Hat der Bund ein zweites Skandalamt?
Nach dem „Bamf“gerät die „Bima“ins Zwielicht: Warum auch die Mitarbeiter der bedeutenden Bundesanstalt für Immobilien in einem dramatischen Brandbrief um Hilfe rufen
Berlin Gibt es ein zweites Bamf bei den Behörden des Bundes? Herrschen nicht nur beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Chaos und Überforderung, sondern auch bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima, die das gesamte Immobilienvermögen sowie alle Liegenschaften des Bundes verwaltet, verwertet und auch veräußert? In einem Brandbrief an das Finanzministerium und den Haushaltsausschuss des Bundestags vom 2. Juli, der unserer Zeitung vorliegt, schlagen „die Bediensteten“der Anstalt, die SPD-Finanzminister Olaf Scholz unterstellt sind und ihren Sitz in Bonn hat, Alarm.
„Die größte Sparte FacilityManagement (FM, sie stellt ca. 4000 der 7500 Beschäftigten) klagt über ein Klima immer größer werdender Kälte und gleichzeitig über Kompetenzverlust, fehlende Personalkonzeption bis hin zu tatsächlicher Unfähigkeit, die übertragenen Aufgaben überhaupt inhaltlich bewältigen zu können“, heißt es in dem zweiseitigen Brief, dem eine dreiseitige interne Analyse des Hauptpersonalrates beigefügt ist, die im behördeninternen Intranet der Anstalt veröffentlicht wurde.
Die 2005 gegründete Bima, die an die Stelle der bis dahin bestehenden Bundesvermögensverwaltung trat, ist nach dem Recht die Eigentüme- rin der meisten inländischen Grundstücke des Bundes. Sie besitzt Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 470000 Hektar und über 36 000 Wohnungen. Hinzu kommen 4600 Dienstliegenschaften der Ministerien und nachgeordneten Behörden einschließlich der Kasernen der Bundeswehr sowie die Staatsforsten.
Zudem tritt die Bima, die sich selbst als „eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands“bezeichnet, auch als Bauherrin auf ihren Liegenschaften auf. Doch nach der Einschätzung ihrer eigenen Mitarbeiter „fehlt ihr jegliches Personalkonzept, gefolgt von einer fehlenden Strategie zum Bau, Betrieb und der Bewirtschaftung ihres nicht unerheblichen Immobilienvermögens“, wie es in dem als „Hilferuf“deklarierten Brief heißt.
Die Ursachen für die akuten Probleme würden weit zurückreichen. „Bereits die Vorgängerin – die Bundesvermögensverwaltung – blutete geistig-organisatorisch langsam aus und bildete keinen eigenen Nachwuchs einschließlich der Führungsebene mehr aus“, schreiben die Bima-Mitarbeiter. Stattdessen habe man sich Zeitvertragskräften oder nur befristet Beschäftigten bedient, „die zur Abwendung der Festanstellung nach Zeitablauf wieder zu entlassen waren“. Know-how oder Bildung seien „Fehlanzeige“. Die Folge: „Die Bediensteten der Bima quittieren die jahrelange Auszehrung mit einem hohen Krankenstand, Teilzeit bzw. Abwanderung in andere Behörden oder die freie Wirtschaft“oder fliehen „gleich in die innere Kündigung“.
Kein gutes Wort haben die Mitarbeiter der Bima für den früheren Vorstandsvorsitzenden Jürgen Gehb übrig, der von August 2010 bis Februar 2018 an der Spitze der Bima stand. Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Hessen (der im Brief als „Sonnenkönig aus Kassel und Nummer 5 der MontblancSchmarotzer-Liste der Bild“bezeichnet wird) habe mit zwei Vertrauten „ein Wolkenkuckucksheim aus steigenden Mieteinnahmen, Verkaufserlösen, Übernahmen von Dienstliegenschaften und deren Betrieb, bis hin zur Fremdverwaltung von Wohnungen“aufgebaut.
Die Rechts- und Fachaufsicht im Finanzministerium hat sich nur allzu gern von einer eloquenten Führung blenden lassen, so ein weiterer Vorwurf des Briefs, der mit „die Bediensteten der Bima“unterzeichnet ist. Mittlerweile würden die „Auswirkungen der Schönfärbe- und Stillhaltepolitik“offenbar. Auch nach Gehbs Weggang im Frühjahr hätten sich die Bedingungen nicht verbessert. So moniert auch der Hauptpersonalrat der Behörde, dass die Sachbearbeiter- und Mitarbeiterebene „einer stetig zunehmenden Flut an Aufgaben durch Projekte, Weisungen, neuen gesetzlichen Regelungen und Pflichten“ausgesetzt sei. Gleichzeitig fehle „ein strukturelles Konzept für den Personaleinsatz und die Personalentwicklung“.
Dass die Bima, die allein in deutschen Großstädten rund 230 Hektar an unbebauten Flächen besitzt, nun auch noch nach dem Koalitionsvertrag und einer Anweisung von Finanzminister
Einer der größten deutschen Immobilieneigentümer Mitarbeiter klagen über Chaos und fehlende Strategie
Scholz neue Wohnungen bauen solle, ist aus Sicht der Mitarbeiter angesichts dieser Zustände schlicht „unmöglich!!!“
Für die Opposition im Bundestag kommt der „Hilferuf“der BimaBeschäftigten nicht überraschend. „Das ist die Konsequenz der jahrelangen Personalführung von CDU und CSU – nämlich nach Parteibuch“, sagte die Haushaltsexpertin der Grünen, Ekin Deligöz, unserer Zeitung. „Die Führungsstruktur der Bima muss grundlegend überdacht werden, wir sprechen hier über grundlegende strukturelle Probleme in einer der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands, und das über Jahre.“