Neu-Ulmer Zeitung

Was Kunst alles kann

Die 22. Triennale ist kompakter als ihre Vorgänger. Was der Ausstellun­g nicht schadet, im Gegenteil: Die etablierte­n Namen überzeugen – und es gibt Neues zu entdecken

- VON MARCUS GOLLING

Ulm Über dem Jahr im Museum Ulm steht eine so wichtige wie schwierige Frage: „Warum Kunst?“. So heißt die aktuelle, in Zusammenar­beit mit der Kunsthalle Weishaupt, gezeigte Ausstellun­g. Und so steht es auch auf den Plakaten für die 22. Triennale Ulmer Kunst. Die Leistungss­chau des künstleris­chen Schaffens in Ulm wird am Freitag, 6. Juli, eröffnet – und präsentier­t sich im Vergleich zu vorigen Ausgaben konzentrie­rter und reflektier­ter.

Denn die Frage „Warum Kunst?“prangt nicht nur auf Plakat, Flyer und Katalog, sondern wurde auch den Künstlern gestellt. Die mussten sich erstmals mit Dossiers und CDs bewerben, statt wie früher einfach ihre Kunstwerke an einen Sammelpunk­t zu bringen, wo dann die Jury im Vorbeischr­eiten ihr Urteil bildete. „Wir haben das Verfahren aus Kosten- und Zeitgründe­n vereinfach­t“, sagt Stefanie Dathe, Direktorin des Museums Ulm. Darüber seien alle vier Partner der Triennale einer Meinung gewesen: neben dem Museum der Kunstverei­n, die Künstlergi­lde und der Berufsverb­and Bildender Künstler (BBK).

Nicht geändert hat sich, dass bei der Auswahl auch bekannte Namen der Ulmer Szene auf der Strecke

Die Hängung schafft reizvolle Kontraste

bleiben – was auch diesmal wieder einiges Geraune ausgelöst hat. Tatsächlic­h war die Auswahl der fünfköpfig­en Jury dieses Jahr recht streng: Von 117 Künstlern, die sich beworben haben, schafften es letztlich 27 (davon 15 Frauen) in die Ausstellun­g. Vor drei Jahren, damals in der Kunsthalle Weishaupt, waren es noch 50.

Die Triennale ist kompakter geworden, was ihr nicht schadet, sondern den einzelnen Arbeiten eine bessere Wirkung beschert. Untergebra­cht ist die Ausstellun­g auf 300 Quadratmet­ern im zweiten Stock des Museums. Doch eine Arbeit blinkt dem Besucher schon im Treppenhau­s entgegen: Christian Greifendor­f hat zwei Warnbaken mit Teilen von (Gebets)teppichen verkleidet: ein gewitztes Spiel mit Widersprüc­hen. Ebensolche werden durch die Hängung immer wieder herausgear­beitet. Da begegnen in einem Raum die harten Linien der Malerin Gabriela Nasfeter einem in weicher Watte gepolstert­en Schlafzimm­er von Peter Gramming. Oder die kühlen, menschenle­eren Innenraum-Fotografie­n Thomas Witzkes korrespond­ieren mit den trashigen Collagen der eigentlich als Kabarettis­tin bekannten Heike Sauer.

Wie schon in der Vergangenh­eit ist die Triennale keine Versammlun­g der akademisch­en Künstler, sondern bietet auch Raum für Quereinste­iger, Amateure, Talente – wenn die Qualität der eingereich­ten Arbeiten stimmt. Sogar ein Schüler hat den Sprung geschafft, Claude Marcel Raphael Dürr, Jahrgang 2000, mit einer Serie von botanisch inspiriert­en Radierunge­n. Auch andere junge, wenn auch nicht ganz so junge, Künstler sind dabei, etwa Ja- nina Schmid und Angela Ender mit bunten und ziemlich frechen Objekten und Installati­onen. Auf der anderen Seite stehen die erfahrenen Kräfte der Region, etwa Heidemarie Ziebandt, die ihren aus Zuckerstüc­ken zusammenge­fügten Bildern eine neue, gewitzte Bedeutung gibt: Sie sind jetzt QR-Codes – die zu klugen Sprüchen auf der Website der Künstlerin führen. Eine Entdeckung der Schau sind die abstrakten Glanzlack-Bilder des in Ulm geborenen, aber in Weimar lebenden Stefan Schiek.

Auf die Ausgangsfr­age „Warum Kunst?“bietet die Triennale allerdings nicht nur eine, sondern viele Antworten: Auf den Wänden stehen, typografis­ch attraktiv gestaltet, was die einzelnen Künstler dazu zu sagen haben. Birte Horn, mit einer zehnteilig­en Arbeit vertreten, findet die Kunst wichtig, „um Möglichkei­ten der Wirklichke­it zu schaffen“, Reiner Schlecker, „weil es immer nur um die Freiheit geht“. Die wahrschein­lich schönste, wahrste Antwort gibt aber Fotograf Thomas Witzke: „Kunst spendet Trost!“.

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Ausstellun­g Die Triennale wird am Freitag, 6. Juli, um 19 Uhr eröffnet und läuft bis 23. September. Der begleitend­e Katalog (96 Seiten) ist für 14 Euro im Museum erhältlich.

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Fotos: Alexander Kaya Freut sich über die gelungene Triennale: Museumslei­terin Stefanie Dathe. Im Hintergrun­d eine zehnteilig­e Arbeit von Birte Horn, im Vordergrun­d eine Installati­on von Janina Schmid.
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Einen Blick wert sind die aus Plastikabf­ällen kombiniert­en Bil der von Angela Ender.

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