Neu-Ulmer Zeitung

Wenn eine Schaufenst­erpuppe tanzt

Domenico Strazzeri gibt das Motto „Kopf bis Fuß“vor – und lässt fünf anderen Choreograf­en im Stadthaus freie Hand

- VON DAGMAR HUB

Ulm Es könnte ein Leckerbiss­en für Tanzfans werden. Und das im Monat August, der sonst oft wenig Kulturelle­s bietet: Domenico Strazzeri und fünf andere Choreograf­en – darunter Ricardo Fernando, der mit seiner Augsburger Compagnie im Rahmen des Festivals „Ulm moves!“begeistert­e und der den Deutschen Tanzpreis 2015 gewann – zeigen von 2. bis zum 12. August insgesamt neun Mal im Stadthaus einen Choreograf­en-Abend mit Tanzstücke­n, die sich im weitesten Sinn um das Thema „Kopf bis Fuß“drehen. Mit dabei: „Claudia“, eine zerlegbare Schaufenst­erpuppe.

Strazzeris Stück, das sich um diese Puppe und um die Frage dreht, welche Körperteil­e der Mensch von sich zeigt und welche nicht, wird die Ouvertüre des Abends im Ulmer Stadthaus sein. Was die drei Tänzer Marcella Centenero, Ines Meißner und Jeff Pham im Umgang mit den Gliedmaßen der Puppe zeigen werden, weckt im Kopf des Zuschauers viele Assoziatio­nen.

Man fühlt sich an Ygramul, „die Viele“aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, erinnert. An ein scheinbare­s Lebewesen, das aus zahlreiche­n mehrbeinig­en Kreaturen besteht und das seine Gestalt je nach Anordnung beliebig verändern kann.

In Ricardo Fernandos Stück geht es im Dialog mit Musik um zwei isolierte Menschen, die einander kennenlern­en und die Hoffnung auf die Liebe ihres Lebens aufeinande­r projiziere­n, die sich aneinander annä- und voreinande­r zurückweic­hen.

Weniger persönlich, dafür politische­r ist die Choreograf­ie von Lorenzo Ponteprimo aus Heidelberg. Er nennt sein Zeitlupen-Stück vieldeutig „Trumpet“. Im Zeitalter von täglichen Skandalmel­dungen sei es wichtig, einen Makroblick zu entwickeln und auf Details zu achten, sagt Ponteprimo. Deshalb entwickelt sich sein Stück über weite Strecken gezielt im Zeitlupen-Tempo.

Minka-Marie Heiß, die bereits in der Vergangenh­eit mit Domenico Strazzeri arbeitete, der Düsseldorf­er Paolo Fossa und die Leipzigeri­n Martina La Bonté sind weitere beteiligte Choreograf­en. Ihnen allen gab Strazzeri diesmal wenig vor: Die Idee „Kopf bis Fuß“entstand in seinem Kopf, erzählt er, als er bei eihern nem Kaffee Passanten in einer Fußgängerz­one in ihren unterschie­dlichen Bewegungsw­eisen beobachtet­e. Tanzen sei eine ganzheitli­che Sache – den Kopf nützend, um Bewegung zu koordinier­en. Deshalb gab er seinen Choreograf­en kein konkretes Thema auf. „Alle erhielten quasi eine Greencard“, witzelt Strazzeri. „Sie durften diesmal machen, was ihnen im Kopf umging.“

 ?? Foto: Dagmar Hub ?? Wie ein Lebewesen, das seine Statur immer wieder verändert, bewegen sich die drei Tänzer Marcella Centenero, Ines Meißner und Jeff Pham in Domenico Strazzeris Cho reografie. Mit dabei ist die zerlegbare Schaufenst­erpuppe „Claudia“.
Foto: Dagmar Hub Wie ein Lebewesen, das seine Statur immer wieder verändert, bewegen sich die drei Tänzer Marcella Centenero, Ines Meißner und Jeff Pham in Domenico Strazzeris Cho reografie. Mit dabei ist die zerlegbare Schaufenst­erpuppe „Claudia“.

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