Ihr Sägen bringt Segen
Kunstauktion für die Kartei der Not
Vöhringen Es ist Samstagvormittag, 10 Uhr. Unter schattigen Bäumen im Garten des Vöhringer Gasthauses Zum Griaswirt ist ein Atelier eingerichtet. Dort wollen Markus Holl und Bruno Schwägerl mit ihren Kettensägen große und kleine Kunstwerke schaffen – und diesmal werden die Unikate dann für den guten Zweck versteigert.
Dicke Stücke von Baumstämmen liegen bereits herum, zwei stehen aufrecht. Aus diesen beiden wollen Holl und Schwägerl in wenigen Minuten neue Holzplastiken formen. Manch ein Zuschauer schaut ungläubig, als die beiden Männer mit Kettensägen den großen Holzteilen zu Leibe rücken. Immerhin sind sie rund 1,50 Meter hoch und haben gut und gerne einen Durchmesser von 60 Zentimetern. Stumm staunen die Gäste – im Laufe des Tages werden es mehr als 100 – mit welcher Präzision und Liebe zum Detail aus den klobigen Holzstücken richtige Kunstwerke entstehen.
Am Abend stehen 15 Objekte bereit, einige stammen aus dem Fundus der Kettensägenkünstler, andere sind neu.
Jetzt schlägt die
Stunde von Auktionator Alois
Heinrich. Zunächst spricht er über das Leserhilfswerk unserer
Zeitung, der
Kartei der Not. Denn die Schnitzkunst soll zugunsten des Leserhilfswerks versteigert werden. Heinrich erklärt, das Besondere daran sei, dass ausschließlich Menschen in Not aus der Region geholfen werde. Dann beginnt die Versteigerung. Redegewandt, humorvoll und schlagfertig rückt er die einzelnen Stücke in den Mittelpunkt des Interesses. Und der Erfolg bleibt nicht aus: Manche Gäste ersteigern gleich mehrere Unikate. Einen Spitzenpreis erzielt unter anderem ein Adler, der einen Fisch in seinen Krallen hält. Das Kunstwerk aus Holz geht für 230 Euro an den neuen Besitzer. Nach etwas mehr als einer Stunde ist die Auktion vorbei und 1300 Euro sind in der Kasse. Markus Holl gibt zu, dass er damit nicht gerechnet hätte, und macht aus seiner Freude keinen Hehl. Es war seine Idee, eine Schnitzveranstaltung auf die Beine zu stellen. Illertissen Wie die Iller der Zukunft aussieht, ist ungewiss. Zumal die Vorstellungen der Interessensgruppen unvereinbar scheinen. Naturschützer blicken erwartungsvoll den Renaturierungsplänen der Wasserwirtschaftsämter in Donauwörth und Tübingen entgegen, die immer konkreter werden. Ihnen gegenüber steht die Firma Fontin mit Plänen für Kleinkraftwerke direkt in der Iller. Ein erstes Bauwerk zwischen Illertissen und Dietenheim ist bereits genehmigt worden. Gegen den Bau klagt jedoch, wie berichtet, der Bund Naturschutz.
Um die Naturfreunde über die aktuellen Entwicklungen zu informieren, hat Bernd Kurus-Nägele, Vorsitzender der Ortsgruppe Senden, kürzlich ein Treffen veranstaltet. Während es noch keinen Termin für den Prozess vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen gebe, wo die Klage wegen Mängel im Gutachten verhandelt werden soll, könnte nächstes Jahr mit Maßnahmen an der Iller nahe Heimertingen begonnen werden.
Peter Faigle vom „Landesbetrieb Gewässer“im Regierungspräsidium Tübingen stellte anhand eines Planes die 20 Maßnahmen vor, die innerhalb von zehn Jahren rund um Illertissen geplant sind, vor. Bei dreien sind die Vorstellungen bereits konkreter. Am weitesten ausgearbeitet sei jenes Vorhaben nahe Heimertingen, wofür schon das Planfeststellungsverfahren laufe.
Die Iller soll durch einen kleinen Seitenarm ausgeweitet und der dazwischen liegende Grund tiefer gelegt werden. Bei Hochwasser soll es so regelmäßig zu Überflutungen kommen. Profitieren würden die Natur, der Grundwasserspiegel und der Hochwasserschutz. Zudem könnten Fische, die sonst von der reißenden Flut abgetrieben werden, dorthin ausweichen.
Als Nächstes soll die Iller zwischen Vöhringen und Senden ausge- Illertissen weitet werden, wobei in das verbreiterte Flussbett große Steine – offenes Deckwerk genannt – gelegt werden. Dabei würden die unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigt, die den Hochwasserschutz und einen niedrigen Grundwasserspiegel betreffen, so der Referent. Die Pläne sollen im Herbst eingereicht werden.
Des Weiteren soll die Staustufe bei Au mit einer sogenannten Sohlgleite ausgestattet werden. Dadurch sollen auch Fische die Staustufe überwinden können. Zugleich könnte die Iller Kies, sogenanntes Geschiebe, weiterbefördern.
Insgesamt seien auf 60 Kilometern Illerlauf 59 Renaturierungsmaßnahmen angedacht. Dafür wur- den ganze 70 Millionen Euro veranschlagt, so der Referent. 50 Eingriffe würde das Land Baden-Württemberg beziehungsweise Bayern übernehmen. Für neun hätten sich Kraftwerksbesitzer bereit erklärt. Dass die Länder an einem Strang ziehen, wurde im November 2017 in einem Staatsvertrag festgelegt.
Faigle zeigte zwei Aufnahmen der Iller: Einmal das Bild eines schnurgeraden, tief eingegrabenen Flusses zwischen verbauten unzugänglichen Ufern, wie er südlich von Illertissen zu finden ist. Dann ein Foto der Iller bei Vöhringen – mit breitem Flussbett, Kiesbänken und flachen Ufern. Faigle spricht von einer „Wasserautobahn“, die sich immer tiefer in die Sohle grabe und diese zerstöre. Querbauten oder Staustufen – die älteste in der Iller stammt aus dem Jahr 1904 – sollten ein weiteres Absinken des Grundwasserspiegels verhindern. „Wir wünschen uns die Iller von 1999, was den Grundwasserspiegel betrifft“, sagte KurusNägele. Die lasse sich jedoch nicht mehr zurückholen, unter anderem wegen der Grundbesitze, die bis an die Ufer reichen.
Auch bei jenen Maßnahmen zum Zwecke der „agilen Iller“, die auf den 60 Flusskilometern als durchführbar gelten, bleiben Fragen offen. Einige davon wurden von den rund 50 Anwesenden gestellt. Etwa, inwieweit abgeholzter Wald Ausgleichsmaßnahmen erfordere. Sofern wieder Auwald nachwachse, müsse nichts ausgeglichen werden, hieß es. Eine andere Sorge galt der Mindestwassermenge. Den Kanälen, die ihr eigenes Ökosystem entwickelt hätten, könne nicht einfach Wasser entzogen werden.
Nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Auffassungen über die „Mindestwassermenge“steht der bereits genehmigte Bau zwischen Dietenheim und Illertissen – einem ersten von mehreren Kleinkraftwerken – in der Kritik. Noch hoffen die Naturschützer, mit ihrer Klage durchzukommen. Denn, wie berichtet, würden Kleinkraftwerke direkt in den Staustufen der Iller die weitergreifenden Renaturierungspläne der Länder Bayern und Baden-Württemberg zunichtemachen.