Hartings Erbin
Gina Lückenkemper gibt der Leichtathletik ein neues Gesicht
So sieht es also aus, das neue Gesicht der deutschen Leichtathletik. Ein bisschen müde. Aber mit einem Lächeln. Hinter Gina Lückenkemper liegt eine kurze Nacht, als sie zur Pressekonferenz erscheint. Am Abend zuvor hatte sie bei der Europameisterschaft Silber über 100 Meter gewonnen. In einem der schnellsten Finals, das es je bei einer EM gegeben hat. Alle drei Medaillengewinnerinnen blieben unter der magischen Elf-Sekunden-Marke.
Lückenkemper ist damit die heißeste Anwärterin auf die Nachfolge von Robert Harting. Der Diskuswerfer beendete gestern seine glanzvolle Karriere. Er ist das amtierende Gesicht. Zugegeben, ein bisschen bärtiger als das der 21-jährigen Sprinterin. Und auch der Haaransatz ist schon ein bisschen nach hinten gerutscht. Zehn Jahre war er das Aushängeschild seiner Sportart.
Die Anforderungen sind hoch. Sport: Weltklasse ist hilfreich. Optik: markant, im Idealfall attraktiv. Eloquenz: wichtig. Meinung: wichtiger. Humor: schadet nicht. Intelligenz: schadet noch weniger. Zusammen ergibt das das Gesicht einer Sportart. Jede hat eines. Der Fußball jede Menge. Müsste man sich auf eines festlegen, wäre es
Cristiano Ronaldo. Was zeigt, dass nicht alle Kriterien gleich wichtig sind. Manchmal reichen schon Spitzenwerte in einigen wenigen. Die Leichtathletik hat das Glück, mit Lückenkemper über eine Kandidatin zu verfügen, die überall punktet. Hände schütteln. Lächeln. Selfies machen. Lächeln. So ist es, wenn man das Gesicht einer Sportart ist. Jeder will es sehen. Das ist gut für die Sportart. Ob es für den Sportler gut ist, sei dahingestellt. Harting hat den Job gut gemacht. Einer, an dem man sich reiben konnte. Lückenkemper ist anders. Sie muss man einfach mögen.
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