Neu-Ulmer Zeitung

Straßenaus­baubeiträg­e: Der Ärger geht weiter

In zahlreiche­n Kommunen beschweren sich Bürger, die im Vorfeld von Baumaßnahm­en zur Kasse gebeten wurden

- VON MICHAEL BÖHM

Jetzt sind sie also weg, die Straßenaus­baubeiträg­e, um die seit Jahr und Tag so herrlich gestritten wurde. Am Donnerstag beschloss der Landtag eine entspreche­nde Gesetzesän­derung, wonach Kommunen künftig Grundstück­seigentüme­r nicht mehr an den Kosten für den Ausbau einer Straße zur Kasse bitten dürfen. Rückwirken­d zum 1. Januar 2018. Also alles gut? Mitnichten. Auch mit der – von den Freien Wählern mit einem initiierte­n Volksbegeh­ren provoziert­en – Abschaffun­g der „Strabs“ist noch längst nicht aller Ärger verflogen. Das zeigt ein Blick in die Region.

So grummelt es beispielsw­eise in Illertisse­n (Landkreis Neu-Ulm) noch ganz gehörig. Insbesonde­re im Stadtteil Jedesheim, wo dutzende Grundstück­seigentüme­r derzeit über die neue Regelung schimpfen. Weil die Straße vor ihrem Anwesen saniert und ausgebaut werden sollte, wurden sie von der Stadt – wie dort üblich und noch weit bevor klar war, dass den Ausbaubeit­rägen das Aus droht – vor die Wahl gestellt: Entweder sie zahlen ihre fälligen Beiträge in Höhe mehrerer tausend Euro auf einmal oder sie splitten die Summe auf und zahlen in zwei Raten. Der Großteil entschied sich für die sofortige Bezahlung – und schaut jetzt in die Röhre. Das Geld ist weg.

Die Anwohner, die sich für die Ratenzahlu­ng entschiede­n haben, dürfen sich dagegen freuen. Sie mussten im vergangene­n Jahr einen Teil der Kosten bezahlen. Der Rest sollte dieses Jahr folgen. Durch das neue Gesetz wird das nicht mehr zum Stichtag aber noch nicht abgeschlos­sen war.

Tatsächlic­h ist der Ärger in Illertisse­n kein Einzelfall. In zahlreiche­n Kommunen in der Region beschweren sich Bürger, die – aus ihrer Sicht ungerechtf­ertigte – Vorauszahl­ungen leisten mussten. Um das zu verhindern, hatten die Freien Wähler in ihrem Gesetzesen­twurf eine rückwirken­de Befreiung von Straßenaus­baubeiträg­en über mehrere Jahre hinweg vorgeschla­gen. Doch die CSU setzte schlussend­lich den 1. Januar 2018 als Stichtag durch.

Das macht nun auch Georg Vellinger einen Strich durch die Rechnung. Der Bürgermeis­ter der Gemeinde Buchdorf im Landkreis Donau-Ries hatte vor Monaten vollmundig angekündig­t, seinen Bürgern sämtliche in den vergangene­n 20 Jahren gezahlten Straßenaus­baubeiträg­e zurückzuza­hlen. „Das können wir uns leisten“, sagte Vellinger und ließ dafür sogar schon 1,65 Millionen Euro in den Haushalt einstellen.

Vergangene Woche bekam der Bürgermeis­ter allerdings Post aus dem Innenminis­terium: „Wir dürfen das Geld nicht zurückzahl­en, weil die Bescheide damals rechtskräf­tig ergangen sind. Da sind mir die Hände gebunden“, erklärt Vellinger. Er will jetzt nach anderen Möglichkei­ten suchen, „wie wir unsere Bürger entlasten können“. Im Streit um die Verfüllung von mehr als 100 Jahre alten Bergbausto­llen unter Wohnhäuser­n hat die Stadt Kitzingen einen Erfolg erzielt. Das Verwaltung­sgericht Würzburg hob einen Bescheid des Bergamts Nordbayern auf, in dem die Stadt verpflicht­et worden war, teils meterhohe Hohlräume auf eigene Kosten fachmännis­ch auffüllen zu lassen. Die Stadt will jedoch erreichen, dass der Freistaat einen Großteil der Kosten übernimmt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Ungeklärt ist zudem noch, wie es mit den Stollen unter den drei Wohnhäuser­n weitergeht. Denn dass die Gänge gesichert werden müssen, stand in der Gerichtsve­rhandlung außer Frage. Vor mehr als 100 Jahren wurde in Kitzingen Kalkstein abgebaut. Jahrzehnte später wurden bei Bauarbeite­n davon stammende Hohlräume gefunden.

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