Vorsicht bei zu vielen Tabletten
Kombination ist oft gefährlich
Berlin Viele Patienten nehmen laut einer Studie der Barmer Krankenkasse eine möglicherweise gefährliche Kombination von Medikamenten ein. Jeder vierte Barmer-Versicherte über 65 Jahren erhielt 2016 ein für sein Alter nicht empfohlenes Medikament. Dies geht aus dem Barmer-Arzneimittelreport 2018 hervor. Jeder vierte Barmer-Versicherte habe zudem fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig genommen. Zwei Drittel der Versicherten, die an mehreren Krankheiten leiden, sind 2016 von über drei Ärzten medikamentös behandelt worden.
Das berge ein Risiko für gefährliche Medikamenten-Kombinationen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub. Es handle sich um ein allgemeines Problem, das nicht auf Ärzte oder Apotheken zugespitzt werden könne. Neue Versorgungsstrukturen seien nötig. Für die Studie untersuchte die Barmer Daten ihrer 8,5 Millionen Versicherten.
Die Arzneimittelausgaben für Barmer-Versicherte wuchsen im Vergleich zum Vorjahr um 154 Millionen Euro auf 5,47 Milliarden Euro 2017. Der Mitautor des Arzneimittelreports, Daniel Grandt, betonte, dass die Kosten und Preise für Medikamente generell gestiegen seien. Auch werde für immer weniger Patienten mehr Geld aufgewendet. Bei Krebs-Medikamenten hat es Grandt zufolge eine Kostenexplosion gegeben. Fünf solcher Krebsmedikamente hätten innerhalb eines Jahres Mehrausgaben von 97 Millionen Euro verursacht. Viele dieser Mittel bewirkten aber keine Heilung der Kranken, mahnte Grandt. Häufig handle es sich um neue, spezielle Medikamente, die an nicht mehr als hundert Menschen getestet worden seien. Er fordere von der Politik, die Zulassungsverfahren dieser Medikamente zu verbessern.
Um die Arbeit der Ärzte zu erleichtern, hat die Barmer ein Pilotprojekt gestartet. Hausärzte bekämen mit dem Programm „Adam“automatisch Meldungen, wenn sich bei einem Patienten verschiedene Medikamente gefährlich auswirken können. (kna) Augsburg Bluthochdruck gilt hierzulande als Volkskrankheit: Etwa jeder dritte Erwachsene ist davon betroffen. Die Zahl ist erschreckend, da ein dauerhaft erhöhter Druck das Risiko für andere Krankheiten, nämlich Schlaganfälle, Herzinfarkte oder Nierenschäden, vergrößert. Gegen Bluthochdruck (Hypertonie) gibt es eine ganze Palette wirksamer Medikamente. Doch sie schlagen nicht bei allen Patienten an, außerdem haben sie teilweise Nebenwirkungen. Daneben können die Betroffenen aber auch selbst einiges tun, um das Problem in den Griff zu bekommen: „Mit natürlichen Methoden lässt sich viel erreichen“, sagt Prof. Dr. Bernhard Krämer, Präsident der Deutschen Hochdruckliga.
Eine Lebensstiländerung, die vor allem auf Gewichtsabnahme und eine gesunde, kochsalzarme Ernährung abzielt, ist dabei entscheidend. „Mit jeder dieser Maßnahmen kann man ungefähr so viel erreichen wie mit einem blutdrucksenkenden Medikament“, betont der Internist. „Voraussetzung ist aber, dass Patienten das konsequent durchhalten.“Auch Bewegung wirkt sich positiv aus: „Wir empfehlen alle Ausdauersportarten. Und die sollte man mindestens dreimal pro Woche eine halbe Stunde betreiben.“Allerdings sei die blutdrucksenkende Wirkung von Bewegung weniger gut belegt als die von Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme.
Wer nur geringfügig erhöhte Blutdruckwerte oder ein eher geringes Gesamtrisiko hat, kann durch eine Lebensstiländerung Medikamente vermeiden. Aber auch dann, wenn man Tabletten nimmt, ist sie als zusätzliche Therapie wichtig. Und wer sehr konsequent sei, habe dann durchaus eine Chance, von Medikamenten wegzukommen, meint Krämer. Bei der Bewertung naturheilkundlicher Mittel und blutdrucksenkender „Superfoods“ist er allerdings vorsichtig: In den meisten Fällen gebe es zu wenig gute Studien, um sie empfehlen zu können. „Auch pflanzliche Mittel können unerwünschte Nebenwirkungen haben“, gibt er zu bedenken. Hier die wichtigsten Ansätze:
● Ernährung Viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte, dafür relativ we- nig Kochsalz, Zucker, tierisches Fett und rotes Fleisch: Wer seine Ernährung nach diesen Grundsätzen ausrichtet, macht schon das meiste richtig. Das sind nämlich die wesentlichen Elemente der DASH-Diät („Dietary Approaches to Stop Hypertension“), die in den USA speziell für Hypertoniker entwickelt wurde. „Der Blutdruck kann dadurch wirksam gesenkt werden“, sagt Krämer. Eine groß angelegte Studie zeigte zudem, dass Menschen, die sich an der Diät orientieren, im Schnitt auch länger leben.
● Gewichtsabnahme „Etwa 80 bis 90 Prozent aller Hypertoniker sind übergewichtig“, sagt Krämer. Für sie ist Abnehmen eine effektive Methode, um den Bluthochdruck in den Griff zu bekommen. Das belegt eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration: Sie wertete dazu acht Studien mit insgesamt 2100 Teilnehmern aus. Im Schnitt nahmen die Teilnehmer durch Diäten innerhalb eines Jahres vier Kilogramm ab und konnten dadurch ihren Blutdruck beträchtlich senken. Zum Abnehmen kann auch Ausdauersport (Radfahren, Nordic Walking, Schwimmen) beitragen, der überdies gut für die Herzgesundheit ist. ● Superfoods Olivenöl, Leinsamen, Heidelbeeren, Rucola, Walnüsse: All diese Lebensmittel sollen bei erhöhtem Blutdruck günstig sein. Wie viel sie tatsächlich bewirken, ist allerdings unklar. Hinweise auf einen echten Effekt gibt es Krämer zufolge bei Roten Beten: „Bei einer kleinen Studie hat sich gezeigt, dass dadurch tatsächlich eine Blutdrucksenkung möglich ist.“
● Getränke Aus diversen Studien gibt es Hinweise, dass der regelmäßige Konsum von grünem Tee einen leichten Blutdruck senkenden Effekt hat und auch sonst der Herzgesundheit zuträglich ist. Ähnlich wirksam sollen zwei, drei Tassen Hibiskustee pro Tag sein. Auch Granatapfelsaft wurde in kleinen Studien getestet: Wer täglich ein Glas davon trinkt, kann damit seinen Blutdruck möglicherweise etwas senken. Erklären lässt sich das mit den antioxidativen Inhaltsstoffen des exotischen Tranks. Handfeste Beweise für die Wirkung dieser „Superdrinks“stehen aber aus.
● Entspannung Dass Stress den Blutdruck in die Höhe treibt, ist unbestritten „Daher ist es naheliegend, dass sich Entspannungsmethoden bei Hypertonie günstig auswirken“, sagt Krämer. „Gute Studien gibt es dazu aber nicht.“Da die Techniken jedoch Körper und Psyche insgesamt guttun, ist es einen Versuch wert: Infrage kommen etwa Yoga, progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Feldenkrais oder Meditation.
● Aderlass Hypertonie-Patienten profitieren davon, wenn sie gelegentlich zum Blutspenden gehen: Der Blutverlust wirkt bei ihnen deutlich und nachhaltig blutdrucksenkend. Wie sich das erklären lässt, ist noch unklar. „Es gibt zwei bis drei Studien, die diesen Zusammenhang recht gut belegen“, sagt Krämer. „Allerdings bräuchte man noch eine wirklich große, solide Untersuchung, um das Ganze zu untermauern.“Abgesehen davon sei Aderlass – der denselben Effekt hat wie eine Blutspende – kein Verfahren, das man uneingeschränkt empfehlen könnte. Dennoch findet Krämer die Zusammenhänge „sehr interessant“.