Neu-Ulmer Zeitung

„Ab jetzt nur noch Fan dieser Mannschaft“

Nach Mesut Özil wird auch Mario Gomez nicht mehr in der Nationalel­f spielen

-

Stuttgart Mario Gomez wollte eigentlich gar nichts mehr sagen und strebte schon zum Ausgang des Stuttgarte­r Stadions. Nach seinem zuvor via Facebook verkündete­n Rücktritt aus dem Fußball-Nationalte­am blieb der Angreifer des VfB Stuttgart am Sonntagabe­nd dann aber doch stehen. Und der 33-Jährige erzählte überrasche­nd, dass er sich schon lange vor der enttäusche­nden WM in Russland zu einem Rückzug aus der DFB-Auswahl entschloss­en habe.

„Ich bin jetzt 33, ich bin ja auch kein Blender. So gut ich mich fühle und so sehr ich die Nationalma­nnschaft liebe, weiß ich, dass die Zukunft beim DFB woanders liegt, dass sie nicht auf den Schultern eines 33-Jährigen liegt“, sagte er im Anschluss an das 1:1 im Testspiel gegen Atlético Madrid.

Die Debatten um die notwendige­n Veränderun­gen in der Nationalma­nnschaft gehen nun wohl erst recht weiter. Nach einem „sehr guten Gespräch“mit Bundestrai­ner Joachim Löw begründete Gomez die erst lange nach dem Turnier in Russland verkündete Entscheidu­ng zu seinem Rücktritt mit teils populistis­cher Kritik nach der WM. „Ich wollte mich einfach nicht einglieder­n in die Reihe derer, die nach der WM große Töne geschlagen haben“, sagte er.

Zuvor hatte Gomez auf seiner Facebook-Seite geschriebe­n: „Meine Zeit in der Nationalma­nnschaft war sportlich nicht immer einfach, nicht immer erfolgreic­h und doch wunderschö­n.“Im Stuttgarte­r Stadion sagte er später, dass auch er es für nötig halte, „dass die entscheide­nden Köpfe sich zusammense­tzen und entscheide­n, wie es weitergeht“.

Nach Mesut Özil, dessen DFBRücktri­tt gepaart mit vielen Vorwürfen die Krise des ganzen Deutschen Fußball-Bundes noch weiter verschärft hat, zieht sich Gomez als zweiter WM-Fahrer aus der deutschen Auswahl zurück. Er werde dem DFB-Team immer verbunden bleiben und sei nun „großer Fan dieser Mannschaft“, schrieb Gomez nach 78 Spielen und 31 Toren für Deutschlan­d.

Sein erstes Länderspie­l hatte der Sohn einer deutschen Mutter und eines spanischen Vaters am 7. Februar 2007 beim 3:1 gegen Schweiz in Düsseldorf bestritten.

Eine kleine Hintertür hält sich Gomez zwar offen. „Nur wenn der Trainer in zwei Jahren bei der EM aus unwahrsche­inlichen Gründen Bedarf sieht und ich mich auch wirklich noch in der Verfassung fühle, helfen zu können, werde ich dann selbstvers­tändlich bereitsteh­en“, bemerkte der gebürtige BadenWürtt­emberger. Doch

Gomez weiß natürlich, dass dies mit dann 35 Jahren sehr schwer sein würde. Nun sei „erst mal die Zeit für die gekommen, die wie ich damals 2007 mit 21 Jahren nur eines wollen – den FußballHim­mel erobern“.

Gomez, die Nationalel­f und die Fans – das war nicht immer eine gegenseiti­ge Liebesgesc­hichte. Nun aber möchte der junge Familienva­ter „die spielfreie Zeit während der Länderspie­le mit meiner Familie genießen und die Daumen drücken“, verkündete der Angreifer: „Auch wenn es sich im Moment für viele Fans anders anfühlt, diese Mannschaft wird uns schon bald allen wieder eine Riesenfreu­de bereiten.“ Ohne dass jemand sagen konnte, worum es in dem Kick ging, waren wieder 75 000 Zuschauer in die Allianz-Arena gepilgert.

Es bleibt also nichts, als das Beste aus der Zweitklass­igkeit zu machen. Das Überrasche­nde, nicht das Erwartete bieten. Unter diesem Motto ist der Hamburger SV schon am Freitag ganz im Sinne der Liga gestartet. Eigentlich sind die Hamburger neben dem 1. FC Köln fest für den Wiederaufs­tieg gebucht, was angesichts des wirtschaft­lichen und sportliche­n Potenzials auch kaum zu vermeiden sein sollte. Wäre der HSV hanseatisc­h kühl in die Liga gestartet, keiner hätte ein Wort darüber verloren. Ein krachendes 0:3 vor 57 000 überwiegen­d erwartungs­frohen HSV-Fans gegen die Kieler Sportverei­nigung Holstein von 1900 e. V. mit ihren 1262 Mitglieder­n dagegen, das beschert der zweiten Liga Aufmerksam­keit, darüber lässt sich schnacken.

Allen betrübten HSV-Anhängern, die nun mit dem Gedanken spielen, sich in der Alster zu versenken, sei der SC Freiburg ans Herz gelegt. Die Breisgauer sind 2015/2016 ebenfalls mit einer Pleite gestartet – und am Ende in die Bundesliga zurückgeke­hrt.

 ?? Foto: dpa ?? Augen zu und Ade: Nach 78 Spielen und 31 Toren beendet Mario Gomez seine Karriere in der Nationalma­nnschaft.
Foto: dpa Augen zu und Ade: Nach 78 Spielen und 31 Toren beendet Mario Gomez seine Karriere in der Nationalma­nnschaft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany