Welpen mit Gespür für die Jagd
Der Bellenberger Uwe Garschke züchtet auf seinem Hof Hunde der Rasse Deutsch Drahthaar. Schon als Junge werden sie für ihren späteren Einsatz im Revier geschult. Vom Suchen, Stöbern und absoluten Gehorsam der Tiere
Bellenberg Donna vom Seilershof hat den Braten gerochen. Zögerlich pirscht sie sich an, hält einen Moment inne – und nimmt die Witterung auf. Der Körper des Hundewelpen spannt sich an. Donna reckt ihren Kopf weit nach vorne, winkelt ein Bein an und fixiert ihren Blick auf die Beute, die vor ihr im Gras liegt. Die kleine Hündin wirkt wie eingefroren. „Genau so ist es perfekt“, stellt Züchter Uwe Garschke zufrieden fest. Denn das, was Donna im Spiel gezeigt hat, ist ein wichtiger Bestandteil der späteren Jagd. Und genau auf diese werden Garschkes Hunde in Bellenberg vorbereitet.
Auf einem Hof, den sich die Garschkes vor einigen Jahren gekauft haben, betreibt die Familie eine Jagdhundezucht. Vierbeiner der Rasse Deutsch Drahthaar werden dort bereits im Welpenalter in ihren späteren Aufgaben geschult: Suchen und stöbern, verfolgen oder apportieren gehören unter anderem dazu. Auch das sogenannte Vorstehen, das die acht Wochen alte Donna vom Seilershof bereits gut beherrscht, steht auf dem Stundenplan der Ausbildung. Am speziellen Fixieren der Beute erkennt sein Besitzer, dass der Hund Wild gefunden hat.
Für den Jäger seien die Tiere Nase, Ohren und Augen zugleich. Ohne die Vierbeiner könnten erlegte oder angeschossene Tiere im Feld oder Unterholz womöglich nicht gefunden werden. Nicht nur deshalb schreibt das bayerische Jagdgesetz vor, dass brauchbare Tiere für bestimmte Jagdarten in ausreichender Zahl eingesetzt werden müssen. Die Brauchbarkeit, also das Mindestmaß an jagdlicher Ausbildung und Gehorsam, muss durch eine Prüfung bestätigt werden. Die Vorbereitungen darauf dauern mehrere Jahre. Die Ansprüche, die dabei an den Hund und seinen Besitzer gestellt werden, seien hoch. „Dem Tier wird physisch und psychisch viel abverlangt“, sagt Garschke. Die Hunde verfolgen das Wild – das aber machen sie kontrolliert. Vor allem eines sei deshalb wichtig: absoluter Gehorsam.
Bei der Jagd bleibt der Hund sitzen, obwohl er eigentlich losrennen möchte. Er fixiert die Beute, die er am liebsten jagen würde. Und er bringt dem Menschen das Fleisch, das er gerne fressen möchte. „Ist der Hund nicht gut trainiert, kann es schnell passieren, dass er für sich selbst jagt.“Dabei habe jeder Vierbeiner – ob Jagdhund oder nicht – diesen Instinkt in sich. Jeder Halter müsse damit umgehen können.
Bei Hündin Donna und ihren Geschwistern ist der Jagdinstinkt bereits erkennbar. Auch wenn es ein herzerwärmendes Bild abgibt, wie die jungen Deutsch-Drahthaar- Hunde im Gras tollen und spielen – „es sind keine Haschi-haschi-Welpen“. Mit ihren kleinen Zähnen können sie ordentlich kneifen. Das merkt auch Garschke, dem die Hunde jetzt an Hemd und Hose zupfen.
Seine Leidenschaft für die Vierbeiner hat der Bellenberger schon früh für sich entdeckt. „Ich bin mit zwei Dackeln groß geworden und erst über den Hund zur Jagd gekommen“, erzählt er. Als sich die Familie einen Irish Setter angeschafft hat, habe er schließlich Feuer gefangen. Denn auch der Irish Setter kann zur Jagd eingesetzt werden. „Ich fand es faszinierend, welche Aufgaben der Hund dabei übernehmen muss.“Also habe er angefangen, selbst mit seinem Vierbeiner zu trainieren. Später wurde daraus nicht nur ein Hobby, sondern auch ein Nebengewerbe: Garschke züchtet Jagdhunde, bildet sie aus und steht anderen Haltern mit Rat und Tat zur Seite. Jäger aus ganz Deutschland haben bereits Tiere vom Seilershof gekauft. Worauf Garschke stolz ist: Ein Tier aus seiner Zucht ist mittlerweile bei der Polizei und wird dort als Drogenspürhund eingesetzt. Demnächst wolle der Bellenberger zudem seine Prüfung als Richter ablegen. Dann kann er Hunde anderer Züchter bewerten.
Für Garschke spielt aber nicht nur das Tier an sich, sondern auch das damit verbundene Brauchtum eine wichtige Rolle. „Hunde sind für die Jagd enorm wichtig.“Sie seien das Aushängeschild eines Jägers, der ohne deren Unterstützung wohl nicht halb so viel Wild schießen würde. Auch jungen Leuten wolle er deshalb Traditionen vermitteln.
In seiner eigenen Familie hat Garschke seine Leidenschaft bereits an die nächste Generation weitergegeben: Tochter Patricia Erbert hilft bei der Hundeausbildung mit und hat selbst den Jagdschein. Ohne die Unterstützung seiner Familie könnte Garschke seine „Passion“, wie er sagt, wohl auch nicht in diesem Umfang betreiben: Denn die Arbeit mit den Hunden ist sehr zeitintensiv. Die Tiere seien daran gewohnt, gewisse Leistungen zu bringen. „Damit sie ihr Level beibehalten, müssen wir das regelmäßig abrufen.“Aber nicht nur das: „Es sind Hunde mit einem riesen Energiehaushalt. Sie brauchen ihren Auslauf und die Jagd.“Bekommen sie das nicht, suchten sie sich andere Ventile – was in zerrupften Sofas, Autositzen oder im schlimmsten Fall in aggressivem Verhalten ende.
Auch für Hündin Donna ist es nun wieder an der Zeit, Gehorsam und Verhalten zu trainieren. Um den Vorsteh-Reflex des Welpen zu fördern, nutzt Garschke eine sogenannte Reizangel. Begleitet von einem leisen Zischen lässt der Züchter die Angel, an deren Ende die Schwinge einer toten Ente hängt, durch die Luft wirbeln. Neugierig beobachtet Donna die Szenerie. Dann, nach kurzer Zeit, spannt die Hündin ihren Körper an und verharrt in ihrer Bewegung. „Eine Musterschülerin in Sachen Vorstehen“, sagt Garschke. Auch das gehöre zur Arbeit eines Züchters: „Die Anlagen jedes Hundes zu erkennen – und sie herauszustellen.“