Neu-Ulmer Zeitung

Steigende Zahl antisemiti­scher Übergriffe

Bayern liegt nach Berlin auf Platz zwei

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Berlin/München Die Zahl der gemeldeten antisemiti­schen Straftaten hat im ersten Halbjahr deutlich zugenommen. Gegenüber dem Vorjahresz­eitraum stieg sie von 362 auf 401 – ein Anstieg um 10,7 Prozent, wie aus der Antwort der Bundesregi­erung auf die Anfrage der Linksparte­i hervorgeht. Die Zahlen sind vorläufig, weil noch Taten nachgemeld­et werden könnten.

Die mit Abstand meisten antisemiti­schen Straftaten registrier­ten die Behörden im laufenden Jahr in Berlin (80). Auf den Plätzen zwei und drei folgen Bayern (43) und Niedersach­sen (41). Der Anstieg der Straftaten ist maßgeblich durch eine Zunahme in der mit Abstand größten Untergrupp­e verursacht, der rechts motivierte­n Täter. Sie verübten 349 Taten (erstes Halbjahr 2017: 334). Aber auch in allen anderen Untergrupp­en wuchs die Zahl der antisemiti­schen Taten: bei links motivierte­n Tätern (6 Straftaten im ersten Halbjahr 2018) ebenso wie bei solchen mit ausländisc­her Ideologie (12) und religiöser Ideologie (9).

Der Zentralrat der Juden und der Antisemiti­smusbeauft­ragte der Bundesregi­e- rung, Felix Klein, reagierten bestürzt auf die Zahl. „Sie zeigt ja nur die Spitze eines Eisbergs. Antisemiti­sche Übergriffe und judenfeind­liche Einstellun­gen haben sich in völlig unakzeptab­ler Weise in Deutschlan­d ausgebreit­et“, sagte Klein. Er rufe alle Teile der Gesellscha­ft auf, „der zunehmende­n Verrohung und jeder Form von Hass entgegenzu­treten“. „Antisemiti­smus darf in unserem Land keinen Platz haben, gleichgült­ig woher er kommt.“

Der Präsident des Zentralrat­s der Juden, Josef Schuster, nannte die Zahl „bestürzend“. Überrascht habe sie ihn aber nicht. „Sie spiegelt die Ereignisse der vergangene­n Monate wider – eine Zeit, in der immer neue antisemiti­sche Übergriffe bekannt wurden. Der Anstieg antisemiti­scher Straftaten bestätigt auch die Berichte unserer Gemeindemi­tglieder über zunehmende­n Judenhass im Alltag.“Politik und Behörden müssten konsequent handeln, außerdem müsse die Gesellscha­ft bereit sein, Antisemiti­smus entgegenzu­treten, forderte Schuster. „Ich kann nur erneut unterstrei­chen, wie wichtig dabei ein bundesweit­es, niedrigsch­welliges Meldesyste­m für antisemiti­sche Vorfälle ist.“

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Josef Schuster

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