Die katholische Kirche darf nicht so leichtfertig mit ihrem Geld umgehen
Die Vorgänge im Bistum Eichstätt zeigen, was sich nun dringend ändern muss. Doch trotz einiger Bemühungen fehlt es nach wie vor an echter Transparenz
Wenn die Finanzskandale der katholischen Kirche etwas Gutes haben, dann das: Der Druck zu Veränderungen steigt. Nach wie vor fallen diese nicht so aus, wie es sein müsste. Aber es gibt sie, immerhin.
So haben fast alle 27 deutschen Bistümer, zuletzt Eichstätt, ihre Vermögensverhältnisse offengelegt – wenn auch in höchst unterschiedlicher Weise. Unter Kirchenleuten ist die Einsicht gereift, dass die Glaubwürdigkeit ihrer Institution auch vom Umgang mit den Kirchenfinanzen abhängt. Mancher Amts- oder Würdenträger will dennoch nicht wahrhaben: Es sind die Skandale der Kirche, die deren öffentliches Bild maßgeblich bestimmen – mehr als jede Predigt, jedes Pfarrfest, jedes Hilfsangebot.
Skandalös ist etwa, dass im überschuldeten Erzbistum Hamburg aus Spargründen bis zu acht der 21 katholischen Schulen geschlossen werden könnten. Skandalös ist, dass im Bistum Eichstätt ein Finanzskandal spielt, bei dem es um Millionensummen geht.
In beiden Fällen ist der Kirche Systemversagen vorzuwerfen. Am Beispiel Hamburgs stellen sich die Fragen: Was kann und will sich Kirche leisten? Und: Wie weit ist es mit der Solidarität zwischen reichen und armen Bistümern her? Am Beispiel Eichstätt wird deutlich, wie verantwortungslos Einzelne sowie die Kirche insgesamt noch bis vor kurzem mit ihrem Geld umging: Dort, und nicht nur dort, fehlte es an Kontrollmechanismen, klar geregelten Verantwortlichkeiten und (externem) Sachverstand. Es herrschte Chaos.
Das System der Kirchenfinanzen muss also reformiert werden, und das schnell und nicht halbherzig. Doch nicht allein zum Ärger des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, vollzieht sich die vor vier Jahren ausgerufene „Transparenzoffensive“in finanziellen Angelegenheiten schleppend. Bis auf Weiteres bleiben die Bilanzen der Bistümer nicht vergleichbar, weil nicht in jedem Bistum alle Rechtsträger erfasst sind. Oder nach den strengen Vorschriften des Handelsgesetzbuches für Kapitalgesellschaften bilanziert wurde. Keine einheitlichen Standards, keine echte Transparenz. Ein Fakt, der gleichfalls die dringend nötige Einführung eines breiter angelegten und gerechten Finanzausgleichs zwischen allen Bistümern verhindert. Bislang gibt es Zahlungen hauptsächlich an ostdeutsche Bistümer, ein Kirchen„Soli“. Dabei ist absehbar, dass die Bistümer – die weitgehend autonom sind – zusammenrücken müssen, um ihre Angebote annähernd und in der Fläche aufrechtzuerhalten.
Die Milliardenvermögen und die trotz der hohen Zahl der Kirchenaustritte steigenden Kirchensteuereinnahmen – sie sind ja kein Selbstzweck, sondern sollen der Gesellschaft zugutekommen. Frei nach Papst Franziskus: Eine reiche Kirche für die Armen!
Noch etwas: Die Kirche muss endlich ihren Umgang mit (Finanz-)Skandalen ändern. Ganz prinzipiell. Zu lange wurde vertuscht und verschwiegen, Kritikern und Journalisten „Hetze“vorgeworfen oder von Einzelfällen gesprochen, wo offenkundig das System versagt hatte. Auch aus Eichstätt war anfangs zu hören: „Wir sind Opfer und nicht Täter.“
So etwas trägt massiv zur Entfremdung zwischen Kirche und Kirchenmitgliedern bei, einem der Hauptgründe für Austritte. Vom Essener Generalvikar stammt der Satz: „Nichts deutet darauf hin, dass sich der Trend der Kirchendistanzierung von sich aus ändert“. Umso mehr muss der Kirche daran gelegen sein, tatsächlich verantwortlich mit ihrem Vermögen und den ihr anvertrauten Kirchensteuermitteln umzugehen. Was so selbstverständlich klingt, war und ist es nicht. Das zeigen die Skandale. Zum Leitartikel „Söder will die CSU ret ten, aber er kratzt an ihrem Wertefun dament“von Uli Bachmeier vom 23. 6.: Die Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit bei den bayerischen Landtagswahlen im Herbst scheint die Triebfeder der CSU für die Zuspitzung der Asyldebatte zu sein. Angstgetrieben und machtbesessen, so scheint es, riskieren Söder, Seehofer und Co. den Bruch der Regierungskoalition und damit eine weitere lange Phase der politischen Lähmung Deutschlands und der EU. Was wäre schlimm daran, wenn Bayern ab Herbst von einer Koalition regiert würde? So was ist ein normaler demokratischer Vorgang. Nur für die anscheinend „vom Ehrgeiz (und Machtgier) zerfressenen“Herren der CSU (Seehofer über Söder, Dezember 2012) ist dies wohl der pure Albtraum.
Kaufbeuren Zu „Kirchenoberer empfiehlt: Betet für die Nationalelf!“(Panorama) vom 23. 6.: Als kritischer Protestant halte ich es für ebenso deplatziert wie auch theologisch unhaltbar, wenn der Herr Bischof es für vertretbar hält, für den Sieg unserer Nationalelf zu beten. Im zweiten Gebot heißt es: „Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz in Deinem Munde führen…“(O-Ton Luther), das gilt in besonderer Weise für einen Theologen, aber nicht nur für diesen. Es erinnert nämlich an die unsägliche, fatale Tradition, im Kriegsfall für den eigenen Sieg zu beten und Segen für die Waffen zu erflehen. Eine WM ist kein Kriegsschauplatz – oder vielleicht doch, mit aller politischen und nationalen Aufladung nur auf einem anderen Niveau? Es sei auch an die Weisheit (aus Sprüche 24, 17) erinnert: „Freue dich nicht über den Fall deines Feindes, und dein Herz sei nicht froh über seinen Sturz…“Der Unterlegene, ob im Sport oder in der Politik, verdient auch im Fall einer Niederlage immer noch Respekt. Falls das nicht mehr gilt, können wir es im Fürbittengebet auch sein lassen, um Kraft und Einsatz für andere und den Frieden in der Welt wie um Einsicht und Weisheit bei den Verantwortlichen zu bitten. Eine so vergängliche Sache wie Sieg bei einer WM gehört nicht in ein Gebet.
Augsburg