Neu-Ulmer Zeitung

Wenn einer arbeitet – und sechs zuschauen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Wenn es denn stimmt, dass es der letzte Eindruck ist, der bleibenden Eindruck hinterläss­t, hat sich Moskau noch mal ganz schön ins Zeug gelegt. Hat sich von seiner schönsten Seite gezeigt – und nebenbei einige Vorurteile bestätigt.

Augenschei­nlich ist, dass im Hotelund Gaststätte­ngewerbe den Personalko­sten eher ein untergeord­neter Wert beigemesse­n wird. Anders ist kaum zu erklären, dass sich Kneipen und Bettenburg­en zwar zahlreiche Angestellt­e leisten, es aber wohl selten eine genaue Tätigkeits­beschreibu­ng für sie gibt, weshalb sie oft die Möglichkei­t haben, sich im Müßiggang zu üben. Zweifelsfr­ei ein gewinnbrin­gender Zeitvertre­ib. Und da er wohl den meisten Russen nicht fremd ist, beklagt sich auch kaum einer über Wartezeite­n, die in Deutschlan­d unter dem Schlagwort „Servicewüs­te“zusammenge­fasst werden.

Da der Kaffeeauto­mat am Morgen kein Koffein ausspucken will, wird eine Servicekra­ft gefragt, wann und ob denn wieder mit der kaffeeähnl­ichen Flüssigkei­t zu rechnen sei, die dieses Gerät ja durchaus im Stande sein soll zuzubereit­en. „No coffee.“Vielleicht gibt es ja einen anderen Automaten? „No coffee.“

Weil nörgelnde deutsche Journalist­en neben Mundgeruch und Kater zu den unliebsams­ten Erscheinun­gen am Morgen zählen, werden schließlic­h doch noch weitere Angestellt­e gerufen. Die erst mal nichts machen. Bis einem der Gedanke kommt, einen anderen Automaten hinzustell­en. Er macht das alleine. Sechs schauen zu. Er schließt ihn auch alleine an. Sechs schauen zu. Der Kaffee läuft.

Genauso wie der Lada Kalina der Reporter. Ein letztes Mal noch nach Watutinki. Katastroph­enjournali­smus. Schauen, wie das deutsche Lager abgebaut wird. Zurück im Hotel, am Hintereing­ang rein, vorbei am „Rezeptioni­sten“, der

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