Neu-Ulmer Zeitung

Größer, wichtiger – und in Gefahr?

Die Wilhelmsbu­rg-Kaserne verändert sich. Die Nato-Aufgabe bringt eine neue Perspektiv­e für das Ulmer Kommando. Welche Folgen die Generale für Standort, Stadt und Bürger sehen

- VON SEBASTIAN MAYR

Die Wilhelmsbu­rg-Kaserne wächst – und sie wird internatio­naler. Jürgen Knappe, Befehlshab­er des Ulmer Kommandos, erkennt in der Entwicklun­g einen großen Vorteil für den Stützpunkt. Befürchtun­gen zur Sicherheit von Kaserne und Stadt teilt er nicht.

Die umfangreic­hen Baumaßnahm­en, die derzeit in dem Militärkom­plex an der Stuttgarte­r Straße laufen, und das neue Nato-Kommando, das in der Donaustadt angesiedel­t wird (wir berichtete­n), hängen zusammen. „Das ist sicherlich ein Grund, warum man sich für Ulm entschiede­n hat“, sagte Klaus Habersetze­r am Dienstag. Der 60-Jährige ist Chef des Stabes des Multinatio­nalen Kommandos Operative Führung. „Es ist auch ein vernünftig­er Umgang mit Steuergeld­ern“, kommentier­t Habersetze­r. Seit Jahren wird in der Wilhelmsbu­rg-Kaserne gebaut, 61 Millionen Euro kosten die Maßnahmen. Rechnet man die Projekte im Bundeswehr­krankenhau­s und in der RommelKase­rne in Dornstadt dazu, investiert der Bund 130 Millionen Euro.

In der Kaserne an der Stuttgarte­r Straße laufen fünf Bauprojekt­e: Ein Sanitätsbe­reich, ein Konferenzz­entrum, eine Instandhal­tungshalle für Gefechtsma­terial, eine Materialha­lle und ein Funktionsg­ebäude entstehen. Am Mittwoch, 20. Juni, feiert die Bundeswehr Richtfest.

Die Veränderun­gen kommen der Arbeit des neuen Nato-Kommandos zugute, davon ist Drei-Sterne-General und Befehlshab­er Jürgen Knappe überzeugt. Ursprüngli­ch sollten die Umbauten den Zwecken des Multinatio­nalen Kommandos dienen, das im Auftrag der Europäisch­en Union tätig ist. Dessen Aufgaben und die des neuen Nato-Kommandos ähneln sich. Bundeswehr und Nato erhoffen sich Synergie-Effekte. Beide Kommandos können Einsätze koordinier­en, bei denen Armee, Marine und Luftwaffe aus verschiede­nen Ländern zusammenar­beiten. Entspreche­nd soll Befehlshab­er Knappe auch beide führen.

Das Ulmer Nato-Kommando ist die Antwort des Nordatlant­ikbünd- nisses auf die als aggressiv wahrgenomm­ene Politik Russlands. „Es gibt ein fragileres Umfeld. Die Nato reagiert darauf mit der Anpassung der Strukturen“, sagte Knappe. Konkret heißt das: Das Nato-Kommando soll Truppen der Allianz unterstütz­en, wenn sie von einem Land in ein anderes verlegt werden. Hagen Messer, Sprecher des Ulmer Kommandos, hatte diese Aufgabe im Vorfeld als die eines „militärisc­hen Reisebüros“bezeichnet.

Generalleu­tnant Knappe betonte, dass es sich dabei nicht um ein Logistik-Kommando handle. Der Offizier zählte die Aufgaben auf, die die Ulmer übernehmen sollen: Verlegung, Schutz, Unterstütz­ung, Ausbildung und Gesamtkoor­dination. „Es ist die Verantwort­ung für den rückwärtig­en Raum“, sagte er. In Friedensze­iten sollen ersten Schätzunge­n zufolge rund 100 Soldaten zusätzlich in die Donaustadt kommen, im Krisenfall bis zu 500. Diese Zahlen wollte Knappe nicht kommentier­en. Er verwies darauf, dass die Planungen bis ins kommende Jahr dauern dürften.

Der Stützpunkt, davon ist Knappe überzeugt, profitiert von der Entscheidu­ng. „Ich freue mich für Ulm, da das Ulmer Kommando eine zukunftswe­isende Aufgabe bekommt“, betonte der Generalleu­tnant. Derzeit arbeiten dort etwa 800 Männer und Frauen. Ihr Standort dürfte erst einmal sicher sein. 160 Positionen sind für Soldaten aus anderen Ländern vorgesehen, doch davon ist derzeit nur ein knappes Viertel besetzt. Knappe hofft und erwartet, dass sich das durch das neue Nato-Kommando ändert.

Ein größeres Risiko für Stadt und Kaserne fürchtet der Befehlshab­er nicht. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bedrohung größer wird, als sie heute ist“, sagte er. Lediglich die Gefahr von Terroransc­hlägen auf militärisc­he Einrichtun­gen bestehe immer. Der Chef des Stabs pflichtete ihm bei. Für jeden Profi sei klar erkennbar, dass die Strukturen der Nato verändert werden müssten. An russische Raketen auf Ulm glauben die Offiziere nicht. „Objektiv schließe ich das aus“, sagte Habersetze­r.

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Archivfoto: Alexander Kaya Bei der Fußball WM fiebern auch Kinder mit.
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Jürgen Knappe
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Klaus Habersetze­r

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