiterth von der Realschule Aichach beobachtet hat. „Rauchen ist out“, sagt die Lehrerin, eine gesunde, „cleane“Lebensweis­e hingegen in Mode. Seit 2007 ist das Aichacher Schulzentr­um rauchfrei, auf die Einhaltung dieser Regel wird streng geachtet. Das Verbot gilt auch für volljährig­e Schüler, und die wenigen Raucher im Lehrerkoll­egium halten sich ebenfalls daran. Gelegentli­ch treffe eine Lehrkraft jedoch auf Schülergru­ppen, die sich hinter Hecken oder auf benachbart­en Grundstück­en zur Raucherpau­se treffen. Wer mit einer Zigarette in der Hand erwischt wird, erhält zunächst einen Verweis, den bei minderjähr­igen Schülern die Eltern unterschre­iben müssen. Beim nächsten Verstoß steht ein Besuch bei der Schulleitu­ng an, auch ein Termin bei der Suchtberat­ung kann als Konsequenz folgen. „So weit hat es aber bisher niemand gebracht“, sagt Maiterth. „In den Augen vieler junger Menschen ist Rauchen nicht mehr rebellisch oder cool, sondern ekelhaft und abstoßend“, berichtet die Lehrerin. Neben den steigenden Tabakpreis­en ist Maiterth zufolge auch deshalb ein starker Rückgang bei den jugendlich­en Rauchern bemerkbar.

Statt Zigaretten hätten junge Leute jedoch etwas anderes in jeder freien Sekunde zwischen den Fingern: das Smartphone. In den Pausen, zwischen den Schulstund­en sowie vor und nach dem Unterricht werden die Geräte aus den Hosentasch­en gezogen. „Das ist die neue Sucht unter den Jugendlich­en“, sagt Maiterth. Mats Hummels ist mehrfacher deutscher Meister und Weltmeiste­r. Bei der WM in Russland möchte der Abwehrspie­ler der deutschen Mannschaft den Titel verteidige­n. Eine Auszeichnu­ng hat der 29-jährige Fußballer allerdings nicht: das Abitur. In seiner Jugend vereinbart­e Hummels seine Leidenscha­ft für den Fußball und die Schule so gut es ging. Als er mit 18 Jahren seinen ersten Profivertr­ag beim FC Bayern erhielt, war die Doppelbela­stung zu groß. Als Profisport­ler hatte Hummels auch vormittags Training und so gab es viele Überschnei­dungen mit seinem Stundenpla­n. Der Fußballer beendete deshalb seine Schullaufb­ahn ohne Abitur in der zwölften Klasse und konzentrie­rte sich auf seine Fußballkar­riere. Das sei natürlich riskant gewesen, erklärt er ein paar Jahre später.

Zu seinen Lieblingsf­ächern zählte Spanisch und natürlich Sport. Was nicht hieß, dass er als Sportler ausschließ­lich gute Noten bekam: Im Leistungsk­urs Sport habe er nicht immer für die Klausuren gelernt und auch einmal null Punkte bekommen, verriet Hummels. In der Praxis lief es dagegen besser. Probleme hatte der Fußballer in den Naturwisse­nschaften. Gut, dass er die beim Fußballspi­elen nicht braucht. (ring) Wir haben euch gefragt, wie die Mittagsver­pflegung an euren Schulen aussieht. Gibt es in eurer Mensa labbrige Nudeln oder knackige Salate? Spielt gesunde Ernährung im Unterricht eine Rolle? Hier sind einige Auszüge eurer Zuschrifte­n: ● Besonders von der

(Kreis Donau-Ries) haben uns viele E-Mails erreicht. Die

sind geteilter Meinung über das Essen an ihrer Schule. „Ich habe bis jetzt noch nie in der Mensa gespeist, was an der fehlenden Allergenea­uskunft liegt“, erklärt

schmeckt das Essen in der Schulmensa. Er bemängelt jedoch, dass es wenig Auswahl für Vegetarier gibt und das Essen seiner Meinung nach zu teuer ist. Auch isst gerne in der Schule, weil durch die große Auswahl für jeden Geschmack etwas dabei sei. „Die schlechte Seite der Mensa ist, dass es ab der zweiten Stunde Schokolade und andere Süßigkeite­n gibt“, schreibt sie. isst normalerwe­ise mittags zu Hause. An der Schulmensa gefällt ihm nicht, dass die Tische einen etwas klebrigen Eindruck machen. ●

sind nicht zufrieden mit der Mittagsver­pflegung an ihrer Schule: „Es gibt zwar zwei Angebote, normal und vegetarisc­h und für die Muslime Putenfleis­ch, doch das Essen schmeckt so fad und aufgetaut. Nach dem Mittagesse­n fühlen sich viele müde und haben keine Lust mehr, Hausaufgab­en zu machen. Wir wünschen uns frisches, gut gewürztes Essen und mehr Obst und Gemüse.“●

ist zufrieden mit dem Essen in ihrer Mensa: „Ich persönlich finde das Essen sehr gut. Nach dem Essen fühle ich mich fit und klar. Meine Lieblingss­peisen sind die Nudelsorte­n. In unserem Biologieun­terricht wird uns gelehrt, dass gesunde Ernährung sehr wichtig ist. Wir versuchen uns gesund zu ernähren. Die Mensa bräuchte nur mehr Getreidepr­odukte und Kartoffeln.“(ring)

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Archivfoto: Ulrich Wagner Oberstufen­schüler durften vor einigen Jahren noch auf dem Schulgelän­de rauchen. Inzwischen gilt an den staatliche­n Schulen in Bayern ein Rauchverbo­t. Viele Lehrkräfte ha ben einen Wandel des Raucher Images festgestel­lt.
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Foto: Bernhard Weizenegge­r
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Mats Hummels

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