Baumkuchen für Europa
300000 Menschen werden auf dem Internationalen Donaufest in Ulm und Neu-Ulm erwartet. 187 Stände zeigen die Vielfalt des Kontinents, die man auch probieren kann
Ulm/Neu Ulm 150 Veranstaltungen, 187 Stände, zehn Tage, zwei Städte und zwei Oberbürgermeister: Auf der Ulmer „Schachtel“namens Linz mitten auf der Donau eröffneten Gunter Czisch und Gerold Noerenberg am Freitagnachmittag das „Internationale Donaufest“. Mehr denn je werde in Ulm und Neu-Ulm ein Fest „von Frieden und Freiheit“gefeiert. Europa brauche das gelebte Gefühl der Gemeinschaft wie noch nie, so Czisch.
Bei einem „Gläschen Wein“, wie Noerenberg sagte, solle die Gemeinschaft der Donau-Nationen begossen werden. Neu-Ulms OB greift nach eigenem Bekunden gerne zu einem trockenen Weißwein, der aber Tiefgang haben müsse. Tiefgang wie das Donaufest, bei dem das Essen der kleinste gemeinsame Nenner ist.
Schon jetzt freut sich Czisch auf die Fischsuppe, während Noerenberg noch zwischen Szegediner Gulasch und Cevapcici schwankt. Die Qual der Wahl auf dem „Markt der Donauländer“haben nicht nur Stadtoberhäupter. 36 verschiedene Gastrostände mit Spezialitäten aus neun Ländern an zwei Donauufern warten auf Kunden. Der Klassiker, der alle zwei Jahre wieder für Getuschel und Gelächter sorgt: ungarische Hahnhoden in Paprikasoße. Die Portion kostet acht Euro und erinnert geschmacklich an dezente Kalbsleber.
Wer nicht so sehr auf essbare Fruchtbarkeitssymbole steht, der bekommt freilich auch Bodenständiges serviert: von Flammkuchen, Bratwürsten, Burgern, Maultaschen
„Immer die Kiemen entfernen.“
bis hin zu Palatschinken. Die kommen aus Österreich, einem DonauAnrainerland, das dieses Jahr etwas stärker als vor zwei Jahren vertreten ist. „Auf den Teig kommt es an. Mit vielen, vielen Eiern“, sagt Günter Dinnes aus Linz in schönstem Dialekt. Gegenüber gibt es die „Donauschwäbische Paprikawurst“– selbst gemacht vom Ulmer Christian Schiebli, dessen Großeltern aus ExJugoslawien nach Deutschland kamen. Das Geheimnis seiner Wurst: „Viel Paprika, kein Glutamat, keine Konservierungsstoffe“.
Paprika spielt an beiden Donauufern eine Rolle. Etwa als Ajvar, jene rote Soße, die zu Cevapcici gereicht wird. Die Hackfleischröllchen gibt es in vielen Varianten: serbisch, kroatisch oder bosnisch. Letztere sind halal, also mit Fleisch, nach islamischem Ritus geschlachtet. Die Serbin Zorica Muhr auf Neu-Ulmer Seite sieht das Geschmacksgeheimnis ihrer Cevapcici in der Verwendung eines besonde- Paprika-Gewürzes: „Die Schoten wurden 20 Tage in der Sonne getrocknet.“Auch wer Fisch mag, kommt auf dem Donaufest auf seine Kosten. Auf Neu-Ulmer Seite grillt der kroatische Verein Croatia Ulm Doraden. Aber ein Vereinsmitglied werde nicht an den Holzkohlegrill gelassen, wie Dzoni Zrilic erklärt. Eigens aus Biograd sei Dalibor Baresic eingeflogen worden, denn eine Dorade sei schwer zu grillen, ohne dass die Haut auf dem Rost kleben bleibe. Und ganz wichtig: „Immer die Kiemen entfernen und nur Olivenöl verwenden.“Auf Ulmer Seite grillt Tibor Mészáros aus Budapest Forellen und der Dido-Grill röstet Makrelen.
Für schwäbische Gaumen vergleichsweise ungewöhnlich sind die Spezialitäten aus Rumänien. Polenta mit Creme Fraiche und Käse reicht Christina Modjesch zum Auberginensalat. Aus Transsylvanien stammt die Wahl-Ulmerin, die ansonsten ihre Gerichte im Café Chris am Ulmer Judenhof anbietet. Und auch auf Neu-Ulmer Seite gibt es Rumänisches: Bauernwurst aus Siebenbürgen oder entbeinte Hühnerschenkel. Fest zum Stamm der Gastro-Stände auf dem Donaufest gehört auch längst die ukrainische Geren meinde Neu-Ulm. Borschtsch, einen Rote-Beete-Eintopf, Warenyky (gefüllte Teigtaschen) oder Holubzi (Krautwickel) serviert Roksolang Wasylychyn immer mit einem Lächeln. Denn die Wahl-Neu-Ulmerin weiß, dass es beim Donaufest eigentlich gar nicht um Krautwickel und Cevapcici geht. „Das Essen bringt die Menschen aus allen Ländern und Kulturen zusammen.“
»Kommentar
Viele, viele Bilder vom 11. Internationa len Donaufest, das noch bis einschließlich 15. Juli geht, auf nuz.de/bilder