Heimatklänge mal drei
Zum Jubiläum des Freistaates feiern Musikfans in Illertissen. Schräge Coversongs und bairische Mundart kommen bei den Besuchern gut an
Illertissen Während in der Illertisser Schranne die geladenen Gäste über schwäbische Mundart diskutierten (wir berichteten), feierten ein paar Straßen weiter Musikfans beim Bayern-Sound-Festival den Dialekt auf ihre eigene Weise: Auf dem ehemaligen Baywa-Areal rockte das Duo „Zwoa Bier“auf Oberbairisch. Für Sänger Michael Schauer ist die Mundart die Möglichkeit, eigene Texte authentischer zu interpretieren als auf Hochdeutsch. Schließlich habe die bairische Sprache ihre Eigenheiten. Der Spruch „Hund san’s scho“sei zum Beispiel keineswegs eine Beleidigung, sondern vielmehr ein Ausdruck der Bewunderung.
Seit fünf Jahren steht Schauer mit seinem Kollegen Joseph Bastl auf der Bühne. „Aber eigentlich kennen wir uns schon seit dem Kindergarten“, fügte Bastl hinzu. Dass sie sich gut verstehen, bemerkten die Besucher von Anfang an. Unkomplizierte, tanzbare Rockmusik aus dem eigenen Repertoire – mit Titeln wie „Kater Song“, „Ab und zua a Bier“oder „Bech ghobt“– sorgten für einen gelungenen Auftakt der Party zum Jubiläum „100 Jahre Bayern“und „200 Jahre Verfassung“.
Als „Gastarbeiter“aus BadenWürttemberg lösten die acht Schwaben von „Fättes Blech“das Duo ab. Die Blasmusikertruppe vom Bodensee zeigte, dass mit Tuba, Trompete und Posaune nicht nur Walzer, Marsch und Polka gespielt werden kann. Mit Liedern, die von Beyonce’s „Crazy in Love“über „Mixtape“von Jamie Cullum bis zu „Die da?!“von den Fantastischen Vier reichten, rissen die Musiker die Besucher mit ihrem Brassgebläse mit. Schnell war der bis dahin leere Raum gefüllt mit tanzfreudigen Musikfans.
Wer es noch unkonventioneller wollte, kam bei der Band „The Heimatdamisch“aus Bad Tölz auf seine Kosten. Der Schlagzeuger der „Ba- nanafishbones“, Florian Rein, hat die achtköpfige Band um sich geschart, die sich mit hörbarer Begeisterung an Welthits von Nena, Lady Gaga oder Iron Maiden bediente. Auch der AC/DC-Klassiker „Highway to Hell“wurde auf die Volksmusikschiene geschoben und fand sich in Kombination mit E-Gitarre, Klarinette und Akkordeon im Klangbett der Oberkrainer wieder.
Am Bühnenrand hatten die Mitwirkenden des kürzlich in den Kinos gestarteten Heimatfilms „Landrauschen“einen Stand aufgebaut. Ähnlich wie die Bands mit den Traditionen der Volksmusik brechen, setzt sich der Streifen von Filmemacherin Lisa Miller mit dem Thema Heimat auseinander.
Rüdiger Radomski, der im Film einen Dorfpolizisten mimt, machte sich seine Gedanken zur Heimat: „Zu Hause ist man, wo man sich wohlfühlt. Möglichkeiten, sich wohlzufühlen, gibt es viele.“Darum solle man jede Gelegenheit nutzen, in die Welt hinauszugehen. Schauspielerin Corinna Kuttner versteht Heimat als einen Ort, an dem sie ihre Wurzeln hat. Was die Heimat ausmacht? Da musste die junge Pfaffenhoferin gründlich nachdenken und sagte schließlich: „Jeder empfindet seine Heimat als etwas ganz Besonderes, darum ist Heimatgefühl immer etwas Subjektives.“Auch jeder der einigen Hundert Besucher dürfte seine eigene Interpretation gehabt haben.
Die rund 1000 erwarteten Besucher blieben leider aus. Die freien Bänke und Tische waren ein Beleg dafür – nicht aber für die Qualität der Veranstaltung. Denn dass die Organisatoren des einmaligen Festivals nicht auf bewährte Bierzeltkapellen oder Partybands gesetzt hatten, sondern erfrischend andere Musik wählten, war dem Anlass würdig. Die Mischung aus Liedermachern, die dem Dialekt treu bleiben, sowie schrägen Bands, die Hits neu interpretierten, kam bei den Besuchern, die den Eintrittspreis von rund 20 Euro nicht scheuten, offenkundig an.
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