Entweder Merkel schwenkt auf Seehofers Kurs um – oder…
nicht ernsthaft erwogen. Die Partei will sich nicht drücken, sie will aber auch nicht nachgeben. Diskutiert wird deshalb eine schrittweise Eskalation nach ungefähr diesem Muster: Erst einmal gelte es, Nervenstärke zu zeigen, in der CDU weiter nach Verbündeten zu suchen und den Streit am Kochen zu halten. Falls Merkel in den Gesprächen mit Seehofer dennoch hart bleibt, könnte der CSU-Chef damit drohen, die umstrittene Zurückweisung von Flüchtlingen, die schon in einem anderen europäischen Staat registriert sind, einfach anzuordnen. Wenn auch diese Drohung die Kanzlerin nicht umstimmt, könnte er es tatsächlich tun. Dazu habe er als Bundesinnenminister die Kompetenz.
Erst das wäre das Ende – die Frage ist nur, für wen? Für Seehofer, weil Merkel dann faktisch gezwungen wäre, ihn zu entlassen? Für die Koalition, weil die CSU eine Entlassung ihres Chefs nicht hinnehmen könnte? Für Merkel, weil sie dann keine Mehrheit in Fraktion und Bundestag mehr hätte?
Bezeichnend für die Stimmung in der Landtags-CSU wie in der Staatsregierung ist, dass ein derartiges Szenario dort keinerlei Schrecken mehr entfaltet. Ob ein Bruch mit der Kanzlerin und CDU-Chefin der CSU langfristig nütze oder schade – wer wisse das schon? Kurzfristig aber gebe es für die CSU in Bayern keinen anderen Weg, „sonst ist die AfD irgendwann bei 20 Prozent“. Deshalb stehe fest, so heißt es aus dem Vorstand der Landtagsfraktion, dass es „eine schnelle Entscheidung geben muss“. Die Marschroute laute „maximale Konfrontation“– entweder Merkel gibt nach und schwenkt auf Seehofers Kurs in der Flüchtlingspolitik ein oder sie ist „schneller Geschichte, als ihr lieb sein kann“. Eine mögliche Kompromissformel wie zuletzt im Streit um eine Obergrenze für Flüchtlinge gebe es nicht.
Viele Freunde hatte die Bundeskanzlerin in der CSU in Bayern offenbar schon vor dem Streit über den Masterplan nicht mehr. Nach aktuellem Stand wird Merkel während des Landtagswahlkampfs nur ein einziges Mal nach Bayern kommen – Ende September auf Einladung von Theo Waigel zu einem Konzert und einer europapolitischen Diskussion ins Allgäu nach Ottobeuren.