Mittelständler vor Schlosskulisse
Illertisser veranstalten zum dritten Mal den Sommerempfang des Bundes der Selbstständigen im Bezirk
Kontakte knüpfen und sich austauschen, das geht am besten in gemütlicher Runde und ohne Alltagshektik. Daher hat Erich Ferber, Ortsvorsitzender des Bundes der Selbstständigen (BDS), schwäbische Leckerbissen aus Illertissen in den Hof des Vöhlinschlosses bringen lassen, wo jetzt der Mittelstand Schwabens seinen Sommerempfang hielt. Die Band „Black Betty“aus Pfaffenhofen sorgte mit Oldies für Unterhaltung.
Dass neben Reden und Fachdebatten auch privat gesprochen wurde, gehörte zum Programm. Wann sonst habe er Zeit, sich nach dem Befinden der Kollegen zu erkundigen, so Ferber. „Wenn ich zur Eisenwarenhandlung Gössler gehe, weil ich eine Schraube brauche, ist nicht viel Zeit zum Plaudern.“Beim Sommerfest, das die Illertisser zum dritten Mal in Folge ausrichteten, schon. Zudem habe er den Anlass zu politischen Gesprächen genutzt, sagte der umtriebige Glasermeister.
Besondere Aufmerksamkeit galt der früheren Europaministerin Beate Merk. In ihrer Rede sprach sie womöglich den Veranstaltern aus dem Herzen: „Wenn eine Feier zum dritten Mal hintereinander am selben Ort stattfindet, so wird damit schon eine kleine Tradition begründet.“Und sie zeigte sich glücklich, dass das Vöhlinschloss nach Auszug des Amtsgerichts 2010 als Hochschulschloss, Museumsstandort und Tagungsort, wie etwa beim Sommerfest des BDS, bestens weitergenutzt werde. Was die Zukunft der Mittelständler betreffe, mahnte sie, sich der Digitalisierung nicht zu versperren. „Die Entwicklung lässt
sich nicht aufhalten.“Es gelte, sie als Chance zu nutzen, sogar neue Erwerbszweige könnten sich abzeichnen. Merk sagte: „Auch ich schätze die Vorteile meines Papierkalenders, allerdings neben der unabdingbaren elektronischen Variante.“Was den kürzlich eingeführten verschärften Datenschutz betreffe, versprach sie, sich für eine vernünftige Handhabung einzusetzen:
„Ohne übereilte Sanktionen oder Abmahnwelle, woran findige Anwälte verdienen.“
Auch Gabriele Sehorz, die als Präsidentin des BDS Bayern erstmals zum Fest nach Illertissen gekommen war, äußerte sich zur neuen, mit umständlichen Nachweispflichten verbundenen Vorschrift kritisch: „Es ist, als ob man uns Schlitzohrigkeit unterstellen wollte,
ehrbare Kaufleute ärgert das gewaltig.“Die Verunsicherung der Selbstständigen, die alles finanzieren müssten und das Risiko trügen, sei groß. Der Verband verspreche Unterstützung.
Landrat Thorsten Freudenberger zollte dem Mittelstand, dessen wirtschaftlicher Wert oft wenig respektiert werde, Anerkennung: „Sie sorgen dafür, dass der Kreis Geld ausgeben kann, etwa um Schulen oder Straßen zu finanzieren.“Um dem Fachkräftemangel beizukommen, halte er eine gesteuerte Zuwanderungspolitik für wünschenswert.
Als Bezirksvorsitzende und bayerische BDS-Vize-Präsidentin begrüßte Ulla Widmann-Borst Gäste aus Füssen, Kempten, Augsburg oder Günzburg. Für das Fest hätten alle mitgezahlt, die Illertisser jedoch mit dem größten Betrag. „Das ist aktiv gelebtes Netzwerk“, sagte sie.
Das war auch den Gesprächen zu entnehmen. Interessant erschienen die beruflichen Werdegänge der scheidenden Bezirksgeschäftsführerin Nicole Schwab und ihrer Nachfolgerin Marieluise Prudlo-Mößlein. Schwab war vor 13 Jahren nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in den Dienst des BDS Schwaben getreten. Nun macht sie sich als Betreiberin der Salzgrotte in Bad Wörishofen selbstständig. Dass sie diese übernehmen kann, sei über den BDS zustande gekommen, dessen Netzwerk sie mit dem einer Familie verglich. Ihre Nachfolgerin kommt aus der Finanzbranche und hatte nach Heirat und Ortswechsel einen Hochzeitsservice betrieben. Als Geschäftsführerin will sie vor allem regionale Märkte stärken, um nicht Großhändlern das Feld zu überlassen. Bis nach Mitternacht tauschten sich die Geschäftsleute aus. Malermeister Albert Vogt unterhielt sich über Schadensfälle mit einem Versicherungsexperten aus Kaufbeuren. Im Gespräch mit einem Autohändler aus Bad Wörishofen erfuhr er über dessen Branchenprobleme. Nach diesem gelungenen Fest stehe einer Wiederholung nächstes Jahr nichts entgegen, sagte Ferber.