Mit Nadelstichen gegen die „Dummikratie“
Sebastian Schnoy erklärt im Museumshof, warum die Idioten politisch so erfolgreich sind. Und wieso er doch Optimist geblieben ist
Neu Ulm Sein neues Programm heißt provokant „Dummikratie – warum Deppen Idioten wählen“. Doch wer von dem Kabarettisten und Bauchautor Sebastian Schnoy im Innenhof des Edwin-Scharff-Museums einen auf Krawall gebürsteten Abend erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Der Hamburger zahlte es den Populisten dieser Welt eher mit Nadelstichen heim als mit der Axt – und bescherte den zahlreichen Besuchern ein amüsantes Zuhörererlebnis.
Das begann schon mal, dass der Hanseat den Spielort Neu-Ulm über den Klee lobte („glücklichste Stadt Deutschlands“). Dann forderte er seine Gäste auf, die Hände auf die Schulter ihres jeweiligen Sitznachbarn zu legen. Die Männer sollten sagen „Du bist meine Königin“– und die Frauen antworten „Und du bist mein Knecht“. Das taten sie auch lachend. Mit dieser geistigen Lockerungsübung begann ein entspannter Abend und die Besucher konnten politisches Kabarett ohne Zeigefinger erleben. Böse, aber auch versöhnlich, weil Schnoy auch in diesen Tagen ein notorischer Optimist geblieben ist. Er wendet sich mit seinen Rundschlag gegen jede Form populistischer Vereinfachungen in der derzeitigen Politik, gibt den Verzagten Kraft für die Ausei- nandersetzungen mit und Zynikern.
Die Welt retten werden die Netten, ist er überzeugt, auch wenn die Trumps noch so schreien. Er schlägt einen weiten Bogen der Geschichte, die sich wiederholt. Seit 40 Jahren steht für die einen der Kapitalismus vor seinem unmittelbaren Ende, die andern warnen seit Luthers Zeiten vor Überfremdung. Schnoy stellt Fragen: Warum schlägt Fanatismus stets die Vernunft? Warum ist Stumpfsinn so erfolgreich? Er spricht das englische Brexit-Begehren an: Weil die Regierenden den Einfuhrzoll auf Getränke in italieni- Vollpfosten schen Restaurants ihres Landes einführen wollen, erwartet Schnoy eine „Proseccokrise“. Die Antwort der Italiener: Zölle auf Fish und Chips in englischen Restaurants. Britisch essen in Bella Italia? Die bestellt doch nur der englische Botschafter kiloweise in sein Domizil in Rom, sagt der Kabarettist.
Schnoy, dekoriert mit Preisen und Autor dreier Spiegel-Bestseller, hat an diesem Abend in Neu-Ulm viel zu sagen. Er vergleicht die FDP mit dem Fußpilz – kaum überwunden, ist sie wieder da. Nach dem Krieg gab es schon eine riesige Flüchtlingswelle mit drei Millionen Menschen hierzulande. „Das waren die Ersten in Bayern mit Schulabschluss“, witzelt er. So geht es am laufenden Band weiter.
Schnoy fordert eine „Privatisierung des Glücks“, er erzählt, dass eine 101-jährige Asylbewerberin in England nur einen befristeten Aufenthalt genehmigt bekam. So verrückt kann die Bürokratie sein. Tröstlich gibt der Kabarettist dem Publikum mit auf den Heimweg: „Glauben Sie mir, die Bayern sind nicht so blöde, wie Söder denkt.“
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Vorschau „Kultur im Museumshof“geht weiter: Am Samstag, 11. August, tritt Martin Frank auf, am Sonntag, 12. August, René Sydow. Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr.