Neu-Ulmer Zeitung

Die Kinder einfach mal machen lassen

Wenn die Kleinen beschließe­n, Dinge von nun an selbst zu erledigen, ist es für Mamas und Papas manchmal gar nicht so leicht, sie in Ruhe zu lassen. Warum Eltern das aber machen sollten

- Ricarda Dieckmann, dpa

Der Jackenknop­f will einfach nicht in das Loch passen. Schwups, rutscht er zwischen den Kinderfing­ern durch. Sollen Mama oder Papa sofort eingreifen? Nein, rät die Diplom-Pädagogin Susanne Mierau. Sie empfiehlt Eltern, ihre Kinder eigenständ­ig Erfahrunge­n sammeln zu lassen. „Aufgaben wie Knöpfe schließen, Schuhe binden oder alleine essen sind für Kinder anfangs natürlich schwierig und dauern dementspre­chend länger. Es ist aber eine langfristi­ge Investitio­n, damit das Familienle­ben entspannte­r wird.“Denn: Wenn die Kinder kleine Aufgaben übernehmen können, spart das Zeit und Nerven.

Auch die Kinder ziehen Vorteile daraus, wenn sie sich den Herausford­erungen des Alltags stellen. Wenn eine Aufgabe zum ersten Mal gelingt, wird das Belohnungs­zentrum im Gehirn aktiviert. Und die Kinder merken, dass sie durch ihr Verhalten etwas erreichen können. Frei nach dem Motto: Wenn ich den Knopf auf diese Weise in das Loch drücke, kann ich alleine meine Jacke schließen. Regeln Mama und Papa alles, kann das dazu führen, dass das Kind inaktiv wird.

Doch wann ist für ein Kind der richtige Zeitpunkt, um eine Aufgabe anzugehen? Was dabei zählt, ist nicht unbedingt das Alter, sondern der Entwicklun­gsstand. Eltern können ihr Kind beobachten: „Wo steht es? Womit beschäftig­t es sich? Und sich dann fragen: Wie könnte ich es herausford­ern?“, sagt Anika Wittkowski. Sie ist wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin im Arbeitsber­eich Elementar- und Grundschul­pädagogik der Universitä­t Bremen.

Wichtig dabei: Der Nachwuchs sollte weder unter- noch überfor- werden. Außerdem sollten Eltern die Signale des Kindes ernst nehmen: Wenn das Kind den Schuh und den Schnürsenk­el sieht und den Wunsch äußert, das selbst zu probieren, sollten die Eltern das nicht ignorieren, sagen die Rechtsökon­omin Danielle Graf und die Sonderpäda­gogin Katja Seide aus Wandlitz. Beide schreiben gemeinsam einen Blog über das Familienle­ben.

Kleine Herausford­erungen lassen sich dabei gut in den Familienal­ltag einbauen. Eine Möglichkei­t ist es, das Kind beim Kochen einzubezie­hen. „Es gibt extra Messer und Gemüseschä­ler für Kinder, die nicht so scharf sind“, sagt Mierau. Auch die Salatschle­uder kann für die Kleinen ein spannendes Küchengerä­t sein. Wichtig: Eltern sollten ihrem Kind die Möglichkei­t geben, den neuen Gegenstand zu erforschen – auch wenn das bedeutet, dass das Essen erst fünf Minuten später auf dem Tisch steht. Denn Kinder lernen am besten, wenn sie in einer Beschäftig­ung versinken. Dabei bilden sich neuronale Verbindung­en im Gehirn. Deshalb sollten Eltern die Kinder in diesem Flow-Zustand möglichst selten unterbrech­en, raten Graf und Seide.

Aber immer gelassen dabei zusedert hen, wie das Kind einfach macht? Das fällt vielen Eltern schwer. Was, wenn sich der Nachwuchs verletzt oder die teure Vase umreißt? Gegen die Angst hilft Vertrauen: „Das Kind wird nur Aufgaben angehen wollen, für die es sich auch bereit fühlt. Das hat die Natur so eingericht­et“, erläutert Graf. Wenn der Nachwuchs beschließt, erstmals einen Treppenauf­stieg zu wagen, solle man als Mutter oder Vater also nicht reflexarti­g mit einem „Nein“reagieren. Die Lösung? Eltern können Stufe für Stufe hinter dem Nachwuchs hergehen, um ihn notfalls aufzufange­n. Das ist ein Kompromiss, der dem Kind die eigene Erfahrung lässt, zugleich aber auch Mamas und Papas Nerven schont.

Oft klappen Dinge nicht beim ersten Versuch. Die Treppe ist zu steil oder die Nudeln fallen von der Gabel. Das kann bei den Kleinen für Frust und Wut sorgen. „Es ist wichtig, dem Kind Raum für Fehler zu geben“, sagt Elementarp­ädagogin Anika Wittkowski. Denn: Scheitern gehört zum Lernen dazu. Dies sollten Eltern dem Kind vermitteln. Mierau rät dazu, Verständni­s zu zeigen: „Man kann dem Kind sagen: ,Oh, das verärgert dich jetzt. Morgen versuchen wir es einfach noch mal, dann klappt es bestimmt.‘“

Was aber ist mit Situatione­n, in denen es schnell gehen muss? Wenn der Bus zur Kita in zehn Minuten abfährt, bleibt keine Zeit, um sich zum Beispiel ewig mit dem Jackenknop­f aufzuhalte­n. In so einer Situation dürfen Eltern ruhig eingreifen und das Ausprobier­en und Erforschen auf einen späteren Zeitpunkt verschiebe­n. Mehr Geld geben die wenigsten Chefs freiwillig her. Wer eine Lohnerhöhu­ng wünscht, muss also in der Regel das Gespräch mit dem Vorgesetzt­en suchen. Frauen fällt das oft schwerer als Männern. Verhandlun­gs-Coach Claudia Kimich rät in der Zeitschrif­t Brigitte: „Machen Sie sich Ihre eigenen Stärken klar. Nur wer seinen Wert kennt, tritt selbstbewu­sst auf.“Es lohnt sich, vorher sein Auftreten zu trainieren. Hierfür sollten sich die Verhandlun­gswilligen Kernsätze aufschreib­en und einüben. Drei Zahlen sollte man sich im Vorhinein überlegen. Ein Ideal-, ein Geht-so-Ziel und eine Schmerzgre­nze. Mit ihrer Ideal-Forderung sollten Frauen aber nicht zu schnell einknicken. Hartnäckig­keit bewährt sich. Der Facebook Messenger ist eine praktische App, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben. Weil sie aber viele sensible Daten erhebt und die Sicherheit der Kommunikat­ion fraglich ist, rät die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen von der Nutzung ab. Ganz verzichten muss man auf die Chats nicht – die Verbrauche­rschützer empfehlen den Basiszugan­g zu Facebook. Unter https://mbasic.facebook.com/ messages erreicht man die FacebookVe­rsion für Menschen ohne modernes Smartphone. Die Funktionen sind zwar eingeschrä­nkt, aber zum Lesen von Nachrichte­n reicht es. Wer sich die Login-Seite als Lesezeiche­n oder als Direkt-Link auf der Startseite des Smartphone­s speichert, spart Zeit.

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Foto: Bodo Marks, dpa Eigenständ­ig Zähne putzen? Gerade am Anfang dauert das noch relativ lange, den noch sollten die Eltern geduldig dabei zusehen.

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