Neu-Ulmer Zeitung

Streift eine Raubkatze durch unsere Wälder?

Ein Luchs könnte für das tote Reh bei Osterberg verantwort­lich sein. Der Fall bleibt rätselhaft

- VON JENS CARSTEN

Landkreis Das war ein schauriger Anblick, den eine Frau kürzlich im Wald nahe Weiler bei Osterberg gemacht hat: Ein totes Rehkitz hing in einer Astgabel, der Kopf des Tieres war abgetrennt. Wie kam es zu dieser bizarren Situation? Darüber rätseln Jagdexpert­en in der Region. Eine Antwort haben sie nicht gefunden. Vermutunge­n gibt es aber durchaus. Ein Raubtier könnte das Reh gerissen haben, heißt es. Ein Fuchs. Oder gar ein Luchs. Das wirft weitere Fragen auf: Streift eine der selten gewordenen Raubkatzen durch unsere Wälder? Müssen sich Jogger und Spaziergän­ger vielleicht gar um ihre Sicherheit sorgen?

Wohl eher nicht. Das sagt Christian Liebsch, der Vorsitzend­e der Kreisgrupp­e Neu-Ulm im bayerische­n Jagdverban­d: Man könne zwar nicht ausschließ­en, dass auch mal ein Luchs durch die hiesigen Gefilde streift, aber wenn, dann wohl eher auf der Durchreise. Denn die Tiere seien hier nicht heimisch.

Es sei bekannt, dass Luchse im Osten Bayerns lebten. Mitunter war von Sichtungen im Allgäu zu hören. Und Liebsch weiß, dass vor einiger Zeit bei Ulm ein Tier entdeckt worden ist. Von einem Vorkommen in der Region habe man noch nichts gehört, sagt der Jagdexpert­e. „Wenn mal einer durchwande­rt, merkt man das meistens kaum.“Luchse seien nachtaktiv und äußerst scheu. Deshalb bekomme man die Tiere so gut wie nie zu Gesicht, sagt Liebsch. Ab und zu fingen Wildkamera­s zwar Bilder von Luchsen ein. „Die Chance auf eine direkte Sichtung geht aber gegen null.“Eine Gefahr für Menschen gehe von den Wildkatzen, trotz ihrer mitunter kräftigen Statur, keinesfall­s aus.

Nach dem Fund des Rehs bei Weiler wurde vermutet, dass ein Luchs dafür verantwort­lich sein könnte. Oder doch ein Fuchs? Dafür würde sprechen, dass der Kopf des Rehs fehlt. Denn Füchse fräßen ihre Beute Stück für Stück, weiß Liebsch. „Wenn sie einen Teil abtrennen, dann sieht das aus, wie mit einem Messer geschnitte­n.“Doch im Fall des bei Weiler gefundenen Rehs geht das Rätselrate­n wohl weiter: Unerklärli­ch bleibt, wie das tote Tier in die etwa 1,40 Meter hohe Astgabel gelangen konnte. Weder Füchse noch Luchse würden für gewöhnlich klettern, sagt Liebsch. Mitunter komme es vor, dass Rehe auf der Flucht hängen blieben – aber dann eher in Zäunen. Fraglich ist daher, ob nicht doch ein Mensch den Tod des Rehs verursacht hat. Dagegen spricht allerdings, dass das Tier keine Schussspur­en aufweist. Das hatte der zuständige Jagdpächte­r nach einer Untersuchu­ng mitgeteilt. Zu dem Fund bei Weiler will sich Kreisgrupp­enchef Liebsch konkret nicht äußern, denn der Fall sei ihm nicht gemeldet. „Das wäre reine Spekulatio­n.“Klar scheint bei alledem: Ob Luchs, Fuchs oder gar Trophäenjä­ger – ein Risiko für Jogger und Spaziergän­ger gibt es in den Wäldern bei Weiler wohl nicht.

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Symbolfoto: Ebener/dpa Scheu und selten: Luchse sind in Bayern kaum zu finden.

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