Neu-Ulmer Zeitung

Kleine Start ups wirbeln den Markt durcheinan­der

Innovative Produkte sind gefragt. Aber Verbrauche­r sollten aufpassen

- Erich Reimann, dpa

Düsseldorf Fertigsupp­en von Little Lunch statt von Erasco, Rasierklin­gen von Mornin’ Glory statt von Gillette, Matratzen von Casper statt von Schlaraffi­a: Immer mehr bekannte Konsumgüte­rherstelle­r sehen sich den Angriffen von Startups ausgesetzt, die ihnen mit neuen Ideen den Markt streitig machen.

„Sport, Hobby, Brillenmod­e, Gesundheit, Lebensmitt­el: Es gibt eigentlich keine Branche, wo der Trend zu mehr Vielfalt nicht zu beobachten ist“, sagt der Handelsexp­erte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU. Der Grund ist für den Marketing-Fachmann offensicht­lich: „Die Unterschie­dlichkeit der Kundenbedü­rfnisse hat zugenommen.“Viele Verbrauche­r wollen etwas, was nicht jeder andere hat und sind bereit, dafür mehr zu bezahlen. Besonders in Produktkat­egorien, die von einem oder zwei großen Hersteller­n dominiert würden, gebe es Spielräume für Newcomer, meint Fassnacht.

Ein Beispiel ist in Deutschlan­d der Gewürzmark­t. Traditione­ll werden die Regale dafür in den Supermärkt­en vom Gewürzköni­g Fuchs aus Dissen am Teutoburge­r Wald beherrscht, der seine Gewürze nicht nur unter dem eigenen Namen, sondern auch unter den Marken Ostmann und Ubena verkauft. Sein Marktantei­l wird vom Fachblatt Lebensmitt­el Zeitung auf 75 Prozent geschätzt. Doch immer öfter finden sich in den Läden neben den FuchsRegal­en auch Ständer der Konkurrent­en Just Spices oder Ankerkraut. Just Spices wurde 2014 von drei Freunden gegründet. Mitgründer Béla Seebach erklärte die Motivation so: „Das Angebot im Laden fanden wir total langweilig und innovation­slos.“Inzwischen umwirbt das Startup die Kunden nicht nur mit jeder Menge exotischer Gewürze, sondern auch mit Mischungen vom RühreiGewü­rz bis zum Gemüse-Gewürz für Kinder.

Ein anderes Beispiel: der Augsburger Bio-Fertigsupp­en-Hersteller Little Lunch. Er hat es in diesem Jahr im Marken-Ranking der Lebensmitt­el Zeitung unter die 100 deutschen Top-Marken geschafft und ist aus vielen Supermärkt­en nicht mehr wegzudenke­n. Andere Neulinge verkaufen ihre Produkte vor allem über das Internet und schaffen es so, den etablierte­n Hersteller­n Marktantei­le abzunehmen.

Die Unternehme­nsberatung Oliver Wyman (OW) schätzt den Marktantei­l der „Microbrand­s“im Konsumgüte­rmarkt inzwischen auf vier bis fünf Prozent und sieht enorme Wachstumsc­hancen. Bis 2025 könnten sich derartige Neulinge bis zu 25 Prozent des Marktes sichern. „Der Trend zu kleinen, innovative­n Marken steht in Deutschlan­d gerade erst am Anfang und wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken. In den USA gibt es schon viereinhal­b Mal so viele derartige Start-ups wie in der Bundesrepu­blik“, sagt der OW-Handelsexp­erte Martin Schulte. Und ein Ende der Entwicklun­g sei nicht in Sicht. „Der Trend geht zur Wegwerfmar­ke. Wir werden überschwem­mt werden von neuen Marken, die aus dem Nichts kommen, toll aussehen und uns dazu bringen, sie auszuprobi­eren“, ist der Branchenke­nner überzeugt.

Ganz ohne Risiko ist das für die Verbrauche­r nicht. „Viele der Unternehme­n verschwind­en schnell wieder vom Markt. Dann hat man keine Gewährleis­tung oder Reparaturv­ersprechen“, warnt Schulte und fügt noch hinzu: „Gerade bei den Beauty-Start-ups gab es Fälle, bei denen Konsumente­n gesundheit­liche Probleme und Hautirrita­tionen bekommen haben – das würde bei einer etablierte­n Marke nie passieren.“

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Foto: Ulrich Wagner Die Bio Suppen von Little Lunch sind nur ein Beispiel für den Siegeszug der klei nen Marken.

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