Drogenschmuggel: Welche Strafe ist angemessen?
Ein Lastwagen-Fahrer soll bis zu sechs Jahre in Haft, der Organisator bis zu zehn. Das findet ein Verteidiger nicht gut
Neu Ulm/Memmingen Auch am vierten Tag kommt die Verhandlung um bandenmäßiges Handeltreiben mit Drogen nicht wirklich voran. Zu Beginn stellte Rechtsanwalt Manuel Lüdtke einen Antrag, als Pflichtverteidiger vom Gericht entbunden zu werden. Er sehe sich nicht mehr in der Lage, seinen Mandanten gut zu verteidigen. Denn dieser bekomme als Lastwagen-Fahrer, der lediglich Beihilfe geleistet habe, eine zu hohe Strafe im Vergleich zu der des Hauptangeklagten.
Wie berichtet, müssen sich derzeit fünf Männer, von denen drei aus der Region Neu-Ulm kommen, vor dem Landgericht Memmingen verantworten. Sie sollen in unterschiedlicher Verantwortung große Mengen an Drogen vom Festland nach Großbritannien geschmuggelt haben. Unter den beschlagnahmten Mengen sind alleine 35 Kilogramm Kokain und 54 Kilo Ketamin.
Das Gericht bot den Männern einen festen Strafrahmen an, wenn sie gewisse Punkte der Anklage gestehen. Der Hauptangeklagte, der die Taten aus der Region organisiert und betreut haben soll, hat dabei eine Strafe in Höhe von neuneinhalb bis zehn Jahren Gefängnis in Aussicht gestellt bekommen. Der Lastwagen-Fahrer muss mit fünfeinhalb bis sechs Jahren Haft rechnen – er hat ohnehin bereits gestanden, außerdem erheblich zur Aufklärung beigetragen, indem er mit Behörden in mehreren Ländern kooperiert hat. Und das im Vergleich zum Hauptangeklagten, der bisher geschwiegen hat. Doch das Problem des Fahrers: Er hat der Anklage zufolge einmal elf Kilo Kokain geschmuggelt und wurde mit weiteren zwölf Kilo erwischt. Diese enorme Menge schiebt den Strafrahmen nach oben. Staatsanwalt Sebastian Murer ist der Ansicht, dass die angebotene Strafe für den Angeklagten noch „äußerst moderat“ausfalle. Und das habe er nur seiner Aussage und seinem Geständnis zu verdanken.
Verteidiger Lüdtke ist anderer Ansicht. Er werde in Zukunft keinem Mandanten mehr zu einer Kooperation mit Behörden raten, wenn kaum ein Unterschied zu erkennen sei zwischen Lkw-Fahrer und Organisator eines Drogenhandels. Die Menge sei unumstritten, sagte Lüdtke. „Aber man muss sich fragen ’Wer ist der Nutznießer dieser Menge gewesen’?“Das Verhältnis in der Strafzumessung sei nicht stimmig. Die Kammer um Vorsitzenden Richter Jürgen Hasler lehnte den Antrag ab, nachdem der Angeklagte versichert hatte, dass er weiterhin Vertrauen in Verteidiger Lüdtke habe. Zudem müsse ein Fehlverhalten von besonderem Gewicht vorliegen, das die Kammer bei Lüdtke nicht sieht.
Am Ende nimmt der Lkw-Fahrer das Angebot an, genauso wie der Hauptangeklagte, der nach Angaben seines Verteidigers Michael Bogdahn unter einer Drogensucht leidet. Auch die anderen Angeklagten stimmen der Verständigung zu und haben dementsprechend ein Geständnis abgelegt. Sie haben nun Strafen in folgendem Rahmen zu erwarten: der andere Lkw-Fahrer zwischen dreieinhalb und vier Jahren, der zweite Angeklagte aus der Region zwischen sechs und sechseinhalb Jahren. Mit dem fünften Angeklagten, der auch aus der Region kommt, hat keine Verständigung stattgefunden. Am heutigen Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt.