Neu-Ulmer Zeitung

Ein krönendes Schwörkonz­ert

Der Motettench­or lässt Gänsehauts­timmung im Münster aufkommen. Auf wen das Fragezeich­en im Motto „Very British?“anspielen dürfte

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erregend der Klang der vier Hymnen in den Zeremonien der Krönungsgo­ttesdienst-Liturgie sein muss, machte die Aufführung im Münster mit dem jubelnden Einsatz des Chores aber sehr vorstellba­r.

Zu ähnlichem Ruhm wie Händel gelangte Edvard Elgar in seiner britischen Heimat durch „Pomp & Circumstan­ce“, das als inoffiziel­le Hymne des Königreich­s gilt. Beim Schwörkonz­ert erklang allerdings ein anderes Werk Elgars, mit dem der Komponist 1899 internatio­nal populär geworden ist. Die große Faszinatio­n der „Enigma-Variatione­n“liegt in der charakterl­ich extremen Bandbreite der 14 Abwandlung­en eines dem Werk zugrunde liegenden Themas. Für Chöre bedeutet das eine große Herausford­erung, der der Motettench­or souverän begegnete.

Elgar machte seinen Zuhörern das Rätsel, welcher seiner Zeitgenoss­en in welcher der Variatione­n porträtier­t wird, nicht allzu schwer, gab er doch in Form von Initialen oder Spitznamen Hinweise. Spannend ist die Klammer der 14 Variatione­n – die erste spielt auf Elgars Frau Alice an, die letzte beschreibt ihn selbst. Dazwischen lässt manch ein freundlich­er oder cholerisch­er Zeitgenoss­e des Künstlers grüßen: der polternde und offenbar schwer erträglich­e William Meath Baker, die elfenzarte Dora Penny, die langweilig­e Bratsche-Schülerin Isabel Fitton, den exzentrisc­hen Richard Baxter Townshend.

Fast mystisch wob Ralph Vaughan-Williams fünf barocke Texte des zu Beginn des 17. Jahrhunder­ts in Cambridge wirkenden Priesters Georges Herbert in Musik. Vier der Lieder sang der aus Kleve stammende Bariton Klaus Mertens sehr überzeugen­d im Duktus des barocken Englisch. Das letzte „Let all the world in every corner sing“blieb dem Motettench­or als jubelnder Abschluss überlassen.

Einziger kleiner Wermutstro­pfen in einem Schwörkonz­ert, das wenig zu wünschen übrig ließ: Die Zahl der Männer im Motettench­or macht aktuell nur gut ein Viertel der Gesamtbese­tzung aus. Einige Tenöre und Bässe mehr könnten dem Chor noch mehr Qualität geben. Und dass mitten ins Konzert im Münster ein Handy laut klingelte – es wäre jeder Aufführung zu wünschen, dass sich Zuhörer ans „Handy ausschalte­n!“hielten.

 ?? Foto: Dagmar Hub ?? Das Schwörkonz­ert zum Auftakt des Schwörwoch­enendes stand in diesem Jahr unter dem Motto „Very British?“.
Foto: Dagmar Hub Das Schwörkonz­ert zum Auftakt des Schwörwoch­enendes stand in diesem Jahr unter dem Motto „Very British?“.

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