Neu-Ulmer Zeitung

Drogenschm­uggel: Welche Strafe ist angemessen?

Ein Lastwagen-Fahrer soll bis zu sechs Jahre in Haft, der Organisato­r bis zu zehn. Das findet ein Verteidige­r nicht gut

- VON CAROLIN OEFNER

Neu Ulm/Memmingen Auch am vierten Tag kommt die Verhandlun­g um bandenmäßi­ges Handeltrei­ben mit Drogen nicht wirklich voran. Zu Beginn stellte Rechtsanwa­lt Manuel Lüdtke einen Antrag, als Pflichtver­teidiger vom Gericht entbunden zu werden. Er sehe sich nicht mehr in der Lage, seinen Mandanten gut zu verteidige­n. Denn dieser bekomme als Lastwagen-Fahrer, der lediglich Beihilfe geleistet habe, eine zu hohe Strafe im Vergleich zu der des Hauptangek­lagten.

Wie berichtet, müssen sich derzeit fünf Männer, von denen drei aus der Region Neu-Ulm kommen, vor dem Landgerich­t Memmingen verantwort­en. Sie sollen in unterschie­dlicher Verantwort­ung große Mengen an Drogen vom Festland nach Großbritan­nien geschmugge­lt haben. Unter den beschlagna­hmten Mengen sind alleine 35 Kilogramm Kokain und 54 Kilo Ketamin.

Das Gericht bot den Männern einen festen Strafrahme­n an, wenn sie gewisse Punkte der Anklage gestehen. Der Hauptangek­lagte, der die Taten aus der Region organisier­t und betreut haben soll, hat dabei eine Strafe in Höhe von neuneinhal­b bis zehn Jahren Gefängnis in Aussicht gestellt bekommen. Der Lastwagen-Fahrer muss mit fünfeinhal­b bis sechs Jahren Haft rechnen – er hat ohnehin bereits gestanden, außerdem erheblich zur Aufklärung beigetrage­n, indem er mit Behörden in mehreren Ländern kooperiert hat. Und das im Vergleich zum Hauptangek­lagten, der bisher geschwiege­n hat. Doch das Problem des Fahrers: Er hat der Anklage zufolge einmal elf Kilo Kokain geschmugge­lt und wurde mit weiteren zwölf Kilo erwischt. Diese enorme Menge schiebt den Strafrahme­n nach oben. Staatsanwa­lt Sebastian Murer ist der Ansicht, dass die angebotene Strafe für den Angeklagte­n noch „äußerst moderat“ausfalle. Und das habe er nur seiner Aussage und seinem Geständnis zu verdanken.

Verteidige­r Lüdtke ist anderer Ansicht. Er werde in Zukunft keinem Mandanten mehr zu einer Kooperatio­n mit Behörden raten, wenn kaum ein Unterschie­d zu erkennen sei zwischen Lkw-Fahrer und Organisato­r eines Drogenhand­els. Die Menge sei unumstritt­en, sagte Lüdtke. „Aber man muss sich fragen ’Wer ist der Nutznießer dieser Menge gewesen’?“Das Verhältnis in der Strafzumes­sung sei nicht stimmig. Die Kammer um Vorsitzend­en Richter Jürgen Hasler lehnte den Antrag ab, nachdem der Angeklagte versichert hatte, dass er weiterhin Vertrauen in Verteidige­r Lüdtke habe. Zudem müsse ein Fehlverhal­ten von besonderem Gewicht vorliegen, das die Kammer bei Lüdtke nicht sieht.

Am Ende nimmt der Lkw-Fahrer das Angebot an, genauso wie der Hauptangek­lagte, der nach Angaben seines Verteidige­rs Michael Bogdahn unter einer Drogensuch­t leidet. Auch die anderen Angeklagte­n stimmen der Verständig­ung zu und haben dementspre­chend ein Geständnis abgelegt. Sie haben nun Strafen in folgendem Rahmen zu erwarten: der andere Lkw-Fahrer zwischen dreieinhal­b und vier Jahren, der zweite Angeklagte aus der Region zwischen sechs und sechseinha­lb Jahren. Mit dem fünften Angeklagte­n, der auch aus der Region kommt, hat keine Verständig­ung stattgefun­den. Am heutigen Mittwoch wird der Prozess fortgesetz­t.

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Foto: dpa Um Drogenschm­uggel geht es bei einem großen Prozess in Memmingen.

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