Frau Merkel, Herr Seehofer: Gönnen Sie sich mal was!
Die Einigung in Europa wird den Flüchtlingsstreit nicht beenden. Dennoch sollten CDU und CSU ihre Erfolge gegenseitig anerkennen – um zusammen stark zu sein
lamentieren. Vor allem aber sollte er eine Blaupause werden für die viel gravierendere Kompromisssuche – direkt zwischen Angela Merkel und ihrem Bundesinnenminister Horst Seehofer, indirekt zwischen CDU und CSU, eine der erfolgreichsten politischen Partnerschaften der deutschen Geschichte.
Auch in deren Ringen prallen kompromisslose Ansichten aufeinander. Die jener Christsozialen, die glauben, dass Kanzlerin Merkel nicht nur massiven Rechtsbruch begangen habe, als sie die Grenzen öffnen ließ (oder, genauer gesagt: nicht verschloss). Die ihr unterstellen, seitdem eine europäische Lösung immer wieder versprochen, aber stets vertagt zu haben – und so eine Spaltung der Gesellschaft sowie den Aufstieg der AfD in Kauf genommen zu haben, selbst im boomenden Bayern, wo doch niemals eine Partei rechts von der CSU hoffähig werden sollte.
Auf der radikal anderen Seite stehen Merkelianer, die sich – unverdrossen und alternativlos – als humanitäre Großtäter feiern lassen und den Bayern vorwerfen, nur aus Panik vor dem Verlust der absoluten Mehrheit mit Ängsten der Bevölkerung zu spielen.
Die Wahrheit liegt, und das ist keine Plattitüde, dazwischen. Ja, vieles lässt sich kritisieren an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Sie hat nicht nur vor der Krise Warnzeichen ignoriert, sie hat auch in der Krise die Sorgen der Bevölkerung unterschätzt – die sich oft eben eher von Gefühlen als von Statistiken leiten lässt.
Zugleich hat Angela Merkel aber längst viele Anpassungen vollzogen. Die Zahl der Flüchtlinge ist stark gesunken und weder der soziale Friede noch unsere innere Sicherheit stehen vor dem Kollaps. Zudem treiben viele Wähler auch andere Zukunftsthemen um als nur die Flüchtlingskrise – zumal Einwanderung nötig bleiben wird, um unseren Wohlstand zu bewahren. Wirtschaftsvertreter, gerade in bayerischen Boomregionen, sind oft die größten Pragmatiker in der Flüchtlingspolitik.
Deswegen sollten beide Seiten die älteste politische Kunst praktizieren: sich gegenseitig Erfolge zuzugestehen, damit alle besser aussehen. Die CSU kann reklamieren, dass dank ihr das Thema Flüchtlingsverteilung in Europa wieder Fahrt aufgenommen hat und Merkel ihre Flüchtlingspolitik endgültig revidiert hat – und die Partei kann nun darauf drängen, dass das nun Beschlossene (anders als in den Jahren zuvor) umgesetzt wird.
Umgekehrt vermag Frau Merkel für sich zu beanspruchen, an Multilateralismus in Europa festgehalten zu haben, so mühsam und nervig dieser oft ist. Und damit letztlich die CSU an ihre stolze Tradition als Europapartei erinnert zu haben.
Gönnen sich beide Seiten so viel, würden Diskussionen über Sachfragen überflüssig. Dann könnte sich die Union wieder auf das konzentrieren, worum uns immer mehr Demokratien beneiden – noch eine erfolgreiche Volkspartei zu sein. Zum selben Thema: Jogi Löw hat leider alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann: Einen Torwart als Nummer eins mitgenommen, der kein einziges Ligaspiel in der Saison gemacht hat; dazu Leute wie Müller, Özil und Khedira, die leider den WMBonus von 2014 innehatten. Dazu kam das Theater mit Özil und Gündogan – die hätte er niemals mitnehmen dürfen … Gute Spieler wie Sané, Petersen und Wagner, die wissen, wo das Tor steht, ein Max vom FCA, der eine klasse Saison spielte, wurden nicht berücksichtigt. Es muss ein gewaltiger Umbruch her, beim Trainerteam angefangen, und diverse satte Spieler sollten von selber aus ihren Rücktritt erklären, sonst erleben wir 2020 bei der EM dasselbe Desaster.
Thannhausen Zu „Attacke auf Merkel hilft der CSU nicht“(Seite 1) vom 26. Juni: In der letzten Zeit fällt dem Leser dieser Zeitung und insbesondere bei diesen Leitartikeln auf, dass Ihre Zeitung manipulieren will. Oder soll man dies „erziehen“nennen? Tatsächlich wird die CSU zurzeit ernster genommen und auch außerhalb Bayerns als wählbar betrachtet. Dass Horst Seehofer mit dem Streitthema „Zurückweisung an der Grenze“die Meinung einer Mehrheit der Deutschen vertritt, ist meiner Meinung nach offensichtlich. Ihre Zeitung jedoch will zurückrudern, beschwichtigen, Merkel stützen. Diese Art von (regierungsfreundlicher) Meinungsmache ist nicht die Aufgabe der Presse!
Bidingen Zum selben Thema: Ich hoffe, Innenminister Seehofer und die CSU-Führung bleiben trotz des Gegenwindes der Altvorderen Waigel, Glück und Maier standhaft und setzen ihren eingeschlagenen Kurs in der Asylpolitik unbeirrt fort. Seehofers Masterplan sollte zügig und konsequent umgesetzt werden, und zwar genau so lange, bis es eine konkrete, überzeugende und gerechte Lösung auf EU-Ebene gibt. Eine gute EU-Lösung wäre unbestritten die beste Alternative, davon sind wir aber leider auch drei Jahre nach Beginn der Flüchtlingskrise weiter entfernt denn je. Wenn Kanzlerin Merkel den europäischen Partnern „guten Willen“attestiert, reicht das bei weitem nicht. Das klingt, als würde alles so weitergehen wie bisher.
Ichenhausen Zum selben Thema: Für alles wird Frau Merkel zum Sündenbock gemacht. Eigentlich habe ich Söder immer für ziemlich klug gehalten. Kaum ist er Ministerpräsident von Bayern, spielt er sich auf wie Trump – „Bayern zuerst“. Dann verbündet er sich auch noch mit einem Österreicher. Da war doch schon mal was vor über 70 Jahren, als die ganze deutsche Bevölkerung hinter diesem „Ösi“herlief. Was dabei herausgekommen ist, haben manche wohl vergessen. Ach so: Herr Söder hat ja damals noch nicht gelebt, er kennt das vielleicht nur aus Geschichtsbüchern. Ich war damals vier Jahre alt, als uns die Tschechen im Sudetenland aus „ihrem Land“geschmissen haben … Kein Mensch geht freiwillig aus seiner Heimat, wenn es einem da gut geht; aber vor Krieg läuft man eben weg. Alle gehen auf Frau Merkel los, weil sie damals 2015 diese Leute, viele Frauen und Kinder nach Deutschland gelassen hat – aber niemand sagt, was man sonst hätte machen sollen. Außer die AfD, die hätte Schießbefehl erteilt.
Ettringen Zum Kommentar „Der Plan ist nicht durchdacht“von Bernhard Junginger (Wirtschaft) vom 25. Juni: Vielen Dank für den klärenden Kommentar. Wie jedes andere von Staatsträgern entworfene oder gemanagte Projekt, so ist auch dieser Entwurf dabei, die Realität komplett zu vernachlässigen. Kreativität in einen Gesetzesentwurf einzubringen, um die schon seit vielen Jahren anhaltende Wohnungsnot bei jungen Familien zu lindern, scheint keine Prämisse zu sein. Es ist wie mit allem, was man groß angekündigt hat, um dem Wähler seine Stimme zu bekommen – aber letztendlich bleibt es doch immer bei der großen Klappe ohne die ursprünglich versprochene Wirkung.
Landsberg