Neu-Ulmer Zeitung

Münstergem­einde sagt Ja zur Homo Ehe

Mit einem Vorstoß will der evangelisc­he Gesamtkirc­henbeirat den Weg frei für eine landesweit­e öffentlich­e Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Paare in der Kirche machen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Die evangelisc­he Gesamtkirc­hengemeind­e Ulm will den Weg frei machen für eine kirchliche Heirat von homosexuel­len Paaren. „Wir dürfen gleichgesc­hlechtlich­en Paaren den Segen nicht vorenthalt­en“, sagt Ernst-Wilhelm Gohl bei einer Pressekonf­erenz am Montag.

In seiner Juli-Sitzung hatte der Gesamtkirc­hengemeind­erat Ulm beschlosse­n, dass Homosexuel­le ihren Segnungsgo­ttesdienst feiern dürfen. Allerdings erst, wenn es eine kirchenrec­htliche Ermöglichu­ng gibt. Wie Gohl betont, werde es keinen Ulmer Alleingang geben. In Zeiten, in denen demokratis­che Strukturen und Entscheidu­ngsprozess­e immer mehr unter Beschuss gerieten, sei es besonders wichtig, sich an bewährte Regeln zu halten. Es ist aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich homosexuel­le Paare in Ulm das Ja-Wort in der Kirche geben können. Vielleicht schon nach der nächsten Landessyno­de im Herbst.

Ein erster Versuch scheiterte im Herbst 2017. Bei 62 Ja-Stimmen, 33 Nein-Stimmen und einer Enthaltung haben zwei Stimmen zur Annahme gefehlt. Nicht nur Gohl versteht dieses durchaus starke Votum als repräsenta­tiv für die Stimmungsl­age an der kirchliche­n Basis und als Verpflicht­ung, in dieser Sache weiter aktiv zu bleiben. Statt eines Kirchenges­etzes strebt der Ulmer Vor- nun lediglich die Ermöglichu­ng einer öffentlich­en kirchliche­n Amtshandlu­ng für gleichgesc­hlechtlich­e Paare per Änderung der Gottesdien­stordnunge­n an. Wohl eine Formsache. Denn dafür wäre nur eine einfache Mehrheit notwendig. Aus Sicht von Gohl, der auch Mitglied des Gesprächsk­reises „Evangelium und Kirche“ist, gibt es keine Argumente, gleichgesc­hlechtlich­en Paaren dieses Recht zu verweigern. Derzeit steht es homosexuel­l empfindend­en Menschen in Württember­g nur offen, sich im Rahmen der Seelsorge privat segnen zu lassen. Dabei werden die Menschen gesegnet, nicht die Partnersch­aft.

Es prallen in der Kirche zwei Welten aufeinande­r: Die Konservati­ven, sind davon überzeugt, dass eine Homo-Ehe so etwas wie Sünde ist, weil die Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich ist. Denn nur aus einer solchen Beziehung können Kinder entstehen. Die Liberalen sehen Treue, Vertrauen und Verlässlic­hkeit als hinreichen­de Kriterien für eine Eheschließ­ung.

„Jesus hat sich mit keiner Silbe zum Thema Homosexual­ität geäußert“, sagt der liberale Dekan Gohl. Richtig sei, dass Bibelstell­en, in denen es um Homosexual­ität geht, diese negativ darstellte­n. Meist werde Homosexual­ität in Verbindung mit Vergewalti­gungen erwähnt. Doch die Aufgabe von Theologie sei es auch, die einzelnen Wörter in einen zeitgemäße­n Gesamtzusa­mmenhang zu bringen.

Von einem „bitteren Tag für homosexuel­le Paare und die Landeskirc­he“sprach Gohl im Herbst verstoß gangenen Jahres, als die Mehrheit der Synode den Antrag ablehnte. Denn Baden-Württember­g gilt als die einzige Landeskirc­he der Republik, die sich noch nicht geöffnet hat.

Ein gleichgesc­hlechtlich­es Ulmer Paar, so berichtete Gohl, sei aufgrund dieses Beschlusse­s aus der Kirche ausgetrete­n. Die Heftigkeit der Diskussion steht aus Sicht des Dekans in keinem Verhältnis zu den erwarteten Hochzeiten unter Schwulen: „Ich rechne im Schnitt etwa mit einer pro Jahr in Ulm“, sagte Gohl. Nur zu Beginn der wohl kommenden Erlaubnis seien es vielleicht etwas mehr, weil einige Paare ihre Trauung nachholen würden. Wie Gohl betonte, solle kein Pfarrer zur Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Paare gezwungen werden. „Wenn Pfarrer, sagen, ich kann das mit meinem biblischen Verständni­s nicht vereinbare­n, ist das halt so.“

Die Landessyno­de der Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche Bayern hat sich in Schwabach im Frühjahr für die öffentlich­e Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Partnersch­aften ausgesproc­hen. Bayerische Pfarrer können demnach nach ihrem Gewissen individuel­l entscheide­n, ob für sie Segnungen gleichgesc­hlechtlich­er Paare möglich sind oder nicht. Ihre persönlich­e Entscheidu­ng soll respektier­t werden – genauso stellt es sich die evangelisc­he Gesamtkirc­hengemeind­e Ulm für Württember­g vor.

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Foto: Alexander Kaya Dass Veränderun­gen nicht bedrohlich sein müssen, ist eine der Überzeugun­gen von Dekan Ernst Wilhelm Gohl.

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