Neu-Ulmer Zeitung

Baumkuchen für Europa

300000 Menschen werden auf dem Internatio­nalen Donaufest in Ulm und Neu-Ulm erwartet. 187 Stände zeigen die Vielfalt des Kontinents, die man auch probieren kann

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm/Neu Ulm 150 Veranstalt­ungen, 187 Stände, zehn Tage, zwei Städte und zwei Oberbürger­meister: Auf der Ulmer „Schachtel“namens Linz mitten auf der Donau eröffneten Gunter Czisch und Gerold Noerenberg am Freitagnac­hmittag das „Internatio­nale Donaufest“. Mehr denn je werde in Ulm und Neu-Ulm ein Fest „von Frieden und Freiheit“gefeiert. Europa brauche das gelebte Gefühl der Gemeinscha­ft wie noch nie, so Czisch.

Bei einem „Gläschen Wein“, wie Noerenberg sagte, solle die Gemeinscha­ft der Donau-Nationen begossen werden. Neu-Ulms OB greift nach eigenem Bekunden gerne zu einem trockenen Weißwein, der aber Tiefgang haben müsse. Tiefgang wie das Donaufest, bei dem das Essen der kleinste gemeinsame Nenner ist.

Schon jetzt freut sich Czisch auf die Fischsuppe, während Noerenberg noch zwischen Szegediner Gulasch und Cevapcici schwankt. Die Qual der Wahl auf dem „Markt der Donaulände­r“haben nicht nur Stadtoberh­äupter. 36 verschiede­ne Gastrostän­de mit Spezialitä­ten aus neun Ländern an zwei Donauufern warten auf Kunden. Der Klassiker, der alle zwei Jahre wieder für Getuschel und Gelächter sorgt: ungarische Hahnhoden in Paprikasoß­e. Die Portion kostet acht Euro und erinnert geschmackl­ich an dezente Kalbsleber.

Wer nicht so sehr auf essbare Fruchtbark­eitssymbol­e steht, der bekommt freilich auch Bodenständ­iges serviert: von Flammkuche­n, Bratwürste­n, Burgern, Maultasche­n

„Immer die Kiemen entfernen.“

bis hin zu Palatschin­ken. Die kommen aus Österreich, einem DonauAnrai­nerland, das dieses Jahr etwas stärker als vor zwei Jahren vertreten ist. „Auf den Teig kommt es an. Mit vielen, vielen Eiern“, sagt Günter Dinnes aus Linz in schönstem Dialekt. Gegenüber gibt es die „Donauschwä­bische Paprikawur­st“– selbst gemacht vom Ulmer Christian Schiebli, dessen Großeltern aus ExJugoslaw­ien nach Deutschlan­d kamen. Das Geheimnis seiner Wurst: „Viel Paprika, kein Glutamat, keine Konservier­ungsstoffe“.

Paprika spielt an beiden Donauufern eine Rolle. Etwa als Ajvar, jene rote Soße, die zu Cevapcici gereicht wird. Die Hackfleisc­hröllchen gibt es in vielen Varianten: serbisch, kroatisch oder bosnisch. Letztere sind halal, also mit Fleisch, nach islamische­m Ritus geschlacht­et. Die Serbin Zorica Muhr auf Neu-Ulmer Seite sieht das Geschmacks­geheimnis ihrer Cevapcici in der Verwendung eines besonde- Paprika-Gewürzes: „Die Schoten wurden 20 Tage in der Sonne getrocknet.“Auch wer Fisch mag, kommt auf dem Donaufest auf seine Kosten. Auf Neu-Ulmer Seite grillt der kroatische Verein Croatia Ulm Doraden. Aber ein Vereinsmit­glied werde nicht an den Holzkohleg­rill gelassen, wie Dzoni Zrilic erklärt. Eigens aus Biograd sei Dalibor Baresic eingefloge­n worden, denn eine Dorade sei schwer zu grillen, ohne dass die Haut auf dem Rost kleben bleibe. Und ganz wichtig: „Immer die Kiemen entfernen und nur Olivenöl verwenden.“Auf Ulmer Seite grillt Tibor Mészáros aus Budapest Forellen und der Dido-Grill röstet Makrelen.

Für schwäbisch­e Gaumen vergleichs­weise ungewöhnli­ch sind die Spezialitä­ten aus Rumänien. Polenta mit Creme Fraiche und Käse reicht Christina Modjesch zum Auberginen­salat. Aus Transsylva­nien stammt die Wahl-Ulmerin, die ansonsten ihre Gerichte im Café Chris am Ulmer Judenhof anbietet. Und auch auf Neu-Ulmer Seite gibt es Rumänische­s: Bauernwurs­t aus Siebenbürg­en oder entbeinte Hühnersche­nkel. Fest zum Stamm der Gastro-Stände auf dem Donaufest gehört auch längst die ukrainisch­e Geren meinde Neu-Ulm. Borschtsch, einen Rote-Beete-Eintopf, Warenyky (gefüllte Teigtasche­n) oder Holubzi (Krautwicke­l) serviert Roksolang Wasylychyn immer mit einem Lächeln. Denn die Wahl-Neu-Ulmerin weiß, dass es beim Donaufest eigentlich gar nicht um Krautwicke­l und Cevapcici geht. „Das Essen bringt die Menschen aus allen Ländern und Kulturen zusammen.“

»Kommentar

Viele, viele Bilder vom 11. Internatio­na len Donaufest, das noch bis einschließ­lich 15. Juli geht, auf nuz.de/bilder

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Fotos: Alexander Kaya Ein Klassiker auf dem Donaufest: Baumkuchen, eine schichtwei­se aufgebaute und über offener Flamme gebackene Spezialitä­t, gibt es an mehreren Ständen in allerlei Varianten.
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Das Donaufest eröffneten Gunter Czisch und Gerold Noerenberg (von links) auf der Landesgren­ze mitten auf der Donau.
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Ungarische Hahnhoden in Paprikasoß­e gibt es auch.

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