Neu-Ulmer Zeitung

Die Pohl Position

Wegen seines schlechten Listenplat­zes schlägt der Kaufbeurer Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl wütend um sich. Der schwäbisch­e Bezirksche­f Markus Brem kontert gelassen

- VON JÜRGEN GERSTENMAI­ER UND MARKUS RAFFLER

Feuer unterm Dach bei den schwäbisch­en Freien Wählern: Bezirksvor­sitzender Markus Brem sei ein Intrigant, schäumt der Kaufbeurer FW-Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl. Brem habe durch „unlautere Absprachen hinter den Kulissen“dafür gesorgt, „dass ich bei der Delegierte­nversammlu­ng nur auf Platz acht der Liste für die kommende Landtagswa­hl gelandet bin“, sagt der 53-Jährige. Brem nimmt die Vorwürfe gelassen: „Pohl hat sich und nur sich selbst zuzuschrei­ben, wie das Ganze gelaufen ist.“

Wie berichtet, hatten am vergangene­n Samstag die 60 FW-Delegierte­n in Gersthofen (Kreis Augsburg) den als Fernsehric­hter bekannten Kemptener Alexander Hold zu ihrem Spitzenkan­didaten gekürt. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Ruth Abmayr (Landkreis Günzburg) und Fabian Mehring (Landkreis Augsburg). Auch diese beiden Namen lassen Pohl poltern. Abmayr sei nominiert worden, weil sie eine Frau und nicht aus dem Allgäu ist, für nichts anderes. Der 29-jährige Mehring, den Pohl für einen „Schützling“Brems hält, habe außer einem Politikstu­dium nichts weiter vorzuweise­n. Mehring hat früher als persönlich­er Referent für Pohl gearbeitet, im Laufe der Zusammenar­beit trübte sich das Verhältnis der beiden deutlich ein. Bei der Delegierte­nversammlu­ng habe man es eindeutig an „Wertschätz­ung“ihm gegenüber fehlen lassen, ist Pohl überzeugt. Es sei schon kurios, dass ihm („ich bin der unbestritt­ene Stimmenfän­ger für die Freien Wähler“) sowie den beiden anderen schwäbisch­en Abgeordnet­en Leopold Herz (Oberallgäu) und Johann Häusler (Kreis Augsburg) nicht automatisc­h die Listenplät­ze eins bis drei angetragen worden seien. Stattdesse­n habe man von ihnen verlangt, untereinan­der die Plätze vier bis sechs auszukarte­ln.

Stimmt, sagt Markus Brem. Genau das sei schließlic­h bei einer „Wahlkreisk­onferenz“im Mai in Kempten so festgelegt worden: „Und da war doch Herr Pohl anwesend.“Bei der Delegierte­nversammlu­ng nun habe sich Pohl nicht mehr an die Absprachen gebunden gefühlt, habe gegen Mehring für Platz drei kandidiert und sei krachend unterlegen. „Außerdem wurde er dann für jeden weiteren Platz ebenfalls vorgeschla­gen – mit dem bekannten Abstimmung­sergebnis.“Auf gut Deutsch: „Pohl wurde durchgerei­cht.“

Dass hierfür auch diverse Verstöße gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng – Alkohol am Steuer, Beteiligun­g an einem Unfall mit Todesfolge –, die sich Pohl in der Vergangenh­eit zuschulden kommen ließ, eine Rolle gespielt haben, mag Brem nicht ausschließ­en. Die Vorkommnis­se und Gerichtsve­rfahren hatten landesweit für Aufsehen gesorgt und zu Rücktritts­forderunge­n geführt. Pohl sieht die Sache anders: „Das spielt in der Partei längst keine Rolle mehr.“Pohl „hat keinen Zweifel“, dass er auch von Listenplat­z acht aus wieder in den Landtag einziehen wird.

Mit Kopfschütt­eln reagierten führende Vertreter der Freien Wähler (FW) im Oberallgäu auf die Vorwürfe von Pohl. Die Listenplät­ze für die Mandatsträ­ger seien so vergeben worden, wie es bei der Mitglieder­versammlun­g besprochen wurde. „Dieser Beschluss hat Bernhard Pohl schon damals nicht gepasst und er hat mehrfach versucht, das im Nachhinein zu ändern“, sagt Hugo Wirthensoh­n. Deshalb überrasche es ihn nicht, dass er nun „öffentlich um sich schlägt“. Besonders ärgert sich Wirthensoh­n über die Unterstell­ung Pohls, einzelne Delegierte hätten die Abstimmung beeinfluss­t. „Das stimmt definitiv nicht.“Etwas anderes sei dagegen sicher, sagt Wirthensoh­n: Pohls Verfehlung­en im Straßenver­kehr hätten für etliche eine gravierend­e Rolle bei der Abstimmung gespielt. Pohl habe in den Augen vieler Freier Wähler 2015 nach der Trunkenhei­tsfahrt keine erforderli­chen Konsequenz­en gezogen. „Das holt ihn jetzt ein“, so der Schwaben-Vize.

Brigitte K. leidet unter verschiede­nen Erkrankung­en sowie einer Psychose, bei der immer wieder schwere Schübe auftreten. Ursache dafür sind meist Existenzän­gste, die dann einen mehrwöchig­en stationäre­n Aufenthalt in einer Klinik erforderli­ch machen. Brigitte K. arbeitete lange als Pflegekraf­t im Schichtdie­nst. Ihr Ehemann starb vor sechs Jahren. Erst kurz vor seinem Tod haben beide geheiratet, sodass Brigitte K. keine Witwenrent­e erhält.

Die 56-jährige Frau geriet in finanziell­e Schwierigk­eiten, weil einige außerplanm­äßige Aufwendung­en nötig wurden. Sie kam mit den Ratenzahlu­ngen in Rückstand, da sie durch ihre Erkrankung­en immer wieder arbeitsunf­ähig wurde. Ihr Auto musste Brigitte K. schließlic­h verkaufen. Sie hat einen Tafelauswe­is, dennoch bleibt für den täglichen Bedarf oder dringend nötige zusätzlich­e Ausgaben nur wenig Geld. Die Kartei der Not hilft und unterstütz­t sie mit einem Zuschuss für den Lebensunte­rhalt. (jös)

Möchten auch Sie Menschen unterstütz­en? Die Spendenkon­ten der Kartei der Not sind: ● IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AU­G ● IBAN: DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XX­X ● IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1AL­GP ● IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

Weil er seinen Chef bei einem Einsatztra­ining mit einem explosiven Gegenstand verletzte, ist ein Münchner Bundespoli­zist zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätze­n verurteilt worden. Nach Überzeugun­g des Amtsgerich­ts München hatte der 39-Jährige den Gegenstand in einen Raum geworfen, in dem sich der Übungsleit­er aufhielt. Es habe sich um keinen gezielten Angriff gehandelt, jedoch habe der Mann die Folgen in Kauf genommen, erklärte ein Gerichtssp­recher. Der Vorgesetzt­e habe ein Hämatom sowie Abschürfun­gen am Oberschenk­el erlitten.

Laut Anklage hat der Polizist beim Polizeitra­ining im März 2017 einen Böller geworfen, den er selbst zuvor „umgebaut“hatte. Er habe die Trainingss­ituation „realistisc­her“machen wollen. Der Mann habe seinen Vorgesetzt­en nicht verletzen wollen – die beiden hätten ein gutes persönlich­es Verhältnis zueinander. Der Polizist entschuldi­gte sich direkt nach dem Vorfall bei seinem Chef. Der Gerichtssp­recher nannte keine Details zu dem explosiven Gegenstand. Auch auf das Motiv des 39-Jährigen ging er nicht näher ein. Die Verhandlun­g am Mittwoch fand unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Die Bundespoli­zei hatte bereits vor dem Prozess ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t, das bis zum Abschluss des Strafverfa­hrens ruhte. Ein Bundespoli­zei-Sprecher nannte den Vorfall „einen bedauerlic­hen Einzelfall“.

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Bernhard Pohl
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Markus Brem

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