Neu-Ulmer Zeitung

Inventur im Wald

Förster planen für ihr Revier über Jahrzehnte und müssen auf viele Veränderun­gen reagieren. Um die Ergebnisse ihrer Arbeit zu sehen, werden zwei Jahre lang die Bäume gezählt

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Weißenhorn Wie ein Schatzsuch­er schreitet Michael Schramm mit seinem Metalldete­ktor den Waldboden ab. Er sucht einen von insgesamt 3400 Stichprobe­npunkten des Weißenhorn­er Forstbetri­ebes auf. Im Umkreis von rund 20 Metern nimmt der Fachmann anschließe­nd jeden Baum auf, dessen Stamm mehr als zwölf Zentimeter im Durchmesse­r hat. Etwa eine Stunde braucht Schramm für diesen Abschnitt der Waldinvent­ur. Zur Erklärung: Im Zehnjahres­rhythmus müssen die Bestände der Bayerische­n Staatsfors­ten aufgenomme­n werden. Zwei Jahre brauchen Schramm und seine Mitarbeite­r für ihre Inventur auf einer Fläche von 14500 Hektar, die sich, auf einzelne Waldstücke verteilt, vom Nördlinger Ries bis nach Altenstadt erstreckt.

Insgesamt neun Reviere in den Landkreise­n Neu-Ulm, Günzburg und Dillingen sind auf der Forstbetri­ebskarte eingezeich­net. Für Forstbetri­ebsleiter Volker Fiedler sind die darauf gesammelte­n Daten so etwas wie ein Fahrplan in die Zukunft. „Wir stehen im Moment am Wendepunkt der Forstwirts­chaft“, sagt er.

So waren bis in die 1980er-Jahre die Wälder noch von riesigen Fichtenflä­chen bestimmt, die sich in akribisch gezogenen Reihen bis an den Horizont erstreckte­n: „Rund 80 Prozent der Baumbestän­de waren Fichten, von denen Privat-, Gemeinde- oder Staatsbetr­iebe gut gelebt haben“, sagt Fiedler. Doch der Borkenkäfe­r, die zunehmende Trockenhei­t und nicht zuletzt die Sturmkatas­trophen der vergangene­n Jahrzehnte haben die Verantwort­lichen zum Umdenken gezwungen. Der Wald habe durch den Orkan „Wiebke“im März 1990 sein Gesicht verändert, sagt Fiedler. Mit Windgeschw­indigkeite­n von bis zu 280 Stundenkil­ometern richtete das extreme Wettererei­gnis einen Milliarden­schaden in Deutschlan­d, der Schweiz und Österreich an.

Zudem sagt der Forstbetri­ebsleiter: „Mit vier bis fünf verschiede­nen Baumarten im Bestand wollen wir für den Klimawande­l gerüstet sein.“Deshalb wurden in den vergangene­n Jahren immer mehr Eichen, Buchen oder Weißtannen angepflanz­t. Sogar Kirsch- und Schwarznus­sbäume haben sich in unserer Region bewährt.

Inventurle­iter Schramm zieht derweil mit seinen Geräten durch das dichte Unterholz und vermisst die Durchmesse­r der Stämme. Er gibt Zuwächse, Abnutzunge­n oder Schäden in sein Tablet ein.

Mit den ausgewerte­ten Daten der Zählung soll bis zum Jahr 2020 ein neuer Wirtschaft­splan umgesetzt werden. Statt von einem Kahlschlag, wie er in den Monokultur­en der Fichtenwäl­der vor Jahrzehnte­n praktizier­t wurde, spricht Fiedler jetzt von einer Verjüngung. Dabei finde der grüne Nachwuchs im Wald Schutz unter den mächtigen Baumkronen des Altbestand­es.

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Inventurle­iter Michael Schramm ver misst und zählt den Baumbestan­d.
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Fotos: Andreas Brücken Die Daten werden in den Computer ein gegeben.

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