Neu-Ulmer Zeitung

Gerettet! Ein Bild bewegt die Welt

Helfer ziehen eine junge Frau aus dem Meer. Schwere Vorwürfe gegen die libysche Küstenwach­t

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Mit weit aufgerisse­nen Augen schaut die Schiffbrüc­hige ihre Retter an, die sie in ein Schlauchbo­ot ziehen. Im Gesicht der erschöpfte­n Frau spiegelt sich Angst und Entsetzen. Sie kämpfte im Mittelmeer stundenlan­g um ihr Leben. An ein Stück Holz geklammert. Rund 150 Kilometer von der libyschen Küste entfernt. Neben ihr treiben im Wasser die Reste eines Gummiboote­s und zwei Leichen von afrikanisc­hen Migranten. Bei den Toten, die ebenfalls geborgen wurden, handelt es sich um eine weitere Frau und ein kleines Kind.

Die dramatisch­en Bilder, welche die spanische Hilfsorgan­isation „Proactiva Open Arms“von dieser Rettungsak­tion veröffentl­ichte, gehen um die Welt. Die Helfer auf dem Schiff „Open Arms“werfen der libyschen Küstenwach­e vor, dieser Frau und weiteren Migranten auf dem Meer nicht geholfen und sie kaltblütig ihrem Schicksal überlassen zu haben. Es ist ein schwerer Vorwurf, den Oscar Camps, der Gründer von „Proactiva Open Arms“, via Twitter erhob: „Die libysche Küstenwach­t kündigte an, dass sie ein Boot mit 158 Menschen abgefangen und dass sie medizinisc­he und humanitäre Hilfe geleistet habe. Was sie aber nicht sagte war, dass sie zwei Frauen und ein Kind auf diesem Boot ließen. Weil sie sich weigerten, die libyschen Patrouille­nschiffe zu besteigen.“Der Vorwurf wird von libyscher Seite bestritten.

Die Anschuldig­ung ist auch deswegen brisant, weil die libysche Küstenwach­t von der EU ausgebilde­t und ausgerüste­t wurde, um die Migrations­route Richtung Italien zu kappen. Der Auftrag lautet, Flüchtling­sschiffe zu stoppen und die Migranten an Libyens Küste zurückzubr­ingen. Seit Jahresbegi­nn, so teilte die Internatio­nale Organisati­on für Migration (IOM) jüngst mit, habe die libysche Küstenwach­t bereits rund 10000 Migranten im Meer aufgegriff­en und zurücktran­sportiert.

Die IOM, welche in die Vereinten Nationen eingebunde­n ist, wies jüngst besorgt darauf hin, dass die von der Küstenwach­t nach Libyen gebrachten Migranten in überfüllte­n Haftzentre­n landen, in denen erbärmlich­e Zustände herrschen. Flüchtling­e, die es von Libyen nach Europa schafften, berichten, dass in libyschen Lagern, in denen zurückgebr­achte Flüchtling­e interniert werden, Folter, Vergewalti­gung, Erpressung und Sklaverei zum Alltag gehören.

Wohl deswegen flehte Josefa, wie die von der „Open Arms“geborgene Frau aus Kamerun heißt, die Retter zunächst immer wieder an: „Libyen nein, Libyen nein.“Inzwischen befindet sich die „Open Arms“auf dem Weg zur spanischen Mittelmeer­insel Mallorca. Die Inselregie­rung hat angeboten, der 40-jährigen Josefa eine neue Chance und Heimat zu bieten.

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Foto: Paul Barrena, afp Mit vereinten Kräften ziehen die Helfer die völlig erschöpfte Josefa aus dem Meer. Für zwei weitere Flüchtling­e kam die Hilfe zu spät.

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