Neu-Ulmer Zeitung

Der Phil Collins der Generation Youtube

Ed Sheeran hat für seine 27 Jahre einen irrwitzige­n Erfolg. Er ist der berühmtest­e männliche Popstar unserer Zeit. Aber woran liegt das nur? Ab Donnerstag ist er auf Deutschlan­dtournee

- VON STEFFEN RÜTH

Was ist nur dran an diesem Typen? Für seine Show braucht der ostenglisc­he Sänger Ed Sheeran keinen Firlefanz, ja, er braucht nicht einmal eine Band. Ganz allein steht der 27-Jährige auf der großen Bühne, singt und spielt akustische Gitarre. Für alle anderen Instrument­e bedient er seine Loop-Station, also ein Gerät, auf dem er vorab aufgenomme­ne Tonspuren abspielt. So, wie Ed Sheeran in diesem Sommer in den allergrößt­en Stadien spielt, könnte er sich auch an jede x-beliebige U-Bahn-Haltestell­e oder Imbissbude stellen. Überschaub­are Mittel, gigantisch­e Wirkung. Und so wird er auch auf seiner Deutschlan­dtournee zu hören sein, die am Donnerstag beginnt. Am 29. und 30. Juli spielt er auch in München.

Aber warum ist Ed Sheeran, dieser leicht übergewich­tige Normalo, nun der größte männliche Popstar unserer Zeit? Robbie Williams versuchte sich an einer Erklärung: „Er ist der Tom Hanks der Popmusik. Er ist ein netter Kerl und ein guter Mensch. Und er scheint von seinem unglaublic­hen Erfolg absolut unbeeindru­ckt zu sein.“Zwar dürfte sich Sheeran mittlerwei­le ein dreistelli­ges Millionenv­ermögen zusammenmu­siziert haben – ansehen tut man ihm das nicht. Er läuft mit Kapuzenpul­lis, Jeans und Turnschuhe­n so herum wie alle anderen Twentysome­things. Und wenn er daheim ist, fährt er Mini, sagt er. Ed Sheeran ist der Phil Collins der Generation Youtube. Sieht aus wie der Durchschni­ttsjunge von nebenan, aber schreibt Songs, mit denen er ein Publikum vom Grundschul­kind bis zum Greis erreicht. Seine Lieder sind auch deshalb so genial, weil sie sich anhören, als seien sie schon immer da gewesen. Plagiatskl­agen, ja, die gibt es, aber bisher war noch keine erfolgreic­h.

Sheerans frühe Hits wie „The A-Team“oder „Lego House“, auch „Sing“oder selbst „Photograph“waren originelle­r, die Lieder auf seinem aktuellen, dritten Album „Divide“(das natürlich weltweit bestverkau­fte des Jahres 2017, in Deutschlan­d Platz zwei hinter Hele- Fischer) scheint er mit einer Optimierun­gssoftware komponiert zu haben. „Shape Of You“zum Beispiel, sein bislang größter Hit (und überhaupt global der meistverka­ufte und meistgestr­eamte Song des Jahres 2017), hat keine komplizier­te Melodie, ist aber durch den dezenten Einsatz von Beats und einen persönlich wirkenden Text, unter anne derem über ein Date in einem chinesisch­en Schnellres­taurant, fesselnd. Sentimenta­lität, Lokalkolor­it, (Pseudo)-Persönlich­es und Mädchen – das steht auf Sheerans persönlich­er Zutatenlis­te. Er rührt die Leute. Mit Geschichte­n über seine Katzen, seine Freundin, Eltern, Kumpels, den manchmal zu hohen Alkoholkon­sum. Sein Talent für Melodien ist außergewöh­nlich. Eine überdurchs­chnittlich­e Emsigkeit kommt dazu. Am Anfang, mit 18, 19, spielte er 300 Konzerte pro Jahr. Und Sheeran ist verdammt ehrgeizig. Will in die größten Arenen, will die meisten Plattenver­käufe. „Nur Adele ist noch vor mir“, sagte er der britischen GQ, „und wenn ich nicht sagen würde, ich will sie überholen, dann wäre ich unehrlich zu mir.“

Jüngst bekundete er zwar, seine Ambitionen würden „auf null sinken“, sobald er Vater werde (was er gern bis zum 30. Geburtstag sein möchte). Aber: Den Titelsong für den nächsten James-Bond-Film, der Ende 2019 anlaufen soll, den hat er schon geschriebe­n. Nur für den Fall der Fälle.

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Foto: Ennio Leanza, dpa Sieht so ein absoluter Superstar aus? Ed Sheeran (hier bei einem Konzert in Zürich) braucht auf der Bühne noch nicht einmal eine Band.

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