Kontraste in der Kunstzone
Stefan Kümmritz zeigt in „HAUPTsacheSTADT“in seiner Pfuhler Galerie Aufnahmen, die Gegensätze festhalten. Seine Liebe zur Fotografie entdeckte der 66-Jährige früh
Pfuhl Der ehemalige NUZ-Redakteur Stefan Kümmritz kam zwar schon 1964 als Kind mit seinen Eltern nach Neu-Ulm und besuchte das Lessing-Gymnasium, im Herzen trägt er aber auch noch ein Stück Liebe zu seiner Geburtsstadt Berlin. Deshalb heißt die große Fotoschau, die Kümmritz derzeit über seine fünf Jahrzehnte fotografischer Tätigkeit in seiner Pfuhler Galerie Kunstzone und zum Teil in privaten Räumen des Hauses zeigt, „HAUPTsacheSTADT“: Viele Eindrücke aus der Hauptstadt Berlin, aber auch aus anderen großen Städten und aus Ulm und Umgebung sind zu sehen, spannungsreich fotografiert, oftmals architektonisch, ästhetisch, aber auch mit gesellschaftlich-politischem Blickwinkel und einem intuitiven Auge für das Detail. In der Kunstzone, die gerade ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, sind auch Fotografien von Stars und Prominenten zu sehen, die Kümmritz über die Jahre seiner journalistischen Tätigkeit fotografierte – und Kameras, die der 66-Jährige in jenen fünf Jahrzehnten nutzte.
Im März 1968 bekam Kümmritz seine erste Agfa-Kamera zum 16. Geburtstag geschenkt. Zuvor schon hatten in Fotografien fasziniert. „Ich konnte auf ihnen Menschen, oder Landschaften sehen, die ich vielleicht nie persönlich zu Gesicht bekommen würde.“Das war so wichtig, dass der Jugendliche beschloss, die Welt per Kamera festzuhalten. An die allerersten Schnappschüsse erinnern in der Schau ein paar alte Fotografien, unter anderem von seinen Eltern und vom Skikurs des Gymnasiums.
Kontraste faszinierten Stefan Kümmritz immer, ob auf Reisen oder bei dienstlichen Fotografien. Dieser Blick auf sie spiegelt sich sowohl in Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus New York, bei denen er als Experiment in der Dunkelkammer Hell und Dunkel vertauschte, als auch in manchmal scharfen inhaltlichen Gegensätzen, die er im Bild festhielt. Ein Nazarener-Bildstock aus der Region trägt die Inschrift „Gott schütze unsere Fluren“– und den Baum daneben traf der Blitz. In einem amerikanischen Restaurant sitzen Besucher beim Essen – und an der Außenwand ist zu lesen „Don´t feed the animals.“Ein Bild aufgenommen im Berliner Körnerpark 2017 setzt eine rote Schmiererei „Smash G 20“unter Marmorverzierungen ins Zentrum. Neben dem Zelt eines Obdachlosen in Kreuzberg, das an einer Mauer aufgebaut ist und dessen Habseligkeiten beherbergt, steht ein Rollstuhl. Ein Friseur in Neukölln wirbt auf seinen Schaufenstern in deutscher und arabischer Sprache für seine Leistungen – und ein Zettel macht unmissStädte verständlich deutlich: „Kein Eintritt für Männer.“
Viele Bilder stammen aus der Zeit unmittelbar nach dem Ende der DDR: Fotografien vom Mauerfall, daneben noch die Aufforderung „Keine West-Werbung“. Mauerspecht-Löcher, Erich-HoneckerSpott. „Ich war immer wachen Auges unterwegs, wollte nicht nur Sehenswürdigkeiten oder allgemein Bekanntes fotografieren. Ich suchte immer auch das Besondere, das Nichtalltägliche, das, was 99 Prozent der Menschen nicht wahrnehmen“, sagt der 66-jährige Kümmritz. Das kann zum Beispiel auch eine Stufe auf dem Badesteg am Pfuhler See sein, von schmierigen Algen bewachsen und in scharfem Kontrast zum Metall, das nicht ins Wasser ragt.
Sein eigenes Lieblingsbild aus 50 Jahren? Stefan Kümmritz zögert nicht. Es gibt das perfekte Bild, es stammt aus dem Yellowstone-Park in Wyoming. Ein Paar steht auf einem Steg zwischen Dunst und Wasser, und das im Goldenen Schnitt. O
Ausstellung „HAUPTsacheSTADT“ist noch bis Samstag, 4. August, in der Pfuhler Kunstzone zu sehen. Sie ist geöff net mittwochs von 17 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr, außerdem nach Vereinbarung unter den Telefon nummern 0731/2630058 oder 0170/4812603.