Meister statt Master
1600 Schüler informieren sich bei der Messe Vocatium in Neu-Ulm über ihre Traumberufe. Warum die Veranstalter vom klassischen Studium abraten
Neu Ulm Wie soll es nach dem Schulabschluss weitergehen? Diese Frage ist in der Regel die erste große Entscheidung, die junge Menschen selbstständig treffen müssen. Die Neu-Ulmer Fachmesse Vocatium will Schüler dabei unterstützen. Bis zum heutigen Freitag können sich rund 1600 Schüler aus der Region bei mehr als 60 Ausstellern aus den verschiedensten Branchen informieren und vor Ort in der RatiopharmArena erste Kontakte knüpfen. Im Idealfall ergeben sich daraus Praktika oder gar der begehrte Ausbildungsplatz.
Über 40 Prozent der jungen Besucher haben Abitur, 38 Prozent einen mittleren Abschluss und 21 Prozent einen ersten allgemeinen Schulabschluss. Die Veranstalter es, dass die Zahl der Abiturienten wie in den vergangenen Jahren relativ hoch ausfällt. „In allen Schulformen interessieren sich inzwischen viel mehr für eine Ausbildung“, sagt Verena Mahlau, Teamleiterin der Vocatium. Dennoch habe die Berufsausbildung nach wie vor ein zu schlechtes Image, sagt Silvia Geppert von der IHK Ulm. „Gerade die Eltern sind immer noch der Meinung, dass das Beste für ihre Kinder der höchste Bildungsabschluss ist.“Dabei habe sich der Arbeitsmarkt massiv verändert. Für wirtschaftliche Sicherheit sei kein Uni-Abschluss mehr notwendig, im Gegenteil: Oft könne man heute nach einer guten Ausbildung deutlich besser verdienen und habe höhere Aufstiegschancen. Wichtig sei außerdem, so sind sich die Experten von IHK, Agentur für Arbeit und der Vocatium einig, den Jugendlichen die Angst zu nehmen. Mit 16 Jahren muss man nicht wissen, was man die nächsten 40 Jahre machen will. Inzwischen sei es absolut üblich, nach einiger Zeit den Beruf wieder zu wechseln und sich anderweitig fortzubilden. Die Wahl für eine Ausbildung oder ein Studium bedeute heute keine Entscheidung fürs Leben mehr.
Neu-Ulms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg ist zudem der Auffassung, dass die Berufswelt vor einer revolutionären Veränderung stehe. Er ist sich sicher, dass es „30 Prozent der heutigen Berufe bald nicht mehr gibt“. Sein Kollege Martin Bendel, Erster Bürgermeister der Stadt Ulm, pflichtet ihm bei und betont, daher könne es in der Region gar nicht genügend Informationsveranstaltungen wie die Vocatifreut um geben. Dabei denkt er auch an die Bildungsmesse auf dem Ulmer Messegelände. Sie ist die größte derartige Schau der Region mit regelmäßig mehr als 45000 Besuchern.
Die Gäste der Vocatium wissen ziemlich genau, welche Ausbildungsberufe für sie nach dem Schulabschluss am ehesten in Frage kommen. Laut Veranstalter ist auf Platz eins der beliebtesten Berufsbilder bei den jungen Messebesuchern der Industriekaufmann, gefolgt vom Auto-Vertriebskaufmann, dem Polizeiund Zollbeamten. Viele informieren sich auch über die Möglichkeit eines Freiwilligen Sozialen Jahrs. Unter den Studiengängen, die auf der Messe vorgestellt werden, liegen Psychologie und Medizin auf den vorderen Rängen. Dahinter Sport, Entwicklungsmanagement und Journalismus.