Seehofer redet wie Trump
Wir Journalisten sollten nicht so schnell beleidigt sein, wenn Politiker uns kritisieren. Es ist ihr gutes Recht. Genauso wie es das Recht – oder besser die Pflicht – der Medien ist, Politiker und deren Arbeit kritisch zu hinterfragen. Was Donald Trump macht, hat damit aber nichts zu tun. Der amerikanische Präsident beschimpft Journalisten als „entsetzliche, abscheuliche Leute“. Er verweigert unliebsamen Zeitungen oder Fernsehsendern die Möglichkeit, überhaupt Fragen zu stellen. Er unterstellt den Medien pauschal, absichtlich zu lügen. Und lügt selbst oft, dass sich die Balken biegen.
Alles, was ihm nicht in den Kram passt, nennt Trump Fake News, selbst wenn Journalisten belegen können, dass sie die Wahrheit berichten. Damit vergiftet er das gesellschaftliche Klima.
Horst Seehofer ist nicht Donald Trump. Er ist (ohne jede Ironie!) ein lupenreiner Demokrat. Aber immer öfter redet der CSU-Chef wie der US-Präsident. Auch Seehofer fühlt sich als Opfer von Journalisten, denen er eine Kampagne unterstellt. Natürlich sind nicht alle Artikel, nicht alle Sendungen über jeden Zweifel erhaben. Aber so zu tun, als sei eine riesige Verschwörung gegen ihn im Gange, ist albern. Schließlich nutzt der Innenminister die Medien so geschickt und so oft wie kaum ein anderer, um eigene Botschaften zu platzieren.
Seine Behauptung, er müsse künftig twittern, um „manche Wahrheiten“öffentlich zu machen, ist deshalb Unsinn. Dass er sich vorsichtshalber vorab vom TwitterStil des Polterers im Weißen Haus distanzieren muss, ist bezeichnend. Washington US-Präsident Donald Trump hat sich in einem neuen Rundumschlag über die Berichterstattung der Medien ereifert. Trump nutzte eine Rede in Pennsylvania dazu, um gegen Journalisten auszuteilen. Er beklagte sich darüber, dass Journalisten seine Erfolge nicht würdigten. Stattdessen würden sie „Geschichten erfinden“. Die Berichterstattung über ihn sei „nur negativ“. Als Beispiele dafür nannte er seine Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un. Journalisten seien „entsetzliche, abscheuliche Leute“, sagte der US-Präsident vor Anhängern. Sein Angriff kam am selben Tag, an dem ihm seine Tochter in Bezug auf die Medien widersprochen hatte.
Ivanka Trump sagte auf die Frage, ob sie Medien wie ihr Vater für „Feinde des Volkes“halte: „Nein, das tue ich nicht.“Sie wisse zwar aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühle, wenn man Opfer falscher Berichterstattung werde. „Aber nein, ich habe nicht das Gefühl, dass die Medien Feinde des Volkes sind.“Ivanka Trump kritisierte auch die Migrationspolitik ihres Vaters. Die Familientrennung an der Grenze bezeichnete sie als „Tiefpunkt“.
Trump reagierte mit einer Twitter-Nachricht: „Sie haben meine Tochter Ivanka gefragt, ob die Medien die Feinde des Volkes sind. Sie hat korrekterweise Nein gesagt. Es sind die FAKE NEWS, welche ein großer Teil der Medien sind, die die Feinde des Volkes sind.“Kritische Berichterstattung über seine Politik bezeichnet Trump immer wieder als „Fake News“. Kritische Medien hat er wiederholt „Feinde des Volkes“genannt.
Auch international gerät Trump dafür in die Kritik. „Seine Attacken sind strategisch, sollen das Vertrauen in die Berichterstattung untergraben und Zweifel an überprüfbaren Fakten schüren“, schrieben die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen und der Interamerikanischen Menschenrechtskommission. Der Herausgeber der New York Times, A. G. Sulzberger, hatte kürzlich kritisiert, mit seinen verbalen Angriffen gefährde Trump die Sicherheit von Journalisten.
Die Faktenprüfer der Washington Post hatten am Mittwoch berichtet, dass Trump in den 558 Tagen seit Amtsantritt 4229 falsche oder irreführende Angaben gemacht hat.