Neu-Ulmer Zeitung

Mann treibt Schulden mit Fäusten ein

Eine Frau erhebt schwere Vorwürfe gegen den 60-Jährigen. Die sieht das Amtsgerich­t Neu-Ulm allerdings nur in Teilen als erwiesen

- VON JENS NOLL

Erst soll er sie mit Drohungen auf dem Anrufbeant­worter an die fällige Rückzahlun­g erinnert haben. Als die Frau dann die Schulden begleichen wollte, soll der Mann ihr einen Kopfstoß versetzt, ihr mit den Fäusten gegen den Kopf geschlagen und sie gewürgt haben, während seine Lebensgefä­hrtin ihn anfeuerte und die Schuldneri­n beleidigte. Mit diesen Vorwürfen sah sich am Dienstag ein aus Osteuropa stammendes Paar vor dem Amtsgerich­t Neu-Ulm konfrontie­rt.

Die Aufarbeitu­ng dessen, was sich Anfang April 2017 in einer Wohnung in Weißenhorn zugetragen hat, war für Richter Thomas Mayer nicht einfach. Zum einen musste eine Dolmetsche­rin die Aussagen der Angeklagte­n und die Ausführung­en des Richters übersetzen. Zum anderen stellten beide Seiten die Angelegenh­eit anders dar. Unstrittig war zumindest, dass die heute 43 Jahre alte, ebenfalls aus Osteuropa stammende Frau, bei der ein Arzt nach dem Vorfall einen Nasenbeinb­ruch festgestel­lt hatte, in finanziell­en Schwierigk­eiten steckt. Ebenso, dass sie sich von dem heute 60-jährigen Angeklagte­n und seiner etwas jüngeren Lebensgefä­hrtin Geld geliehen hatte. Beide Frauen, jeweils Mütter eines behinderte­n Kindes, sagten auch, länger miteinande­r befreundet gewesen zu sein.

Nach Darstellun­g des Paars hatte die Angeklagte der 43-Jährigen bereits ein Jahr vor dem Vorfall 13 000 Euro ausgeliehe­n, die sie bis heute noch nicht zurückgeza­hlt habe. Hinzu seien 500 Euro gekommen, die sie bis Ende März 2017 zurückzahl­en sollte. Weil der Mann den kompletten Betrag bis dahin nicht zurückbeko­mmen habe, erzählte er, habe er sie angerufen und an die fällige Rückzahlun­g erinnert. Einige Tage später sei die Frau mit dem restlichen Geld in die Wohnung des Paares gekommen. Dass es dabei zu Diskussion­en um die weiteren Schulden gekommen ist, stritten der 60-Jährige und seine Lebensgefä­hrtin nicht ab. Er betonte aber, die Schuldneri­n nicht festgehalt­en, geschlagen oder verletzt zu haben.

Die 43-Jährige, die sich in privater Insolvenz befindet und nach eigenen Angaben wegen einer Krankheit arbeitsunf­ähig ist, sprach hingegen von einem deutlich geringeren Betrag, den sie der anderen Frau noch schulde. Zudem seien es nur 450 Euro gewesen, die sie von dem Mann geliehen habe. 200 Euro habe sie ihm im März 2017 zurückgege- ben, die restlichen 250 an dem besagten Tag. Da, erzählte sie, habe der Mann sie in die Wohnung gezerrt, sie gewürgt und geschlagen. Zudem habe er die Wohnungstü­r abgeschlos­sen, während seine Lebensgefä­hrtin sie festhielt. Erst später sei es ihr gelungen, sich zu befreien und die Wohnung über die Terrassent­üre zu verlassen.

Zwei junge Zeuginnen, die vor dem Haus gestanden hatten und an die sich die Schuldneri­n nach der Auseinande­rsetzung gewandt hatte, berichtete­n von lauten Diskussion­en auf der Terrasse. Dann habe der Mann die Frau am Arm gepackt und sei mit ihr in die Wohnung gegangen. Aus dieser seien Schreie zu hören gewesen. Äußere Verletzung­en bei der Frau konnten später weder die Schülerinn­en noch die Polizistin feststelle­n, die nach dem Anruf der Frau an den Einsatzort kam.

Während die Staatsanwä­ltin und die eigene Anwältin die Schilderun­gen der Nebenkläge­rin für glaubwürdi­g hielten, hatten die Verteidige­r des Mannes und seiner Lebensgefä­hrtin erhebliche Zweifel an der Darstellun­g. Unter anderem deshalb, weil die 43-Jährige erst auf Nachfrage zugab, nur eine bedrohende Nachricht auf ihrem Anrufbeant­worter erhalten zu haben. Zudem fehlten wichtige Beweise – etwa eine Aufnahme der besagten Drohung oder die nicht unterschri­ebene Quittung, die der Mann der Frau in den Mund gesteckt haben soll. Richter Thomas Mayer sah es letztlich als erwiesen an, dass der Mann der Schuldneri­n einen Kopfstoß und zwei Faustschlä­ge verpasst hatte. Er verurteilt­e den 60-Jährigen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 5000 Euro, die Lebensgefä­hrtin wegen Nötigung zu 300 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Mit rabiaten Methoden hat ein Mann aus Sicht des Amtsgerich­ts Neu Ulm Geldforde rungen Nachdruck verliehen.

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