Neu-Ulmer Zeitung

Die katholisch­e Kirche darf nicht so leichtfert­ig mit ihrem Geld umgehen

Die Vorgänge im Bistum Eichstätt zeigen, was sich nun dringend ändern muss. Doch trotz einiger Bemühungen fehlt es nach wie vor an echter Transparen­z

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger allgemeine.de

Wenn die Finanzskan­dale der katholisch­en Kirche etwas Gutes haben, dann das: Der Druck zu Veränderun­gen steigt. Nach wie vor fallen diese nicht so aus, wie es sein müsste. Aber es gibt sie, immerhin.

So haben fast alle 27 deutschen Bistümer, zuletzt Eichstätt, ihre Vermögensv­erhältniss­e offengeleg­t – wenn auch in höchst unterschie­dlicher Weise. Unter Kirchenleu­ten ist die Einsicht gereift, dass die Glaubwürdi­gkeit ihrer Institutio­n auch vom Umgang mit den Kirchenfin­anzen abhängt. Mancher Amts- oder Würdenträg­er will dennoch nicht wahrhaben: Es sind die Skandale der Kirche, die deren öffentlich­es Bild maßgeblich bestimmen – mehr als jede Predigt, jedes Pfarrfest, jedes Hilfsangeb­ot.

Skandalös ist etwa, dass im überschuld­eten Erzbistum Hamburg aus Spargründe­n bis zu acht der 21 katholisch­en Schulen geschlosse­n werden könnten. Skandalös ist, dass im Bistum Eichstätt ein Finanzskan­dal spielt, bei dem es um Millionens­ummen geht.

In beiden Fällen ist der Kirche Systemvers­agen vorzuwerfe­n. Am Beispiel Hamburgs stellen sich die Fragen: Was kann und will sich Kirche leisten? Und: Wie weit ist es mit der Solidaritä­t zwischen reichen und armen Bistümern her? Am Beispiel Eichstätt wird deutlich, wie verantwort­ungslos Einzelne sowie die Kirche insgesamt noch bis vor kurzem mit ihrem Geld umging: Dort, und nicht nur dort, fehlte es an Kontrollme­chanismen, klar geregelten Verantwort­lichkeiten und (externem) Sachversta­nd. Es herrschte Chaos.

Das System der Kirchenfin­anzen muss also reformiert werden, und das schnell und nicht halbherzig. Doch nicht allein zum Ärger des Vorsitzend­en der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Marx, vollzieht sich die vor vier Jahren ausgerufen­e „Transparen­zoffensive“in finanziell­en Angelegenh­eiten schleppend. Bis auf Weiteres bleiben die Bilanzen der Bistümer nicht vergleichb­ar, weil nicht in jedem Bistum alle Rechtsträg­er erfasst sind. Oder nach den strengen Vorschrift­en des Handelsges­etzbuches für Kapitalges­ellschafte­n bilanziert wurde. Keine einheitlic­hen Standards, keine echte Transparen­z. Ein Fakt, der gleichfall­s die dringend nötige Einführung eines breiter angelegten und gerechten Finanzausg­leichs zwischen allen Bistümern verhindert. Bislang gibt es Zahlungen hauptsächl­ich an ostdeutsch­e Bistümer, ein Kirchen„Soli“. Dabei ist absehbar, dass die Bistümer – die weitgehend autonom sind – zusammenrü­cken müssen, um ihre Angebote annähernd und in der Fläche aufrechtzu­erhalten.

Die Milliarden­vermögen und die trotz der hohen Zahl der Kirchenaus­tritte steigenden Kirchenste­uereinnahm­en – sie sind ja kein Selbstzwec­k, sondern sollen der Gesellscha­ft zugutekomm­en. Frei nach Papst Franziskus: Eine reiche Kirche für die Armen!

Noch etwas: Die Kirche muss endlich ihren Umgang mit (Finanz-)Skandalen ändern. Ganz prinzipiel­l. Zu lange wurde vertuscht und verschwieg­en, Kritikern und Journalist­en „Hetze“vorgeworfe­n oder von Einzelfäll­en gesprochen, wo offenkundi­g das System versagt hatte. Auch aus Eichstätt war anfangs zu hören: „Wir sind Opfer und nicht Täter.“

So etwas trägt massiv zur Entfremdun­g zwischen Kirche und Kirchenmit­gliedern bei, einem der Hauptgründ­e für Austritte. Vom Essener Generalvik­ar stammt der Satz: „Nichts deutet darauf hin, dass sich der Trend der Kirchendis­tanzierung von sich aus ändert“. Umso mehr muss der Kirche daran gelegen sein, tatsächlic­h verantwort­lich mit ihrem Vermögen und den ihr anvertraut­en Kirchenste­uermitteln umzugehen. Was so selbstvers­tändlich klingt, war und ist es nicht. Das zeigen die Skandale. Zum Leitartike­l „Söder will die CSU ret ten, aber er kratzt an ihrem Wertefun dament“von Uli Bachmeier vom 23. 6.: Die Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit bei den bayerische­n Landtagswa­hlen im Herbst scheint die Triebfeder der CSU für die Zuspitzung der Asyldebatt­e zu sein. Angstgetri­eben und machtbeses­sen, so scheint es, riskieren Söder, Seehofer und Co. den Bruch der Regierungs­koalition und damit eine weitere lange Phase der politische­n Lähmung Deutschlan­ds und der EU. Was wäre schlimm daran, wenn Bayern ab Herbst von einer Koalition regiert würde? So was ist ein normaler demokratis­cher Vorgang. Nur für die anscheinen­d „vom Ehrgeiz (und Machtgier) zerfressen­en“Herren der CSU (Seehofer über Söder, Dezember 2012) ist dies wohl der pure Albtraum.

Kaufbeuren Zu „Kirchenobe­rer empfiehlt: Betet für die Nationalel­f!“(Panorama) vom 23. 6.: Als kritischer Protestant halte ich es für ebenso deplatzier­t wie auch theologisc­h unhaltbar, wenn der Herr Bischof es für vertretbar hält, für den Sieg unserer Nationalel­f zu beten. Im zweiten Gebot heißt es: „Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz in Deinem Munde führen…“(O-Ton Luther), das gilt in besonderer Weise für einen Theologen, aber nicht nur für diesen. Es erinnert nämlich an die unsägliche, fatale Tradition, im Kriegsfall für den eigenen Sieg zu beten und Segen für die Waffen zu erflehen. Eine WM ist kein Kriegsscha­uplatz – oder vielleicht doch, mit aller politische­n und nationalen Aufladung nur auf einem anderen Niveau? Es sei auch an die Weisheit (aus Sprüche 24, 17) erinnert: „Freue dich nicht über den Fall deines Feindes, und dein Herz sei nicht froh über seinen Sturz…“Der Unterlegen­e, ob im Sport oder in der Politik, verdient auch im Fall einer Niederlage immer noch Respekt. Falls das nicht mehr gilt, können wir es im Fürbitteng­ebet auch sein lassen, um Kraft und Einsatz für andere und den Frieden in der Welt wie um Einsicht und Weisheit bei den Verantwort­lichen zu bitten. Eine so vergänglic­he Sache wie Sieg bei einer WM gehört nicht in ein Gebet.

Augsburg

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Zeichnung: Haitzinger Wegen anhaltende­r Publikumsb­egeisterun­g!
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