Sie halten die Ulmer Fahne hoch
Zwei Zehnkämpfer, eine Läuferin und eine Stabhochspringerin fahren mit ihren Trainern zur Europameisterschaft nach Berlin. Für mindestens einen der SSV-Starter geht es um eine Medaille
Ulm Das gab es noch nie beim SSV Ulm 1846: Gleich vier Leichtathleten werden den Verein bei der Europameisterschaft vom 7. bis 12. August im Berliner Olympiastadion vertreten. Nachdem Stabhochspringerin Stefanie Dauber bei der Deutschen Meisterschaft in Nürnberg ihre letzte Chance genutzt und sich mit neuer persönlicher Bestleistung von 4,45 Metern noch qualifiziert hat, ist aus einem Trio ein Quartett geworden. Zehnkämpfer Arthur Abele hat Medaillenchancen und sein Trainingspartner Mathias Brugger ist ebenfalls für einen Spitzenplatz gut. Alina Reh über 10 000 Meter und Stefanie Dauber müssen sich wohl bescheidenere Ziele setzen. Aber sie sind ebenso dabei wie der Zehnkampf-Trainer Christopher Hallmann und Alina Rehs Trainer Jürgen Austin-Kerl.
Abele hatte in seiner Karriere schon oft mit Verletzungen zu kämpfen. Beispielsweise bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Er war nach seiner kurz zuvor erzielten persönlichen Bestleistung von 8605 Punkten als Medaillenkandidat nach Brasilien geflogen, erlitt dann in Rio einen Schwächeanfall und musste sich mit 8013 Punkten und Rang 15 zufriedengeben. Wer dachte, jetzt höre er auf, sah sich getäuscht. „Für mich ist der Zehnkampf mein Leben“, sagt der Familienvater, der gestern 32 Jahre alt geworden ist: „Sonst wäre ich nicht mehr dabei.“Nach Olympia kam wieder eine Verletzung und wieder hat sich der gebürtige Hüttlinger zurückgekämpft. „Unsere Trainingsgruppe hier in Ulm ist für mich eine ganz große Motivation“: Abele schwärmt von der Arbeit mit Mathias Brugger, Tim Nowak, Manuel Eitel und den jungen Zehnkämpfern. Sein Trainer Christopher Hallmann sagt: „Wir versuchen jeden Tag die Chancen zu erhöhen, den Besten zu sein. Wenn wir nur ein Prozent Verbesserung pro Disziplin schaffen, macht das in der Summe eine Menge aus.“
Mit seinem Sieg im Juni in Ratingen und den dort erzielten 8481 Punkten, womit er momentan bester Deutscher ist, hat Abele gezeigt, dass er wieder voll da ist. Sein klares Ziel für die EM: „Ich möchte alles aus meinem Körper raus quetschen und Bestleistung erzielen. Im Normalfall sollte das für eine Medaille reichen. Und wenn ich mit 8600 Punkten nur Vierter werde, haben drei andere eben besser performt.“
Etwas anders liegt der Fall bei Mathias Brugger. Der ist erst 25 Jahre alt und sicher noch nicht auf dem Zenit seiner Karriere. Im Mai hat er im österreichischen Zehnkampf-Meeting Götzis mit 8304 Punkten einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt, obwohl ihm beim Stabhochsprung der Stab brach. Brugger pirscht sich also an die absolute Weltelite heran. Ihm ist zuzutrauen, dass er bei guten Bedingungen in Berlin einen weiteren Schritt nach vorne macht. Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in London musste er den Zehnkampf wegen einer Verletzung abbrechen. „Ich will jetzt vieles besser machen als damals“, sagt Brugger: „Ich bin seit Monaten voll belastbar. Arthur und ich wollen als Team auftreten. Wir haben schon einen Plan besprochen, wie wir den abschließenden 1500-Meter-Lauf absolvieren werden.“
Alina Reh schaffte die Qualifikation für die EM im Juni in Regensburg mit ihrer Zeit von 32:17,17 Minuten über 10 000 Meter. Auch sie hatte eine Verletzung, und zwar einen Ermüdungsbruch im Fuß, hinter sich und musste sechs Wochen pausieren. „Ich habe mich mit Aquajogging ohne Ende zurückgekämpft, denn ich wollte unbedingt nach Berlin“, berichtet sie: „Ich hatte die EM schon fast aus den Aubei gen verloren, aber ein Fünkchen Hoffnung war noch da.“Ihr Trainer Jürgen Austin-Kerl ergänzt: „Aus dem kleinen Funken ist eine Flamme geworden. Ich ziehe vor Alina den Hut, wie sie zurückgekommen ist.“Die 21-jährige Läuferin freut sich mächtig auf Berlin: „Ich habe dann 25 Runden Zeit, das zu genießen. Ich werde alles geben und möchte gar nicht so lange auf der Bahn sein. Ich will ja schnell laufen. Ich habe zwar noch keinen Plan, würde mich aber freuen, wenn ich unter 32 Minuten bleiben würde.“
Stefanie Dauber kann ihr Glück kaum fassen. Die gebürtige Wiesbadenerin, die beim SSV Ulm 1846 auch in der Verwaltung beschäftigt ist, sieht ihrem ersten internationalen Einsatz mit großer Freude, aber auch mit einiger Spannung entgegen: „In den Endkampf zu kommen, wäre das Absolute.“Für sie war der Wechsel zu Trainer Wolfgang Beck entscheidend. Der lobt seinen Schützling: „Stefanie bereitet sich immer richtig gut vor. Es macht riesigen Spaß, mit ihr zu arbeiten.“
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