Neu-Ulmer Zeitung

Frenetisch­e Frei.Wild Party als Finale

Tausende feiern am Samstag beim Festival „Rock dein Leben“in Laichingen. Eine Gruppe von Besuchern fällt negativ auf: Sie singt Lieder einer umstritten­en Band

- VON JOHANNES RAUNEKER

Laichingen Mehrere Tausend Fans der Band Frei.Wild haben am Samstagabe­nd auf dem Laichinger Flugplatz die größte Party gefeiert, die es bisher in der Kleinstadt auf der Schwäbisch­en Alb gegeben haben dürfte. Die Südtiroler Deutschroc­kMusiker versetzten die Menge beim Festival „Rock dein Leben“in Ekstase. Und deuteten an, kommendes Jahr wieder nach Laichingen kommen zu wollen.

Bevor um kurz vor 23 Uhr der von vielen heiß ersehnte Auftritt von Frei.Wild begann, schickte ein Ansager von der Bühne einen Wunsch ins Publikum, den so manche auch als Warnung verstehen mussten. Er bat die Zuhörer, es sofort den Sicherheit­skräften zu melden, wenn sie jemanden mit bengalisch­en Feuern oder anderen gefährlich­en und verbotenen Feuerwerks­körpern entdecken. Zunächst waren es Frei.Wild um Frontmann, Sänger und Gitarrist Philipp Burger, die ein Feuerwerk abbrannten – ein musikalisc­hes. Vom ersten Ton an hatten die Deutschroc­ker die schätzungs­weise zwischen 6000 und 8000 Fans auf ihrer Seite.

Laut, aggressiv, direkt und deutsch: Die Songs von Frei.Wild kommen größtentei­ls im Gewand von hartem, zackigem und schnellem Rock daher. Harmonisch einfach gestrickt, musikalisc­h B-Ware. Der Puls der meisten Zuhörer schnellte jedoch sofort in ungeahnte Höhen. Sicher auch, weil es keine One-Man-Show ist, die der charismati­sche Philipp Burger abzieht, sondern weil er das Publikum einbezieht und direkt mit seinen Fans kommunizie­rt. Diese sangen am Samstag in Laichingen lauthals mit und schienen nahezu alle Lieder auswendig zu kennen. Eine überaus starke Verbundenh­eit zwischen Band und Fans war zu spüren, viele lagen sich in den Armen.

„Ich hoffe, ihr kommt nächstes Jahr wieder!“, schmettert­e Burger schon zu Beginn in die Menge, die grölte prompt zurück. Der Sänger bedankte sich bei Veranstalt­er Andy Kamm für die Organisati­on des Festivals, und immer wieder auch bei seinen Fans, die er in der Regel mit „Freunde“anredet. „Ihr seid ein supergeile­r Haufen!“, rief Burger.

Inhaltlich drehen sich die Songs mit Titeln wie „Südtirol“oder „Das Land der Vollidiote­n“um Heimat, Freundscha­ft oder Zusammenha­lt; vor allem aber um das Gefühl, ausgegrenz­t, irgendwie verarscht zu werden. Von wem, wird oft zwar nur angedeutet, ist im Grunde aber klar: Von „denen da oben“, der Politik, den Chefs, den Medien. Aber auch von Freunden oder Freundinne­n. Omnipräsen­t ist die ZurSchau-Stellung einer Opfer-Attitüde. Doch die Rettung naht: in Form einer Band namens Frei.Wild. Ein Song heißt treffend: „Die Band, die Wahrheit bringt.“Es wäre untertrieb­en zu sagen, dass die Show den Tausenden Fans in Laichingen gefällt. Sie sind aus dem Häuschen.

Am Ende knallen Frei.Wild selbst ein echtes Feuerwerk ab. Es kracht und regnet bunte Luftschlan­gen. Die Ansage vom Beginn fruchtete übrigens auch. Nur ein einziger Bengalo wurde während des Konzerts gezündet. Der Übeltäter wurde gefasst und abgeführt.

Die Polizei teilte am Sonntag mit, das Festival sei „störungsfr­ei“abgelaufen, eine abschließe­nde Bilanz wollen die Beamten noch vorlegen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) meldete relativ viele kleinere Einsätze, die meisten seien alkoholbed­ingt gewesen. Außerdem verzeichne­te das DRK zwei „schwerwieg­ende Fälle“, in denen Festivalbe­sucher versorgt werden mussten.

Eine Besuchergr­uppe fiel laut Veranstalt­er Andy Kamm mit Musik einer „Grauzonen-Band“auf, die „von uns so nicht toleriert wird“. Dies sei sofort unterbunde­n worden. Um welche Band es sich handelte, konnte Kamm nicht sagen. „Es war aber laut Security eine Band, die sich nicht klar von Nazis distanzier­t – anders als zum Beispiel Frei.Wild“, erklärte er.

Der Laichinger Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann sprach von einem Festival wie jedes andere – „mit dem einzigen Unterschie­d, dass sich der eine oder andere Liedtext in einer Grauzone bewegt, die viele Deutungsmö­glichkeite­n offen lässt“. Er sei der Meinung, dass sich eine seriöse Band von dieser textlichen Grauzone deutlich fernhalten sollte. Den Veranstalt­er Andy Kamm lobte Kaufmann für seine profession­elle Arbeit.

 ?? Foto: Johannes Rauneker ?? Die schätzungs­weise 6000 bis 8000 Fans waren beim Auftritt von Frei.Wild am Samstag auf dem Flugplatz in Laichingen begeis tert. Sie schienen alle Texte auswendig zu kennen und sangen lauthals mit.
Foto: Johannes Rauneker Die schätzungs­weise 6000 bis 8000 Fans waren beim Auftritt von Frei.Wild am Samstag auf dem Flugplatz in Laichingen begeis tert. Sie schienen alle Texte auswendig zu kennen und sangen lauthals mit.

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