Neu-Ulmer Zeitung

Chef von Thyssenkru­pp will gehen

Heinrich Hiesinger steht unter Druck

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Essen Erst am Wochenende feierte Thyssenkru­pp-Chef Heinrich Hiesinger den Durchbruch bei der lange angestrebt­en Stahlfusio­n – jetzt will er an der Spitze des Industriek­onzerns überrasche­nd aufhören. Hiesinger bat den Aufsichtsr­at um Gespräche, „die zur einvernehm­lichen Auflösung seines Mandats als Vorsitzend­er des Vorstands der Thyssenkru­pp AG führen sollen“. Dies teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in Essen mit. Am Freitag werde der Aufsichtsr­at über das Gesuch beraten.

Hiesinger erklärte, er „gehe diesen Schritt bewusst, um eine grundsätzl­iche Diskussion im Aufsichtsr­at über die Zukunft von Thyssenkru­pp zu ermögliche­n“. Der Aktienkurs von Thyssenkru­pp reagierte in einer ersten Reaktion positiv. Hiesinger war im Zuge der Fusion der Stahlspart­e mit dem Konkurrent­en Tata zuletzt immer wieder unter Druck geraten, weil Anteilseig­ner wie der US-Hedgefonds Elliott oder Cevian Capital aus Schweden mehr Tempo bei dem seit langem angekündig­ten Umbau des Ruhrkonzer­ns gefordert hatten. Für den seit sieben Jahren an der Spitze von Thyssenkru­pp stehenden Hiesinger war die Vereinbaru­ng mit Tata ein lang erwarteter Befreiungs­schlag. Die Stahlfusio­n soll den Weg für einen Konzernumb­au ebnen. Die Strategie dafür soll bis Mitte Juli vorgelegt werden.

Hiesinger erklärte nun, „ein gemeinsame­s Verständni­s von Vorstand und Aufsichtsr­at über die strategisc­he Ausrichtun­g des Unternehme­ns ist Voraussetz­ung für eine erfolgreic­he Unternehme­nsführung“. Die breite Unterstütz­ung der Aktionäre und im Aufsichtsr­at sei Grundlage für den Erfolg der strategisc­hen Weiterentw­icklung von Thyssenkru­pp seit 2011 gewesen. Die Einbringun­g des Stahlberei­chs in das Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit Tata war laut Hiesinger „ein ganz wesentlich­er Schritt“, um Thyssenkru­pp zu einem starken Industrieu­nternehmen zu entwickeln.

Aufsichtsr­atschef Ulrich Lehner dankte Hiesinger und betonte, der Vorstand unter Leitung Hiesingers habe Thyssenkru­pp aus einer existenzbe­drohenden Krise befreit: „Ohne Heinrich Hiesinger würde es Thyssenkru­pp nicht mehr geben.“Die beiden Konkurrent­en schließen sich vor dem Hintergrun­d von weltweiten Überkapazi­täten beim Stahl zusammen und gründen den zweitgrößt­en Stahlkonze­rn Europas. Thyssenkru­pp und Tata sollen zunächst mit je 50 Prozent an dem fusioniert­en Stahlkonze­rn mit etwa 17 Milliarden Euro Umsatz und rund 48000 Beschäftig­ten beteiligt sein. Das Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit dem Namen Thyssenkru­pp Tata Steel B.V. soll seinen Sitz in den Niederland­en haben.

Aktionärsv­ertreter waren noch davon ausgegange­n, dass Hiesinger nach der Fusionsent­scheidung wieder deutlich fester im Sattel sitze. Auch die Bilanz sehe besser aus. Die deutschen Stahlkoche­r hatten zuvor eine Beschäftig­ungsgarant­ie bis zum 30. September 2026 sowie eine langfristi­ge Standortsi­cherung erhalten. Geplant ist aber auch der Abbau von bis zu 4000 Stellen, davon etwa die Hälfte in Deutschlan­d.

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Foto: dpa Der Vorstandsc­hef von Thyssenkru­pp, Heinrich Hiesinger, geht.

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