Angstmachen gilt nicht
Hannes Ringlstetter singt gegen die Schwarzmaler an und macht eine Menge Spaß
Ulm Man muss nicht unbedingt ein Anhänger der Zeugen Jehovas sein, um langsam das Gefühl zu bekommen: Das Ende ist nah! Ein unberechenbarer Wutnickel im Weißen Haus, Untergangpropheten von halb rechts bis ganz rechts, ein irrlichternder Bundes(spaltungs)innenminister und mediale Abgesänge auf Deutschland, wie diese Woche im Magazin Der Spiegel (Titelthema: „Es war einmal ein starkes Land“). Wo soll da noch Freude aufkommen? Bei Hannes Ringlstetter. Der streut dieser Tage einfach ein Aufmunterungsalbum mit dem Titel „Fürchtet euch nicht!“unters Volk. Und er hat damit kurz vor dem Ende der Spielzeit mit diesen Liedern im Ulmer Zelt Station gemacht – zur rechten Zeit.
Der Mann ist einer von diesen Niederbayern, die eigentlich unter Artenschutz gestellt gehören: Er ist widerständig, aber heimatverbunden, lustig, aber nicht albern, urwüchsig, aber nicht krachledern. Zuletzt war und ist er fleißig als Schauspieler („Hubert und Staller“), Comedian und Late-NightTalker im Bayerischen Rundfunk unterwegs. Deshalb hat mancher an diesem Zelt-Abend wohl vor allem Gesprochenes von ihm erwartet. Doch da Ringlstetter derzeit mit Band unterwegs ist, beschränkt er sich auf Ansagen seiner Lieder, doch die zelebriert er lustvoll und ausschweifend. Er erzählt aus seiner niederbayerischen Heimat, übers Ministrantendasein und missglückte Kunststücke mit dem Weihrauchfässchen, über die Stille, die es nicht mehr richtig gibt, über betrunkene Totengräber und den alkoholisierten Geschichtsdozenten, der minutenlang nicht merkt, dass er mit weißer Kreide auf eine weiße Projektionstafel schreibt.
Ringlstetter macht sich nicht einfach lustig, er erzählt seine Geschichten mit Sympathie und Selbstironie und fragt sicherheitshalber gleich mal ein Schwabenklischee ab: „Seid’s ihr echt so fleißig?“Die Antwort im sehr gut gefüllten Zelt fällt, nun ja, etwas unbestimmt aus. Und bei all dem kann er sich selber über eine launige Bemerkung mal eben wegschmeißen und dann breit grinsend weitermachen.
Dabei gewinnt der Abend erst so nach und nach Fahrt, denn sein erster zur Wandergitarre gesungener Appell ans Miteinander fällt noch sehr beliebig aus, der Anti-Angstmacher-Rap von „Fürchtet euch nicht!“kickt schon besser – und dann gibt es irgendwann kein Halten mehr, nicht nur wegen der ausufernden Ansage-Plaudereien.
Auch die Stücke sind gut, klassischer Liedermacher-Stoff, der nach den besten Tagen der österreichischen Barden aus den Siebzigern klingt. Die Themenpalette kommt mit Gewalt in der Familie, EheElend, Fremdenhass und schlechtem Wetter eigentlich eher unlustig daher, doch Ringlstetter und seine immerhin sieben Mitmusiker servieren das alles in einer sehr süffigen Mischung aus Lagerfeuer-Folk, Rap, Rock, Country, Volksmusik und Italo-Schmalz, mit Genuss anmoderiert und kompetent gespielt. Die Sonne, die scheint in den Texten trotzdem immer wieder durch. Mit solchen Auftritten lassen sich Angstmacherzeiten wie diese besser ertragen.