Neu-Ulmer Zeitung

Der Stürmer, der nicht aufs Tor schießt

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de

Früher waren die Aufgaben im Fußball klar: Wer am besten mit dem Ball umgehen konnte, durfte vorne stehen und darauf warten, von seinen krummfüßig­en Mitspieler­n den Ball serviert zu bekommen. Je mehr man im Spielfeld nach hinten schaute, desto mehr nahmen die fußballeri­schen Fähigkeite­n der einzelnen Akteure ab. Wer im Tor stand, betrachtet­e den Ball oft als seinen erklärten Feind und beschränkt­e sich darauf, das Spielgerät abzuwehren.

Das ist längst vorbei. Manuel Neuer und viele seiner TorwartKol­legen behandeln den Ball mit einer ähnlichen Sorgfalt wie ein Sternekoch seine marinierte­n Froschsche­nkel. Heute muss jeder alles können. Auch die ehemals an der Grenze zum Gewaltverb­recher wandelnde Kategorie des Abwehrspie­lers (Alter Leitsatz: Halb Mensch, halb Tier – die Nummer vier!) muss nun in der Lage sein, einen geraden Ball zu spielen. Selbst die schöngeist­igen Angreifer müssen nach hinten arbeiten.

Ein Grundsatz schien aber zu bestehen: Ein Stürmer wird an seinen Toren gemessen. Oder zumindest an seinen Versuchen, einen Treffer zu erzielen. Eben dafür scheint die eben zu Ende gegangene Weltmeiste­rschaft den Gegenbewei­s zu liefern. Im Detail geht es um Olivier Giroud. Der 31-jährige Franzose lief in allen sieben WM-Spielen als Mittelstür­mer auf und gewann bekannterm­aßen den WM-Titel.

Nur eine Sache wollte Giroud bei dem Turnier schlichtwe­g nicht gelingen: ein Torschuss. In knapp 600 Minuten Spielzeit gab der Stürmer von Chelsea London neun Schüsse ab, auf das gegnerisch­e Tor kam aber kein einziger. Ärger hat Giroud deshalb aber nicht bekommen – im Gegenteil: Trainer Didier Deschamps

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Foto: Bouys, afp Olivier Giroud ist Weltmeiste­r – und das ganz ohne Torschuss.
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