Streift eine Raubkatze durch unsere Wälder?
Ein Luchs könnte für das tote Reh bei Osterberg verantwortlich sein. Der Fall bleibt rätselhaft
Landkreis Das war ein schauriger Anblick, den eine Frau kürzlich im Wald nahe Weiler bei Osterberg gemacht hat: Ein totes Rehkitz hing in einer Astgabel, der Kopf des Tieres war abgetrennt. Wie kam es zu dieser bizarren Situation? Darüber rätseln Jagdexperten in der Region. Eine Antwort haben sie nicht gefunden. Vermutungen gibt es aber durchaus. Ein Raubtier könnte das Reh gerissen haben, heißt es. Ein Fuchs. Oder gar ein Luchs. Das wirft weitere Fragen auf: Streift eine der selten gewordenen Raubkatzen durch unsere Wälder? Müssen sich Jogger und Spaziergänger vielleicht gar um ihre Sicherheit sorgen?
Wohl eher nicht. Das sagt Christian Liebsch, der Vorsitzende der Kreisgruppe Neu-Ulm im bayerischen Jagdverband: Man könne zwar nicht ausschließen, dass auch mal ein Luchs durch die hiesigen Gefilde streift, aber wenn, dann wohl eher auf der Durchreise. Denn die Tiere seien hier nicht heimisch.
Es sei bekannt, dass Luchse im Osten Bayerns lebten. Mitunter war von Sichtungen im Allgäu zu hören. Und Liebsch weiß, dass vor einiger Zeit bei Ulm ein Tier entdeckt worden ist. Von einem Vorkommen in der Region habe man noch nichts gehört, sagt der Jagdexperte. „Wenn mal einer durchwandert, merkt man das meistens kaum.“Luchse seien nachtaktiv und äußerst scheu. Deshalb bekomme man die Tiere so gut wie nie zu Gesicht, sagt Liebsch. Ab und zu fingen Wildkameras zwar Bilder von Luchsen ein. „Die Chance auf eine direkte Sichtung geht aber gegen null.“Eine Gefahr für Menschen gehe von den Wildkatzen, trotz ihrer mitunter kräftigen Statur, keinesfalls aus.
Nach dem Fund des Rehs bei Weiler wurde vermutet, dass ein Luchs dafür verantwortlich sein könnte. Oder doch ein Fuchs? Dafür würde sprechen, dass der Kopf des Rehs fehlt. Denn Füchse fräßen ihre Beute Stück für Stück, weiß Liebsch. „Wenn sie einen Teil abtrennen, dann sieht das aus, wie mit einem Messer geschnitten.“Doch im Fall des bei Weiler gefundenen Rehs geht das Rätselraten wohl weiter: Unerklärlich bleibt, wie das tote Tier in die etwa 1,40 Meter hohe Astgabel gelangen konnte. Weder Füchse noch Luchse würden für gewöhnlich klettern, sagt Liebsch. Mitunter komme es vor, dass Rehe auf der Flucht hängen blieben – aber dann eher in Zäunen. Fraglich ist daher, ob nicht doch ein Mensch den Tod des Rehs verursacht hat. Dagegen spricht allerdings, dass das Tier keine Schussspuren aufweist. Das hatte der zuständige Jagdpächter nach einer Untersuchung mitgeteilt. Zu dem Fund bei Weiler will sich Kreisgruppenchef Liebsch konkret nicht äußern, denn der Fall sei ihm nicht gemeldet. „Das wäre reine Spekulation.“Klar scheint bei alledem: Ob Luchs, Fuchs oder gar Trophäenjäger – ein Risiko für Jogger und Spaziergänger gibt es in den Wäldern bei Weiler wohl nicht.