Vom Flohmarkt zum Waffenmarkt
Der Prozess gegen einen Ulmer Rentner offenbart skurrile Details. Ein Zeuge packt vor Gericht Handgranaten aus
Blühende Waffen- und Kokaingeschäfte soll ein 63-jähriger Deutscher mit seinem kroatischen Komplizen in seiner Ulmer Gartenlaube an der Donau gemacht haben, bis sein verbotener Handel aufflog. Jetzt stehen beide vor Gericht und sind von der Staatsanwaltschaft angeklagt, sogar hochgefährliche Kriegswaffen aus den Beständen der ehemaligen jugoslawischen Armee gewinnträchtig veräußert zu haben.
Die Deals flogen erst auf, als ein verdeckter Ermittler sich in die Käuferschlange einreihte, während sein Kollege die mutmaßlichen Kauftreffs in dem Schrebergarten mit dem Fernglas beobachtete.
Am ersten Verhandlungstag am Freitag der vergangenen Woche mussten sich zwei Richter fast eine Stunde lang abwechseln, um die 21 Vorstrafen des 63-jährigen ExMetzgers vorzulesen. Diese reichen bis in dessen Jugendzeit zurück und beschäftigten die Ulmer und NeuUlmer Amtsgerichte.
Immer wieder ging es um Rauschgift, Diebstahl und Körperverletzungen, die dem Angeklagten Geld- und Freiheitsstrafen bescherten – und die stets zur Bewährung ausgesetzt wurden. Jetzt geht es für den arbeitsunfähigen Rentner um andere Kaliber: Kokainhandel in der Größenordnung der beschlagnahmten Menge von mehr als 50 Gramm, Waffenhandel und Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Der 63-jährige, nach eigenen Angaben hochdepressive Angeklagte muss womöglich für mehrere Jahre hinter Gitter.
Sein 42-jähriger Mitangeklagter aus Kroatien ist nicht vorbestraft und lebte bis zu seiner Verhaftung mehr schlecht als recht von Lkw-Fahrten. Der Mann hat ausgezeichnete Kontakte nach Bosnien, genauer gesagt in die dortige Kleinstadt Orasje, wo er Hintermänner kennt, die alles Verbotene sehr preisgünstig verkaufen.
Kokain zum Beispiel, das in Deutschland für ein Vielfaches verkauft wird. Hochexplosive Handgranaten aus ehemaligen Armeebeständen in Bosnien sind dort für ei- nen Schnäppchenpreis von weniger als 100 Euro zu haben. Auch dafür wird hierzulande ein mehrere Male höherer Preis gezahlt.
Wenn sich die Anklage in der umfangreichen Beweisaufnahme bestätigt, liefen die Lauben-Geschäfte in der Nähe des Kraftwerks Böfinger Halde nicht schlecht. Eine Pistole der Marke Beretta war nicht unter 1400 Euro pro Stück zu erwerben, das Mehrfache brachten vollautoangeblich matische Sturmgewehre der Marke Kalaschnikow inklusive 200 Schuss passender Munition ein.
Die Angeklagten schwiegen auch am gestrigen Freitag zu den Vorwürfen – und hörten sich in aller Ruhe die Zeugen und einen Waffenexperten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg an. So sagte der erste Zeuge, der aus dem ehemaligen Jugoslawien stammt, aus, er habe den deutschen Angeklagten auf einem Flohmarkt in Oberschwaben getroffen. Der Zeuge hat dort einen Stand und verkauft allerlei Trödelware: kleine Modellautos und vieles mehr. Der Deutsche habe ihn, den Zeugen, in seine Laube eingeladen. Umso überraschter sei er gewesen, als er bei dem Besuch in Ulm von der Polizei am Boden gefesselt und verhaftet worden sei. Von Waffen und Drogengeschäften will der Mann nichts gehört und nichts gesehen haben, sagte er gestern im Zeugenstand. „Und ich mache doch keine solchen Geschäfte, das ist mir zu riskant“, fügte er hinzu.
Ein zweiter Zeuge aus Kroatien, der derzeit in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg wegen Drogendelikten eine sechsjährige Freiheitsstrafe absitzt, will ebenfalls nichts darüber gewusst haben. Ein abgehörtes Gespräch mit seiner Tochter, bei dem von einer Uzi-Maschinenpistole die Rede war, sei nur ein erfundener Spaß gewesen.
Schwierig gestaltete sich auch die Vernehmung der Ermittler. Einer der Polizisten hatte gestern vor Gericht die Bilder von der Observierung nicht dabei. Den anderen rügte der Verteidiger dafür, dass er nicht seinen kompletten Observierungsbericht mitgebracht hatte.
Der Waffenfachmann des Landeskriminalamtes komplettierte das Zeugenprogramm. Vor Gericht packte er die beschlagnahmten olivgrünen Mini-Handgranaten aus und gab sie den Richtern zur Besichtigung frei: hochexplosiv, aber todsicher abgesichert, wie er sagte.
Der Prozess wird am Dienstag im Schwurgerichtssaal des Ulmer Landgerichts fortgesetzt. Dann steht wieder die Frage im Raum: Wer kauft sich eine Handgranate und ein Sturmgewehr und wofür?
„Potsdam grüßt Ulm“, steht auf der digitalen Anzeige einer Straßenbahn. Am Mittwoch ist eine Tram in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam auf den Namen der Donaustadt getauft worden. Mit dabei war André Dillmann, Geschäftsführer der SWU Verkehr, die den Nahverkehr in Ulm und Neu-Ulm betreibt. Dillmann überbrachte Grüße von Oberbürgermeister Gunter Czisch und brachte den Schriftzug gemeinsam mit Jürgen Fenske, dem Präsidenten des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen, und mit Oliver Glaser und Martin Gießner, den Geschäftsführern der Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH, feierlich auf dem Platz der Einheit vor der Wilhelmsgalerie in Potsdam an.
In der brandenburgischen Stadt werden Straßenbahnfahrzeuge nach Städten benannt, in Ulm nach geschichtsträchtigen Ulmer Persönlichkeiten. (az)