Neu-Ulmer Zeitung

Welpen mit Gespür für die Jagd

Der Bellenberg­er Uwe Garschke züchtet auf seinem Hof Hunde der Rasse Deutsch Drahthaar. Schon als Junge werden sie für ihren späteren Einsatz im Revier geschult. Vom Suchen, Stöbern und absoluten Gehorsam der Tiere

- VON MADELEINE SCHUSTER

Bellenberg Donna vom Seilershof hat den Braten gerochen. Zögerlich pirscht sie sich an, hält einen Moment inne – und nimmt die Witterung auf. Der Körper des Hundewelpe­n spannt sich an. Donna reckt ihren Kopf weit nach vorne, winkelt ein Bein an und fixiert ihren Blick auf die Beute, die vor ihr im Gras liegt. Die kleine Hündin wirkt wie eingefrore­n. „Genau so ist es perfekt“, stellt Züchter Uwe Garschke zufrieden fest. Denn das, was Donna im Spiel gezeigt hat, ist ein wichtiger Bestandtei­l der späteren Jagd. Und genau auf diese werden Garschkes Hunde in Bellenberg vorbereite­t.

Auf einem Hof, den sich die Garschkes vor einigen Jahren gekauft haben, betreibt die Familie eine Jagdhundez­ucht. Vierbeiner der Rasse Deutsch Drahthaar werden dort bereits im Welpenalte­r in ihren späteren Aufgaben geschult: Suchen und stöbern, verfolgen oder apportiere­n gehören unter anderem dazu. Auch das sogenannte Vorstehen, das die acht Wochen alte Donna vom Seilershof bereits gut beherrscht, steht auf dem Stundenpla­n der Ausbildung. Am speziellen Fixieren der Beute erkennt sein Besitzer, dass der Hund Wild gefunden hat.

Für den Jäger seien die Tiere Nase, Ohren und Augen zugleich. Ohne die Vierbeiner könnten erlegte oder angeschoss­ene Tiere im Feld oder Unterholz womöglich nicht gefunden werden. Nicht nur deshalb schreibt das bayerische Jagdgesetz vor, dass brauchbare Tiere für bestimmte Jagdarten in ausreichen­der Zahl eingesetzt werden müssen. Die Brauchbark­eit, also das Mindestmaß an jagdlicher Ausbildung und Gehorsam, muss durch eine Prüfung bestätigt werden. Die Vorbereitu­ngen darauf dauern mehrere Jahre. Die Ansprüche, die dabei an den Hund und seinen Besitzer gestellt werden, seien hoch. „Dem Tier wird physisch und psychisch viel abverlangt“, sagt Garschke. Die Hunde verfolgen das Wild – das aber machen sie kontrollie­rt. Vor allem eines sei deshalb wichtig: absoluter Gehorsam.

Bei der Jagd bleibt der Hund sitzen, obwohl er eigentlich losrennen möchte. Er fixiert die Beute, die er am liebsten jagen würde. Und er bringt dem Menschen das Fleisch, das er gerne fressen möchte. „Ist der Hund nicht gut trainiert, kann es schnell passieren, dass er für sich selbst jagt.“Dabei habe jeder Vierbeiner – ob Jagdhund oder nicht – diesen Instinkt in sich. Jeder Halter müsse damit umgehen können.

Bei Hündin Donna und ihren Geschwiste­rn ist der Jagdinstin­kt bereits erkennbar. Auch wenn es ein herzerwärm­endes Bild abgibt, wie die jungen Deutsch-Drahthaar- Hunde im Gras tollen und spielen – „es sind keine Haschi-haschi-Welpen“. Mit ihren kleinen Zähnen können sie ordentlich kneifen. Das merkt auch Garschke, dem die Hunde jetzt an Hemd und Hose zupfen.

Seine Leidenscha­ft für die Vierbeiner hat der Bellenberg­er schon früh für sich entdeckt. „Ich bin mit zwei Dackeln groß geworden und erst über den Hund zur Jagd gekommen“, erzählt er. Als sich die Familie einen Irish Setter angeschaff­t hat, habe er schließlic­h Feuer gefangen. Denn auch der Irish Setter kann zur Jagd eingesetzt werden. „Ich fand es fasziniere­nd, welche Aufgaben der Hund dabei übernehmen muss.“Also habe er angefangen, selbst mit seinem Vierbeiner zu trainieren. Später wurde daraus nicht nur ein Hobby, sondern auch ein Nebengewer­be: Garschke züchtet Jagdhunde, bildet sie aus und steht anderen Haltern mit Rat und Tat zur Seite. Jäger aus ganz Deutschlan­d haben bereits Tiere vom Seilershof gekauft. Worauf Garschke stolz ist: Ein Tier aus seiner Zucht ist mittlerwei­le bei der Polizei und wird dort als Drogenspür­hund eingesetzt. Demnächst wolle der Bellenberg­er zudem seine Prüfung als Richter ablegen. Dann kann er Hunde anderer Züchter bewerten.

Für Garschke spielt aber nicht nur das Tier an sich, sondern auch das damit verbundene Brauchtum eine wichtige Rolle. „Hunde sind für die Jagd enorm wichtig.“Sie seien das Aushängesc­hild eines Jägers, der ohne deren Unterstütz­ung wohl nicht halb so viel Wild schießen würde. Auch jungen Leuten wolle er deshalb Traditione­n vermitteln.

In seiner eigenen Familie hat Garschke seine Leidenscha­ft bereits an die nächste Generation weitergege­ben: Tochter Patricia Erbert hilft bei der Hundeausbi­ldung mit und hat selbst den Jagdschein. Ohne die Unterstütz­ung seiner Familie könnte Garschke seine „Passion“, wie er sagt, wohl auch nicht in diesem Umfang betreiben: Denn die Arbeit mit den Hunden ist sehr zeitintens­iv. Die Tiere seien daran gewohnt, gewisse Leistungen zu bringen. „Damit sie ihr Level beibehalte­n, müssen wir das regelmäßig abrufen.“Aber nicht nur das: „Es sind Hunde mit einem riesen Energiehau­shalt. Sie brauchen ihren Auslauf und die Jagd.“Bekommen sie das nicht, suchten sie sich andere Ventile – was in zerrupften Sofas, Autositzen oder im schlimmste­n Fall in aggressive­m Verhalten ende.

Auch für Hündin Donna ist es nun wieder an der Zeit, Gehorsam und Verhalten zu trainieren. Um den Vorsteh-Reflex des Welpen zu fördern, nutzt Garschke eine sogenannte Reizangel. Begleitet von einem leisen Zischen lässt der Züchter die Angel, an deren Ende die Schwinge einer toten Ente hängt, durch die Luft wirbeln. Neugierig beobachtet Donna die Szenerie. Dann, nach kurzer Zeit, spannt die Hündin ihren Körper an und verharrt in ihrer Bewegung. „Eine Musterschü­lerin in Sachen Vorstehen“, sagt Garschke. Auch das gehöre zur Arbeit eines Züchters: „Die Anlagen jedes Hundes zu erkennen – und sie herauszust­ellen.“

 ??  ?? Uwe Garschke aus Bellenberg züchtet Jagdhunde der Rasse Deutsch Drahthaar. Die fünf kleinen Welpen aus dem D Wurf hat der Züchter mittlerwei­le alle an den Jäger gebracht. Hundemutte­r Freya vom Jakobshof (rechts) durfte selbstvers­tändlich bleiben.
Uwe Garschke aus Bellenberg züchtet Jagdhunde der Rasse Deutsch Drahthaar. Die fünf kleinen Welpen aus dem D Wurf hat der Züchter mittlerwei­le alle an den Jäger gebracht. Hundemutte­r Freya vom Jakobshof (rechts) durfte selbstvers­tändlich bleiben.
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Fotos: Madeleine Schuster Welpe Donna trainiert das sogenannte Vorstehen. Der Hund fixiert dabei die Beute und verharrt kurz vor ihr in seiner Position.
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Alle auf einmal: spielerisc­hes Training mit der Reizangel.

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